Historischer Rückblick aus dem Jahr 1957
Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz
September 1957
September
2.9.1957: Kongressstadt Wien
Im September finden in Wien wieder zahlreiche Kongresse statt. Zu Tagungen haben u.a. eingeladen: der Österreichische Modell- und Flugsportverband, der Weltbund der Auslandsösterreicher, das Internationale Institut für öffentliches Finanzwesen sowie die Fachleute für Finanz- und Steuerrecht und der Internationale Metzgereiverband und die Liga gegen unlauteren Wettbewerb.
2.9.1957: Bürgermeister Jonas fliegt nach Berlin
Bürgermeister Jonas wird nach Berlin fliegen, um an dem Staatsbegräbnis für den verstorbenen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Dr. Otto Suhr, teilzunehmen.
3.9.1957: Persische Pfadfinder besuchen Wien
120 persische Pfadfinder sind heute von Weltjamboree in England kommend in Wien eingetroffen. Die jungen Gäste statteten auch dem Wiener Rathaus einen Besuch ab.
3.9.1957: Wer fährt von wo nach wohin? - 150.000 Wiener Kraftfahrer werden befragt
150.000 Wiener Kraftfahrer werden im Oktober Postkarten erhalten, auf denen sie gebeten werden, alle Fahrten zu verzeichnen, die sie am nächstfolgenden Wochentag durchführen. Die Wiener Kraftfahrer, vom Rollerbesitzer angefangen, werden also einem beliebigen Wochentag die Aufgabe haben, Beginn und Ziel jeder Fahrt auf der Karte zu verzeichnen.
Diese große Befragungsaktion, in der auch die Taxi und das Lastfuhrwerk einbezogen sind, wird nach ihrer Auswertung wertvolle Hinweise für die Wiener Verkehrsplanung geben. Aus der Analyse des Wiener Privatverkehrs werden die Verkehrsbeziehungen der einzelnen Bezirke, ihre Verkehrsbedeutung, die derzeitige Belastung der Hauptverkehrsstraßen sowie deren erforderliche Leistungsfähigkeit berechnet werden können.
Die Aktion wird von der Magistratsabteilung für Straßenbau in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Stadt Wien durchgeführt.
3.9.1957: Eine Brücke zwischen Wien und Niederösterreich - Stadtrat Koci eröffnet neue Neubachbrücke über die Schwechat
Eröffnung der Neubachbrücke über die Schwechat
In unmittelbarer Nähe des Alberner Hafens wurde heute die wieder aufgebaute Neubachbrücke, die Wien mit Niederösterreich verbindet, durch Stadtrat Koci ihrer Bestimmung übergeben.
Die Neubachbrücke ist seit Ausscheiden der Randgemeinden Grenzbrücke zwischen Wien und Niederösterreich. Die Finanzierung erfolgte daher je zur Hälfte durch diese beiden Länder. Die Baukosten belaufen sich auf 2,200.000 Schilling.
Die Bedeutung der Brücke wird besonders in der Erntezeit ersichtlich, wo im Hafen reger Umschlag zwischen Schiff und Waggon, Kraftwagen und Speichern erfolgt.
4.9.1957: Sportler aus Bochum im Wiener Rathaus
Stadtrat Mandl empfing heute die Fußballauswahlmannschaft der Deutschen Jugendkraft aus Bochum, die auf Einladung des Reichsbundes für Turnen und Sport nach Wien gekommen ist.
4.9.1957: Madrider Vizebürgermeister in Wien
Auf Einladung der österreichischen Fremdenverkehrswerbung verbringt der Vizebürgermeister von Madrid, Jose Maria Soler y Diaz Guijarro seinen Urlaub in Wien. Der Madrider Vizebürgermeister wurde heute von Vizebürgermeister Weinberger im Rathaus empfangen.
5.9.1957: Wien hat ein "Wirtschafts-Studio" - Ein Baukuriosum wurde Ausstellungshalle
Der ehemalige von Otto Wagner vor mehr als 50 Jahren errichtete Kaiser-Pavillon der Stadtbahnstation Hietzing wurde durch das Österreichische Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum in ein Ausstellungsgebäude umgewandelt. Das "Wirtschafts-Studio" an der Hietzinger Brücke eröffnete mit der Sonderschau "Österreichische Elektrizitätswirtschaft" seine Tätigkeit. Die Renovierung des Objektes, das bereits beträchtliche Zeitschäden aufwies, wurde mit Unterstützung der Arbeiterkammern für Wien und Niederösterreich, der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien und der Städtischen Versicherung durchgeführt.
