Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.10.1997:
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Wiener Landtag (8)

Wien, (OTS) Das LIF werde das von StR. Mag. Renate Brauner (SPÖ) vorgelegte Bezügegesetz ablehnen, erklärte LAbg. Pöschl (LIF). Zwar gingen die Grundsätze der Bezügepyramide in die richtige Richtung, begrüßte er Transparenz, Abschaffung der Politikerpensionen, Spesen nur noch gegen Belege, Abschaffung der Abfertigung ...

Wien, (OTS) Das LIF werde das von StR. Mag. Renate Brauner (SPÖ) vorgelegte Bezügegesetz ablehnen, erklärte LAbg. Pöschl (LIF). Zwar gingen die Grundsätze der Bezügepyramide in die richtige Richtung, begrüßte er Transparenz, Abschaffung der Politikerpensionen, Spesen nur noch gegen Belege, Abschaffung der Abfertigung und der Netzkarten für Politiker. Die Chance für tiefergreifende Reformen sei aber vertan worden. Das LIF fordere längerfristig die Abschaffung der nicht Amtsführenden Stadträte und kurzfristig die Orientierung ihres Bezuges an jenen der Landtagsabgeordneten. Die Funktionen der Landtagspräsidenten und der Gemeinderatsvorsitzenden sollten zusammengelegt und kurzfristig auch deren Gehalt an den Landtagsabgeordneten orientiert seien. Ebenso sollten die jeweils von der zweitstärksten Fraktion bestellten Bezirksvorsteher-Stellvertreter entfallen. Außer für den Landeshauptmann sollten Dienstwagen abgeschafft und ein Dienstwagenpool installiert werden. Pöschl brachte einen entsprechenden Abänderungsantrag mit den Forderungen seiner Fraktion ein.

Es sei gut, daß der größte Teil der Diskussion um Politikerbezüge nun abgeschlossen werde, sagte LAbg. Mag. Chorherr (G). Es handle sich um einen größeren Schritt, so werde etwa eine in der Tat unverständliche Pensionsregelung in ein normales System umgeleitet, die Abfertigungen fielen. Es blieben dennoch einige unverständliche Punkte. In einem entsprechenden Beschluß- und Resolutionsantrag verlangten die Grünen, die 32 Millionen kostenden Funktionen der Bezirksvorsteher-Stellvertreter aufzulassen, die Ämter der Landtagspräsidenten und der Gemeinderatsvorsitzenden zusammenzulegen sowie Änderungen bei den Dienstautos, die ein reines Statussymbol darstellten.

Bereits 1995 seien mit dem damaligen Bezügegesetz und der Abschaffung der Überstundenregelung, den neuen Gehaltsobergrenzen und dem Kappen der Verdienste bei Spitzenfunktionen schmerzhafte Einschnitte bei den Politikergehältern erfolgt, unterstrich LAbg. Prochaska (ÖVP). Die ÖVP, damals Opposition, habe in Wien mit der SPÖ diese Beschlüsse getragen, Grüne und FPÖ hätten es abgelehnt. Auch bei der aktuellen Bezügedebatte gebe es bei den Oppositionsparteien teilweise ein unterschiedliches Verhalten zur Abstimmung im Parlament. Bei der nun vorliegenden Reform handle es sich um einen echten Systemwechsel. Es werde erstmals transparente Bezüge und ein einschneidendes neues Pensionsrecht, das Politikerpensionen abschaffe und die Abfertigungen entfallen lasse (gegen Bezügefortzahlung in bestimmten Fällen), geben. Die Bezüge würden auch von den Beamtengehältern abgekoppelt und bezögen sich künftig auf das allgemeine Lohnniveau und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung. Manche Passagen gefielen auch ihm nicht, so Prochaska, Demokratie verlange aber Kompromisse.

Die Neuregelung der Politikerbezüge sei ein allerdings zu kleiner Schritt; von einzelnen FPÖ-Forderungen wie etwa der 60.000-Schilling-Obergrenze, die die Freiheitlichen Politiker für sich eingezogen hätten, sei sie weit entfernt, kritisierte LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Pawkowicz (FPÖ), der die Ablehnung seiner Fraktion deponierte. Das Verständnis zwischen Bürger und Politik würde größer, wenn nicht gleichzeitig der Unterschied zwischen Durchschnittseinkommen und Politikereinkommen weiter stiege und man abgehoben vom Normalbürger agiere. Er rechne damit, daß die Bürger dieses Signal der Freiheitlichen verstanden hätten. Die Koalition hätte ihre Reformfreude auch an anderen Dingen zeigen können, habe es aber nicht getan. So werde es weiter eine Fülle an Dienstautos und Chauffeuren statt des sinnvolleren Dienstwagenpools geben. Auch Pawkowicz sprach sich für die Personenidentität zwischen Landtagspräsidenten und Gemeinderatsvorsitzenden aus. Dagegen lehnte er die von anderen Oppositionsparteien verlangte Abschaffung der Bezirksvorsteher- Stellvertreter ab. Die FPÖ-Stellvertreter hätten sich zum Ombudsman für die Bürger entwickelt und seien dessen Anwalt, wenn es darum gehe, dem Vorsteher Wünsche zu übermitteln, gegen die er sich sperre. Positiv hob der Redner hervor, daß das Abfertigungsunwesen abgeschafft werde. Insgesamt bleibe die Reform aber auf halbem Wege stehen.

LAbg. Hatzl (SPÖ) sagte zur Dienstwagendiskussion, die Dienstwägen seien rollende Büros und um so notwendiger, je höher die Funktion sei. Mit der künftigen Eigenleistung für Dienstwägen habe man einen fairen Kompromiß mit dem Steuerzahler geschlossen. Die Bezügeregelung basiere auf den entsprechenden Bestimmungen auf Bundesebene, welche im Parlament von ÖVP, SPÖ, Grünen und Liberalen beschlossen worden seien. Wien habe konstruktiv versucht, für die Zukunft Einsparungen in Millionenhöhe zu erzielen: die Bemessungsgrundlage werde künftig der Nationalratsbezug sein, die Freifahrt bei den Verkehrsbetrieben werde gestrichen, es gebe Berufsverbote, Bezüge würden reduziert, die Abfertigung gestrichen, Bundesbestimmungen über den Auslagenersatz übernommen, für Bezirkspolitiker Neuregelungen geschaffen. Angesichts der Doppelfunktion Wiens sei es berechtigt, wenn es Obergrenzen gebe, diese in Anspruch zu nehmen. Hatzl schlug außerdem vor, bei künftigen Bezügediskussionen das Nettoeinkommen heranzuziehen, da Politikerbezüge von 200.000 Schilling brutto ohne Berücksichtigung von Parteiabgaben nicht einmal 90.000 netto ausmachten. Rechne man den Zeitaufwand auf, käme man bei einer normalen Arbeitszeit auf 45.000 Schilling netto und damit unter die FPÖ-Grenze.

ABSTIMMUNG: Die in der Debatte gestellten Anträge blieben in der Minderheit. Die Neuregelung der Politikerbezüge wurden mit Mehrheit, die daraus resultierenden Änderung der Stadtverfassung einstimmig beschlossen. (Forts.) hrs/be

(RK vom 21.10.1997)