Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.03.1997:
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Wiener Gemeinderat (5)

Wien, 21.3. (RK-KOMMUNAL) Wenn es heute in Österreich eine ablehnende Haltung gegenüber Ausländern gibt, so sei dies auf die "Angst- und Sündenbockpolitik" der FPÖ zurückzuführen, sagte GR Mag. Gabriele HECHT (LIF). Integrationspolitik bedeute nicht, neue Ausländer auszuschließen, sondern gegenseitiges Verständnis ...

Wien, 21.3. (RK-KOMMUNAL) Wenn es heute in Österreich eine ablehnende Haltung gegenüber Ausländern gibt, so sei dies auf die "Angst- und Sündenbockpolitik" der FPÖ zurückzuführen, sagte GR Mag. Gabriele HECHT (LIF). Integrationspolitik bedeute nicht, neue Ausländer auszuschließen, sondern gegenseitiges Verständnis zwischen gleichberechtigten Menschen zu erzeugen und Familienzusammenführung zu fördern. Ohne Zuzug aus dem Ausland käme das Pensionssystem ins Wanken. Vom LIF stamme der Vorschlag des "Rucksacks": Wer legal als Arbeitskraft ins Land komme, solle auch das Recht haben, Familienangehörige nachkommen zu lassen. Dieses Konzept mache es auch leicht, abzuschätzen, mit welchem Zuzug zu rechnen sein würde.

GR Susanne JERUSALEM (G) würdigte das Engagement des Geschäftsführers des Wiener Integrationsfonds Max Koch und warf den Sozialdemokraten im Integrationsfonds vor, in diesem Gremium keine Diskussion über Wahlrecht für Ausländer zugelassen zu haben. Sie habe sich auch einer Verzögerungs- und Hinhaltepolitik bedient und solle nun beweisen, daß sie bei der Integrationspolitik dazugelernt habe. Unzufrieden zeigte sie sich mit den "zehn Punkten zur Wiener Integrationspolitik" der Wiener Integrationsstadträtin Brauner, die von den Grünen nicht akzeptiert würden. Wichtig seien unter anderem Maßnahmen zur Gleichbehandlung und Einbindung der Jugendlichen in der zweiten und dritten Generation, wofür Ansätze in Deutschland ein Vorbild sein könnten.

GR Mag. KARL (ÖVP) bekannte sich zum Schwerpunktthema aus dem Koalitionspapier "Gemeinsam Leben in Wien", das eine besonders positive Aussage artikuliere. Es solle zwar keine neue Zuwanderung, wohl aber Asyl und Schutz für politisch Verfolgte geben. Gegen Schlepper und illegale Beschäftigung müsse mit hohen Strafen vorgegangen werden. Bei Verfahren für Asylgewährung und Beschäftigungsbewilligung müsse die Dauer verkürzt werden. Die österreichische Staatsbürgerschaft solle den Menschen nicht "nachgeworfen" werden. Das Ausländerwahlrecht solle zwar ernsthaft diskutiert, aber nicht vordringlich behandelt werden. Die ÖVP bekenne sich zur Integrationspolitik mit Herz und Hirn, betonte GR Karl abschließend.

GR Barbara SCHÖFNAGEL (FPÖ) vertrat die Ansicht, man solle Kriegsflüchtlinge aus Bosnien motivieren, am Aufbau ihres Landes mitzuwirken und in die Heimat zurückzukehren. StR. Brauner hingegen setze auf konsequente Integrationspolitik. Die FPÖ könne nicht akzeptieren, daß für Integrationspolitik so viel Geld ausgegeben werde. Es gehe auch nicht an, daß Kindergartenplätze in Volkshochschulen ausschließlich Ausländern angeboten werden sollen. Die Menschen sollten, wenn sie wollen, in ihrer eigenen Tradition leben können, aber nicht unbedingt hier, unterstrich Schöfnagel. Nicht alle wollten die Integration, sondern lebten hier nur, um Geld für eine Existenz in der Heimat zu verdienen. Wenn sie nach Hause wollen, sollte man sie unterstützen, sagte die Rednerin. Es sei zu befürchten, daß Österreicher Sozialunterstützung bräuchten, weil sie hier keine Arbeit mehr fänden. Die FPÖ verlange einen Aufnahmestop für Ausländer auch zugunsten der schon lange hier Lebenden. (Forts.) and/rr

(RK vom 21.03.1997)