In der Sonderschau wird mittels Lehrtafeln, Landkarten, Fotos und Reliefs die Elektrizitätswirtschaft der Gegenwart und der Zukunft gezeigt. Ein Glanzstück der Sonderschau sind die im Wirtschaftsmuseum entwickelten Glasmodelle, die auch weit über die Grenzen Österreichs das Aufsehen der Fachkreise erregen. Diese beleuchteten Modelle ermöglichen zum ersten Male eine anschauliche Darstellung der unterirdischen Einbauten der Wasserkraftwerke.
6.9.1957: Bernardes und Jolles bei Bürgermeister Jonas
Tagung der Internationalen Atombehörde (links Bernades, Mitte Jolles)
Der Präsident der vorbereitenden Kommission der Internationalen Atombehörde, Gesandter Carlos A. Bernardes, und der Exekutivsekretär der Kommission, Dr. Paul Rudolf Jolles, wurden heute von Bgm. Jonas empfangen.
6.9.1957: Amerikanische Sänger im Wiener Rathaus
50 Mädchen und Burschen, die jüngsten Mitglieder der bekannten Chorvereinigung der Arbeiterschaft von Rochester im Staate New York, sind nach einer mehrwöchigen Tournee durch Deutschland in Wien eingetroffen. Bürgermeister Jonas begrüßte die jungen Gäste im Wiener Rathaus.
Der Jugendchor aus Rochester besteht zum größten Teil aus jungen Amerikanern deutscher und österreichischer Abstammung. In seinem Repertoire fehlen daher auch unsere Volkslieder nicht.
12.9.1957: Die Franzensbrücke bekommt eine Unterfahrung
Der Bau einer Unterfahrung der Franzensbrücke und der Verbindungsbahnbrücke wurde heute im zuständigen Ausschuss genehmigt. Dadurch soll der Verkehr auf der Kreuzung Weißgerberlände - Dampfschiffstraße mit der Radetzkystraße entlastet werden. Die Kosten werden sich auf ca. 1,170.000 Schilling belaufen.
12.9.1957: Gestaffelter Unterrichtsbeginn - Erfolgreiche Aktion im 8. und 19. Bezirk gegen Überfüllung der Straßenbahn
Wegen der oft beklagten Überfüllung der Straßenbahnzüge knapp vor 8 Uhr früh hat sich der Stadtschulrat für Wien im Einvernehmen mit der Wiener Straßenbahndirektion entschlossen, versuchsweise den Unterrichtsbeginn an den mittleren Lehranstalten der Bezirke Josefstadt und Döbling, die von den stärkstfrequentierten Straßenbahnlinien durchquert werden, gestaffelt anzusetzen. Der Unterricht an diesen Schulen beginnt seit einigen Tagen nicht mehr einheitlich um 8 Uhr, sondern an einzelnen Anstalten schon um 7.45 Uhr, an anderen um 8 Uhr und an einzelnen Anstalten erst um 8.15 Uhr. Nach Mitteilung der Straßenbahndirektion ist durch diese Maßnahme eine fühlbare Erleichterung eingetreten.
16.9.1957: Delegationen zur "Interbau Berlin"
Eine Delegation, bestehend aus den Stadträten Koci, Lakowitsch und Thaller, neun Mitgliedern des Wiener Gemeinderates und dem Wiener Stadtbaudirektor ist heute zu einem fünftägigen Besuch der Ausstellung "Interbau Berlin" nach Berlin abgereist.
17.9.1957: Vizedirektor Velan gestorben
Der kaufmännische Vizedirektor der Wiener Stadtwerke - Gaswerke, Franz Velan, ist im 65. Lebensjahr verstorben.
Velan, geboren 1893, trat 1912 als Aspirant bei den Gaswerken ein. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges, den er bei den Kaiserjägern mitmachte, kehrte Velan zu den Gaswerken zurück. 1925 wurde er zum Inspektor und 1935 zum Oberinspektor und Leiter der Hauptbuchhaltung ernannt. 1936 wurde Velan Leiter des gesamten kaufmännischen Teiles der Gaswerke und 1938 wurde er Abteilungsleiter.
