Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.12.1994:
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Erstmals in Österreich: "Kunstherz" ersetzt linke Herzkammer

Utl.: Rieder: Ausbau der herzchirurgischen Kapazität geht weiter Wien,30.12. (RK-KOMMUNAL) Im Wiener Allgemeinen Krankenhaus wurde einem59jährigen Vorarlberger Patienten eine, die Funktion der gesamten linkenHerzkammer ersetzende, "Blutpumpe" eingesetzt. Dieses "künstliche Herz"ermöglicht es, auch bei Patienten, bei denen keine herkömmliche Therapiemehr möglich ist, den Zeitraum bis zu einer Herztransplantation zuüberbrücken. Diesen Eingriff nahm am Freitag VizebürgermeisterGesundheitsstadtrat Dr. Sepp RIEDER zum Anlaß, um in Anwesenheit desPatienten im Rahmen einer Pressekonferenz auf die derzeitige Situation derHerzchirurgie in Wien und auf die Pläne auf diesem Gebiet für das Jahr 1995einzugehen. In diesem Zusammenhang vertrat Rieder erneut die Auffassung,daß es - nicht nur auf diesem speziellen Gebiet - eine verstärkteZusammenarbeit und Vernetzung der Spitäler im Osten Österreichs gebenmüsse. An dem Pressegespräch nahmen auch der stellvertretendeGeneraldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Prim. Dr. LudwigKASPAR, der Vorstand der Abteilung für Herz-Thorax-Chirurgie am AllgemeinenKrankenhaus, Univ.-Prof. Dr. Ernst WOLNER, sowie Univ.-Doz. Dr. GüntherLAUFER teil.

Zwtl.: "Künstliches Herz" für Patienten mit schwerstem Herzversagen Bei Patienten mit schwerstem Herzversagen und fehlender medikamentöserTherapiealternative ist es oft nicht möglich, kurzfristig ein geeignetesSpenderorgan zu finden, um eine lebensrettende Herztransplantationdurchzuführen. In diesem Fall kann die Kreislauffunktion des Herzens mitmechanischen Blutpumpen bis zur Transplantion überbrückt werden. SeitSeptember 1994 steht dem AKH-Wien als erstem Spital Österreichs ein neues,mechanisches Unterstützungssystem zur Verfügung, das die Funktion derlinken Herzkammer komplett übernehmen kann. Dieses "künstliche Herz" istvollkommen implantierbar und wird elektrisch betrieben.**** DieEnergieversorgung funktioniert über ein einziges Kabel, welches durch dieHaut im rechten Unterbauch austritt und mit der Steuereinheit sowie derEnergieversorgung in Verbindung steht. Der Patient hat dabei dieMöglichkeit, zwei Batterien und die Steuereinheit an einem rucksackartigenTragegestell mit sich zu tragen und somit bis zu fünf Stunden sein Zimmerverlassen zu können. Während dieser Zeit ist er völlig unabhängig von einerstationären Stromquelle. Nach Normalisierung der Organfunktion underfolgter Verbesserung des Allgemeinzustandes sowie des Zustandes derMuskulatur wird der Patient für eine Herztransplantation vorgemerkt. DieseOperation kann dann mit einem relativ niedrigen Risiko durchgeführt werden.Es ist aber auch denkbar, daß in naher Zukunft vor allem bei älterenPatienten und weiteren technischen Entwicklungen dieses System alsvollständige alternative zur Herztransplantation in Frage kommt. DerTräger des im AKH-Wien implantierten Linksherzersatzsystems wurdeursprünlich wegen eines schweren Herzversagens, das mit den üblichenMethoden nicht mehr geheilt werden konnte, aufgenommen. Nach dem Eingriffbefand sich der Patient vier Wochen lang auf der Intensiv-, im Anschlußdaran in Intermediatepflege und schließlich auf einer Normalstation.Derzeit ist der Patient in der Lage, selbständig kleinere Spaziergänge imKrankenhaus sowie ein leichtes Training mit dem Zimmerfahrrad zuabsolvieren.

Zwtl.: 1995: Um ein Viertel mehr Herzoperationen als 1994 geplant Operationen am offenen Herzen werden in Wien im Allgemeinen Krankenhaus undim Krankenhaus Lainz durchgeführt. 1994 erfolgten rund 1.600 solcherEingriffe, davon 1.000 im AKH und 600 im Krankenhaus Lainz. Die geringeStagnation der Operationszahl in Lainz von 1993 auf 1994 ist auf den Umbauder dortigen herzchirurgischen Intensivstation zurückzuführen. Im Rahmendieses Umbaus wurde die Anzahl der herzchirurgischen Intensivbetten vonfünf auf sechs erhöht. Für das Jahr 1995 ist ein Anstieg derOperationszahlen von 1.000 auf 1.200 im AKH beziehungsweise von 600 auf 800im Krankenhaus Lainz geplant. In absoluten Zahlen ergibt das eineSteigerung um 400 Operationen, das entspricht einer Zunahme um 25 Prozent.39 Prozent aller Herzoperationen in Wien wurden an Patienten aus anderenBundesländern durchgeführt. Eine weitere Verbeserung derherzchirurgischen Versorgung in der Ostregion brachte die Inbetriebnahmeder herzchirurgischen Abteilung des Krankenhauses St. Pölten. Hier wurden1994 knapp 500 Operationen durchgeführt.

Zwtl.: Rasante technische Entwicklung bei Kathetereingriffen Maßgeblich zur Entspannung der Situation im herzchirurgischen Bereich hatdie rasante technische Entwicklung auf dem Gebiet der Kathetereingriffebeigetragen. So können heute eine Reihe von Erkrankungen des Herzens, diefrüher nur durch chirurgische Eingriffe ("Bypass") behandelt werdenkonnten, mittels Kathetern behandelt werden. BeiHerzkathetereingriffen unterscheidet man zwischen diagnostischen(Coronarangiographien) und therapeutischen (interventionellen) Eingrifenwie der "Percutanen Transluminal Coronar Angioplastie" (PTCA). Dabei wirdüber die Leiste oder den Ellbogen ein katheter durch die Hauptschlagader indas verengte Herzkranzgefäß eingeführt. Mittels eines miteingeführten"aufblasbaren" Ballons wird das Herzkranzgefäß nachhaltig gedehnt. Nach demEingriff wird der Katheter samt Ballon wieder entfernt. In Wienbefinden sich im AKH vier Herzkatheterlabors, im Krankenhaus Lainz zweisowie im Wilhelminenspital, in der Krankenanstalt Rudolfstiftung und imDonauspital jeweils ein Labor. Außerhalb des WienerKrankenanstaltenverbundes werden noch im Hanuschkrankenhaus sowie in der"Confraternität" solche Eingriffe vorgenommen. 1993 wurden in Wien1.030 PTCA durchgeführt, davon 890 im Bereich des WienerKrankenanstaltenverbundes. 1994 belief sich diese Zahl auf rund 1.200(davon 1.032 im Krankenanstaltenverbund), für 1995 wird eine Steigerung aufinsgesamt 1.800 (davon 1.600 im Krankenanstaltenverbund) erwartet. (Schluß)nk/bs

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OTS064 1994-12-30/11:27