Historischer Rückblick aus dem Jahr 1955

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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August 1955

August

1.8.1955: Die neuen Tarife

Bürgermeister Jonas sprach in der Sendereihe "Wiener Probleme" von Radio Wien über die neuen Tarife für Gas, Strom und Straßenbahn, die am 22. Juli vom Wiener Gemeinderat beschlossen wurden.

1.8.1955: Hofburg freigegeben

Heute übergab der sowjetische General Molotkow den Vertretern der Stadt Wien und dem österreichischen Burghauptmann Dipl.-Ing. Neumann die bisher vom sowjetischen Militär besetzten Räumlichkeiten der Hofburg.

2.8.1955: Blumen in der Volkshalle

Die Blumenausstellung im Rathaus wurde eröffnet

Bürgermeister Jonas eröffnete heute in der Volkshalle des Wiener Rathauses die Jubiläumsblumenausstellung der Bundesfachsektion "Blumen und Zierpflanzenschau" des Bundesverbandes der Erwerbsgärtner Österreichs.

3.8.1955: Aus Flüchtlingsheim wird städtische Lehranstalt

Der Wiener Stadtsenat genehmigte die Instandsetzung des Gebäudes Dörfelstraße 1 im 12. Bezirk für Zwecke einer städtischen Lehranstalt für hauswirtschaftliche Frauenberufe. Die Kosten betragen 1,570.000 Schilling. Das Gebäude in der Dörfelstraße war bisher von Flüchtlingen besetzt und konnte vor einiger Zeit freigemacht werden.

4.8.1955: 75. Geburtstag von Hans Moser

Am 6. August vollendet der Schauspieler Hans Moser, einer der wenigen großen Vertreter des Wiener Genres, sein 75. Lebensjahr.

9.8.1955: Gemeinde Wien übernimmt 50 Millionen-Bürgschaft für Investitionskredite an Wiener Lichtspieltheater

Der Wiener Stadtsenat genehmigte heute die Übernahme der Haftung für von der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien den Wiener Lichtspieltheatern zu gewährende Investitionskredite bis zu einem Gesamtbetrag von 50 Millionen Schilling.

10.8.1955: Das Große Ehrenzeichen für Generaldirektor Liebermann

Ehrung für Norbert Liebermann

Bürgermeister Jonas überreichte heute an den Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung, Norbert Liebermann, das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

13.8.1955: Bayrische und steirische Kinder im Wiener Rathaus

Kinder aus Bayern und der Steiermark als Gäste der Volkshilfe

Mehr als 100 Kinder aus Bayern und der Steiermark, die durch die "Volkshilfe" einige Wochen in Wien verbringen, besuchten heute das Wiener Rathaus und wurden von Stadtrat Afritsch empfangen.

13.8.1955: Kieler Handballer im Wiener Rathaus

Stadtrat Mandl empfing heute im Wiener Rathaus die Kieler Handballmannschaft des Turnvereines "Hassee-Winterbeck", ein Spitzenklub aus der Deutschen Bundesrepublik. Die norddeutschen Gäste treten heute gegen Alt-Turm an und werden in zwei Tagen auch gegen einen oberösterreichischen Klub spielen.

13.8.1955: Die Eröffnung des neuen Theresienbades in Meidling

Bürgermeister Jonas eröffnete heute das neuerbaute Theresienbad in Anwesenheit zahlreicher Festgäste in Meidling. Das moderne Bauwerk wurde nach Plänen des Architekten Theodor Schöll errichtet.

Das Theresienbad ist das 17. Bad, das nach gänzlicher oder teilweiser Zerstörung von der Gemeinde Wien wieder aufgebaut wurde. Unter diesen befinden sich so große Bäder wie das Amalienbad, das Gänsehäufel und das Liesinger Bad. Der Wiederaufbau der Bäder allein hat bisher 82 Millionen Schilling gekostet.

16.8.1955: Neubau des Allgemeinen Krankenhauses - Zuerst ein Gesamtplan - dann II. Chirurgische Klinik als erster Bauteil

Bürgermeister Jonas sprach heute über den beabsichtigten Neubau des Allgemeinen Krankenhauses u.a.:

"Vor etwas mehr als 250 Jahren sah es in Wien recht trübe aus. Nach einigen Pestepidemien und nach den Türkenkriegen herrschte eine große Teuerung und auf dem flachen Lande brach eine Hungersnot aus. Viele Menschen strömten nach Wien, in der Hoffnung, hier Rettung zu finden. Die Verfügungen der damaligen Stadtbehörden konnten die Notlage dieser Menschen nicht beseitigen. Es mangelte namentlich an Unterkünften, da viele Männer, Frauen und Kinder ihr Nachtlager oft auf den Straßen suchen mussten. Fürs erste benützte man zu ihrer Unterbringung den Kontumazhof, der sich ungefähr in der Gegend der heutigen Josefsakademie befand. Dort konnten 700 Obdachlose untergebracht werden. Da aber der Kontumazhof zur Aufnahme von Pestkranken reserviert war, sahen sich die Behörden mit Rücksicht auf eine vielleicht wiederkehrende Epidemie veranlasst, den Bau eines großen Armenhauses in Angriff zu nehmen. In den Jahren 1694 bis 1697 wurde der erste große Block dieses Armenhauses erbaut, in dem nicht nur Obdachlose, sondern auch Militärinvalide Unterkunft fanden. In weiterer Folge wurde dann die Anlage durch Errichtung von Seiten- und Querflügeln ergänzt. Im Jahre 1784, also fast hundert Jahre nach der Erbauung des großen Armenhauses, wurde in diesen Gebäuden das Allgemeine Krankenhaus eröffnet. Bei der Eröffnung umfasste das Gebäude sieben Höfe mit 111 Krankenzimmern, in denen rund 2.000 Kranke untergebracht werden konnten. Dem Spital wurden auch zwei Lehrschulen für eine interne und eine chirurgische Abteilung angegliedert. Sie waren der Anfang der heutigen Universitätskliniken. Schon damals wurden Pläne für eine Vergrößerung und Erweiterung des Spitals gefasst, aber nicht verwirklicht. Im Laufe des 19. Jahrhunderts behob man den Raummangel durch Um- und Zubauten, doch konnte mit dieser Methode keine befriedigende Lösung gefunden werden. Um die Jahrhundertwende waren dann die Pläne soweit gediehen, dass man an den Bau der so genannten Neuen Kliniken auf den Gründen des ehemaligen städtischen Versorgungshauses denken konnte.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurden in zwei Bauperioden, und zwar in den Jahren 1904 bis 1911, die Gebäude für einige Kliniken errichtet. Die auf dem gleichen Gelände befindliche alte Landesirrenanstalt entsprach ebenfalls nicht mehr den Anforderungen. Deshalb wurde das große Projekt der Landes-Heil- und Pflegeanstalt "Am Steinhof" in Angriff genommen und auch vollendet. Allerdings dient die alte Landesirrenanstalt, für deren Ersatz der Steinhof gebaut wurde, bis zum heutigen Tage noch als Psychiatrisch-neurologische Universitätsklinik.

Die Bautätigkeit wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen und seither nicht mehr fortgesetzt. Nur mehr die Angliederung des Garnisonsspitales im Jahre 1920 brachte eine Erleichterung der Raumnot. Seit dieser Zeit wurde den Bedürfnissen des Spitalsbetriebes und der Kliniken wieder nur durch Umbauten und Errichtung von kleineren Gebäuden Rechnung getragen. 1924 konnte noch die Zentralküche fertig gestellt werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man erst recht nicht an Neubauten denken, da sowohl im Allgemeinen Krankenhaus als auch in fast allen anderen Spitälern schwerste Verwüstungen durch Bombenschäden angerichtet worden waren.

Da im Alten Allgemeinen Krankenhaus derzeit rund 1.400 Betten untergebracht sind, muss man nun an seiner Stelle ein Spital mit den Kliniken in ungefähr der gleichen Größe schaffen. Das Projekt hierfür muss aber nach drei Richtungen gesichert sein: nach der finanziellen, nach der baulichen und nach der organisatorischen.

Die Vorgeschichte der finanziellen Seite: Bis zum Jahre 1938 war die Führung und Verwaltung des Allgemeinen Krankenhauses und seiner Kliniken dem Krankenanstaltenfonds übertragen. Dieser Fonds war früher einmal selbständig und bestritt die Ausgaben für alle Fondsspitäler Wiens, später wurde er aber in die Verwaltung des Bundes übernommen. Für die Ausgaben, die er für den klinischen Betrieb zu leisten hatte, erhielt er vom Unterrichtsministerium einen Beitrag für den so genannten klinischen Mehraufwand im Ausmaß von 27 1/2 Prozent der Betriebsauslagen. Im Jahre 1939 wurde von der damaligen nationalsozialistischen Verwaltung das Eigentum der Fondsspitäler und mit ihnen das Allgemeine Krankenhaus der Gemeinde Wien übertragen, welche seit dieser Zeit die Spitäler zu führen und erhalten hat. Mit dieser Eigentumsüberweisung wurde der Gemeinde eine riesige finanzielle Last aufgebürdet, da sie seit 1945 die gesamten Auslagen für die Spitäler aus Gemeindemitteln zu tragen hat.