17.9.1957: Stadtrat Resch tritt aus Gesundheitsgründen zurück
Stadtrat Johann Resch
Der langjährige Finanzreferent der Gemeinde Wien, Stadtrat Resch, hat heute an Bürgermeister Jonas ein Schreiben gerichtet, in welchem er den Entschluss bekannt gibt, sein Amt auf Rat seiner Ärzte zurückzulegen
20.9.1957: Lebendiges Stadtwappen kam nach Wien - Der "Vegesacker Junge" brachte Heringe, Bier und Korn
Honay empfängt Abordnung aus Vegesack
Der älteste Hafen an der Weser ist Vegesack. Das kleine Städtchen ist längst ein Teil Bremens geworden; aber noch immer gibt es das vierhundert Jahre alte Wappen, den so genannten "Vegesacker Jungen" eine Matrosenfigur, die ähnlich wie der "Liebe Augustin" in Wien, die leeren Hosentaschen zeigt. Dieser "Vegesacker Junge" wird nun jährlich unter den jungen Burschen in natura ausgewählt. Heuer hat der Bauhandwerker Walter Norcel die Ehre, das Stadtwappen verkörpern zu dürfen. Gemeinsam mit der Bremer Maienkönigin Elisabeth Seeliger, einer jungen Modistin, fuhr das lebendige Stadtwappen nach Wien, um die Grüße Bremens an die österreichische Bundeshauptstadt zu übermitteln. Die jungen Bremer besuchten heute Vizebürgermeister Honay und Stadtrat Afritsch im Wiener Rathaus. Die Bremer überbrachten ein Fässchen mit Nordseeheringen und eine Kiste Bier sowie eine riesige Flasche Korn.
21.9.1957: Nachwuchs der starken Männer im Wiener Rathaus
Vierzehn nachweislich "ganzstarke" Jugendliche statteten heute dem Wiener Rathaus einen Besuch ab, um sich als Repräsentanten des Schwerathletennachwuchses Österreichs und der Deutschen Bundesrepublik vorzustellen. Die beiden Nationalmannschaften werden in Wien zu ihrem ersten Länderkampf antreten.
25.9.1957: Nürnberger Oberbürgermeister gestorben
Der Oberbürgermeister von Nürnberg, Dr. h.c. Otto Bärnreuther, ist im 49. Lebensjahr gestorben.
26.9.1957: Großbrand in Ober Sankt Veit
Bekämpfung des Großbrands in der Glasauergasse 24
In einer Tischlerei im 13. Bezirk, Glasauergasse 24, brach heute ein Großbrand aus. Dank dem sofortigen Einsatz von sechs Feuerwachen konnte das Übergreifen der Flammen auf benachbarte Wohnhäuser vermieden werden. An der Tischlerei entstand Totalschaden. Zwei Feuerwehrmänner erlitten Verletzungen.
27.9.1957: Wiener Gemeinderat - Felix Slavik zum Amtsführenden Stadtrat für Finanzwesen gewählt
Wahl von Felix Slavik
Nach dem Ausscheiden von Stadtrat Resch, hat der Wiener Gemeinderat auf Antrag der Sozialistischen Partei, Felix Slavik zum Amtsführenden Stadtrat für Finanzwesen mit Stimmenmehrheit gewählt.
Felix Slavik
Felix Slavik, der am 3. Mai 1912 in Wien geboren wurde, erlernte das Handwerk eines Feinmechanikers.
Von Februar bis Mai 1935 und von November 1939 bis Dezember 1943 war er aus politschen Gründen inhaftiert.
1945 wurde er Amtsführender Stadtrat für das Wohnungswesen in Wien. In dieser Funktion führte er oft sehr schwierige Verhandlungen mit den Besatzungsmächten.
1946 wurde er Mitglied des Bundesrates und gleichzeitig erster Sekretär des Österreichischen Städtebundes. In Ausübung dieser Funktion wurde er mit dem Neuaufbau des Städtebundes betraut. Als Vertreter des Städtebundes nahm er auch an allen Verhandlungen über Finanzprobleme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden teil. Beim Zustandekommen des ersten Finanzausgleiches hat er maßgeblich mitgewirkt. Im Bundesrat befasste er sich hauptsächlich mit kommunalen Problemen und war daher auch Mitglied des 26er-Ausschusses.
1948 wurde er zum Sekretär der Landesorganisation Wien der Sozialistischen Partei Österreichs bestellt.