Im Allgemeinen Krankenhaus werden nicht nur Kranke gepflegt, jedes medizinische Spezialfach unterhält im Allgemeinen Krankenhaus eine Klinik, die der medizinischen Forschung und dem Unterricht der jungen Ärzte dient, das heißt, an diesen Kliniken wird wissenschaftlich gearbeitet und der Nachwuchs des Ärztestandes herangebildet. Die Kliniken sind in dieser Eigenschaft Unterrichtsanstalten unserer Universität und unterstehen deshalb dem Unterrichtsministerium, also dem Bund. Deshalb ist an dem Neubau des Allgemeinen Krankenhauses nicht nur die Gemeinde Wien als Eigentümerin und Spitalsverwalterin interessiert, sondern auch der Bund, der die Kliniken als Forschungs- und Lehrstätten braucht.

Aus diesem Grunde wurden von der Gemeinde die Verhandlungen mit dem Unterrichts- und Finanzministerium aufgenommen, um sie zur Beitragsleistung an den Kosten des Neubaues zu bewegen. Bis jetzt hat sich der Bund bereit erklärt, 50 Prozent der Kosten für den Neubau der II. Chirurgischen Universitätsklinik zu übernehmen, die als erster Teil stehen soll. Bei Fortsetzung der Bauten sind allerdings wieder neue Verhandlungen mit dem Bund nötig.

Bei den Universitätskliniken müssen die Hörsäle und auch andere Unterrichtsräume errichtet werden. Nach dem heutigen Baukosten-Index muss bei dem Gesamtprojekt eines neuen Allgemeinen Krankenhauses (mit ungefähr 1.500 Betten) mit ca. 600 Millionen Schilling gerechnet werden.

Die ersten Besprechungen zwischen den beteiligten Stellen haben die selbstverständliche Forderung gebracht, dass man zuerst einen Gesamtplan für den Neubau des Allgemeinen Krankenhauses ausarbeiten muss, bevor man mit dem Bau der II. Chirurgischen Klinik als ersten Bauabschnitt beginnen kann......"

"Nach internationalen Erfahrungen sind für die Vorbereitungs- und Planungsarbeiten ungefähr zwei Jahre notwendig."

16.8.1955: Bürgermeister Jonas an die Witwe von Thomas Mann

Bürgermeister Jonas hat an Frau Katja Mann nach Kilchberg bei Zürich folgendes Beileidstelegramm gerichtet:

"In tiefer Ehrfurcht vor einem wahrhaft Großen des Geistes verneigt sich an der Bahre Thomas Manns und vor dem schweren Leid der Seinen namens der Stadt Wien Ihr Bürgermeister Franz Jonas."

16.8.1955: Architektur-Preisträger Lois Welzenbacher gestorben

Der Inhaber des Preises der Stadt Wien für Architektur 1955, Dipl.-Ing. Arch. Prof. Lois Welzenbacher ist gestorben.

Lois Welzenbacher wurde am 20. Jänner 1889 als Sohn eines Bildhauers in München geboren, wo er an der Technischen Hochschule das Architekturstudium vollendete. Anschließend betätigte er sich als selbständiger Architekt in Innsbruck, München und Halle an der Saale und wurde Stadtbaudirektor in Mainz und Plauen. 1947 erfolgte seine Berufung zum Professor und zum Leiter einer Meisterschule an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Welzenbacher hat sich auf fast allen Gebieten der Baukunst und des Städtebaues betätigt und in Österreich, Deutschland und Holland zahlreiche Einzelbauten geschaffen, aber auch eine Reihe großer Projekte durchgeführt, die durch die Kühnheit ihrer Planung auffallen und bei aller Zweckgebundenheit durch sorgfältige Bedachtnahme auf Terrain, Umwelt und Menschentyp, dem sie als Wohnung oder Arbeitsstätte dienen, stets harmonische Lösungen finden. Seine Verbundenheit mit der Natur und sein besonders künstlerisches Einfühlungsvermögen befähigen ihn, die Baukörper so zu gestalten, dass sich ihre Formen in die umgebende Landschaft sinnvoll eingliedern. Welzenbacher hat auch einen ausgezeichneten Entwurf zur Verbauung des zerstörten Donaukanalufers ausgearbeitet, der ausgestellt war.

20.8.1955: Zuwachs im Türkenschanzpark

Das Rehgehege im Türkenschanzpark hat wieder Zuwachs bekommen. Es handelt sich um ein zweijähriges Rehepaar mit einem zehn Wochen alten Kitz aus einem privaten Tiergarten im Wiener Prater. Mit dieser Neuerwerbung hat sich der Stand im Gehege des Türkenschanzparkes auf sechs erhöht.

24.8.1955: Rumänische Boxer im Wiener Rathaus

Stadtrat Mandl empfing heute die Auswahlmannschaft der Amateurboxer aus Bukarest, die anlässlich ihres ersten Startes in Wien, dem Wiener Rathaus einen Besuch abstatteten.

26.8.1955: G. W. Pabst 70 Jahre alt

Am 27. August vollendet der Filmregisseur G. Wilhelm Pabst sein 70. Lebensjahr.

In Raudnitz geboren, wandte er sich der Bühnenlaufbahn zu und erhielt Engagements in St. Gallen, Salzburg, Danzig und Wien. 1911 ging er nach Amerika und war am Deutschen Theater tätig. 1919 kehrte er nach Wien zurück, wo er an der Neuen Wiener Bühne auftrat. In der Folge trat er mit wachsendem Erfolg als Filmregisseur hervor, dessen großer künstlerischer Begabung und Erfahrung zahlreiche filmische Meisterwerke die Entstehung verdanken. Eine seiner hervorragendsten Leistungen stellt der Film "Der Prozess", ein Zeitdokument ersten Ranges, dar, für den ihm auf der Biennale in Venedig besondere Auszeichnungen verliehen wurden. G. W. Pabst hat in Anerkennung seines hervorragenden Schaffens, das für das österreichische Filmwesen bedeutungsvoll wurde, den Ehrenring der Stadt Wien erhalten.

29.8.1955: Stockholmer Straßenbahnermusik im Wiener Rathaus

Ständchen der Stockholmer Straßenbahnerkapelle

Die Stockholmer Straßenbahnermusikkapelle, die zu einem mehrtägigen Freundschaftsbesuch nach Wien gekommen ist, stellte sich heute den Wienern mit einem Ständchen im Arkadenhof des Rathauses vor. Die Schweden wurden von Vizebürgermeister Honay empfangen.

29.8.1955: Vizebürgermeister Honay bei der Hundertjahrfeier in der ältesten Wiener Kinderheilanstalt

100 Jahrfeier des Kinderheim Bad-Hall

Zur 100 Jahrfeier werden eigens einstudierte Tänze aufgeführt

In Bad Hall wurde im Beisein von Vbgm. Honay und Vbgm. Weinberger der hundertjährige Bestand der Kinderheilanstalt und zugleich das fünfzigjährige Jubiläum ihrer Übernahme durch die Stadt Wien gefeiert. Unter den Ehrengästen war auch Kardinal Innitzer.

Vbgm. Weinberger verwies auf die Bedeutung der vor hundert Jahren als Kaiserin Elisabeth-Hospital gegründeten und vor einem halben Jahrhundert in die Verwaltung der Stadt Wien übergeleiteten Anstalt. Während der vielen Jahre ihres Bestehens hat die Heilanstalt für Tbc-gefährdete Wiener Kinder viel geleistet. In Bad Hall werden jährlich rund tausend Wiener Kinder betreut und geheilt.

30.8.1955: "Opernpassage" - Der neue Name für die unterirdische Opernkreuzung

Der Wiener Stadtsenat genehmigte heute auf Antrag von Stadtrat Mandl den Vorschlag des Kulturamtes der Stadt Wien, der unterirdischen Opernkreuzung die Bezeichnung "Opernpassage" zu geben.

31.8.1955: Griechisches Lob für Wien

Vizebürgermeister Honay begrüßt den griechischen Bürgermeister Wawaleskos

Vizebürgermeister Honay begrüßte heute im Wiener Rathaus den Bürgermeister der nordgriechischen Küstenstadt Kavala, Afhanassios Wawaleskos, der im Auftrag seiner Stadt und der Stadtverwaltung von Saloniki eine Studienreise nach Wien unternahm. Wawaleskos ist eigens in die österreichische Bundeshauptstadt gekommen, um hier die sozialen Wohn- und Nutzbauten sowie die Einrichtungen des städtischen Kindergartenwesens zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit übermittelte er die Grüße der beiden griechischen Städte, deren Verwaltungen, wie er sagte, Wiens kommunale Tätigkeit als beispielgebend betrachten.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).