1949 wurde Felix Slavik in den Nationalrat entsandt. Als solcher war er Mitglied des Finanz- und Budgetausschusses, des 26er-Ausschusses und weiterer Ausschüsse. Im Parlament beschäftigte er sich dauernd mit den Problemen des Finanzausgleiches und mit wichtigen kommunalpolitischen Fragen, so zum Beispiel mit der Bodenbeschaffung, der Assanierung, mit dem Mieten- und Kündigungsproblem usw.
Seit dem Jahre 1949 ist er auch ständiges Mitglied des politischen Verhandlungsausschusses im Wiener Rathaus.
27.9.1957: Rotes Kreuz eröffnete Blutspendezentrale
Blutspendezentrale Peregringasse
Eröffnung Blutspendezentrale des Roten Kreuzes durch StR. Nathschläger
Die seit fünf Jahren vom Landesverband vom Roten Kreuz für Wien und Niederösterreich angestrebte Errichtung eines freiwilligen Blutspendedienstes geht nun mit der Inbetriebnahme der Blutspendezentrale in der Peregringasse in Erfüllung. Sie wurde heute ihrer Bestimmung übergeben. Zugleich wendet sich das Rote Kreuz an die Öffentlichkeit mit einem Aufruf zum Blutspenden auf freiwilliger Basis. Die Blutkonserven werden an die Krankenanstalten gegen Ersatz der Selbstkosten weitergeleitet.
30.9.1957: Personenstands- und Betriebsaufnahme 1957 in Wien
Mit dem Stichtage 10. Oktober findet in Wien die Personenstands- und Betriebsaufnahme 1957 statt.
30.9.1957:"Jugend am Werk" - eine nützliche Institution
Der Wiener Gemeinderat hat vor kurzem den Beitritt der Gemeinde Wien zum neugegründeten Verein "Jugend am Werk" beschlossen. In der nun durchgeführten Gründungsversammlung wurde Vizebürgermeister Honay zum Vorsitzenden gewählt. Als Vertreter der Gemeinde Wien nehmen an der Leitung des Vereins die Gemeinderäte Kowatsch und Mistinger teil, zum Geschäftsführer wurde Amtsrat Blazsovsky bestellt.
Der Verein "Jugend am Werk" wurde somit Nachfolger der nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufenen Aktion gleichen Namens, die sich um die Betreuung der Jugendlichen große Verdienste erworben hat. Neben der allgemeinen und speziellen Berufsvorbereitung von Schulentlassenen in eigenen Werkstätten bot diese Einrichtung den berufstätigen Eltern eine wertvolle Erziehungshilfe. Diese Arbeit wird nun vom neugegründeten Verein fortgesetzt werden.
30.9.1957: Bürgermeister Jonas grüßt die Delegierten der Wiener Atomkonferenz
Bürgermeister Jonas hat anlässlich der Eröffnung der Generalkonferenz der Atombehörde an die Delegierten im Namen der Stadt Wien folgende Botschaft gerichtet:
"Wien wird in den kommenden Tagen im Zeichen der ersten Generalkonferenz der Internationalen Atombehörde stehen, eines Ereignisses, das die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich lenkt. 2.000 Delegierte, Diplomaten, UN-Beamte, Dolmetscher und Journalisten, - schon aus dieser Zahl ist zu ersehen, dass es sich um eine der größten Konferenzen handelt, die in den Mauern der Kongressstadt Wien je stattgefunden hat.
Die Wienerinnen und Wiener sind sich der Ehre voll bewusst, die ihnen durch den Entschluss, Wien zum Kongressort zu bestimmen, zuteil wurde. Sie sind sich aber auch über die geschichtliche Bedeutung der nun beginnenden Beratungen im klaren und hegen mit der gesamten Weltöffentlichkeit den Wunsch, sie mögen erfolgreich sein. Der ersten Generalkonferenz der Atombehörde möge es gelingen, die Verwendung der Atomenergie zu ausschließlich friedlichen Zwecken und somit zum Nutzen der Menschheit zu sichern!
Als Bürgermeister von Wien entbiete ich den Delegierten aus allen fünf Erdteilen den aufrichtigsten Willkommensgruß, an den ich den Wunsch knüpfe, sie mögen sich bei uns wohl fühlen und die besten Bedingungen für ihre verantwortungsvolle Arbeit vorfinden!"
Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).