Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.10.1997:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Auf Verlangen der SPÖ fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Aktivitäten für Wiens Jugend - eine erfolgreiche Bilanz" statt. GR Christine Lapp (SPÖ) betonte, daß die Jugendarbeit in Wien in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde. Dies zeige nicht zuletzt eine Budgeterhöhung in den letzten drei Jahren ...

Wien, (OTS) Auf Verlangen der SPÖ fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Aktivitäten für Wiens Jugend - eine erfolgreiche Bilanz" statt.

GR Christine Lapp (SPÖ) betonte, daß die Jugendarbeit in Wien in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde. Dies zeige nicht zuletzt eine Budgeterhöhung in den letzten drei Jahren von 198 Millionen Schilling auf 251 Millionen Schilling jährlich. Es gebe für die Jugend eine breite Angebotspalette. Lapp nannte dazu mehrere Beispiele aus dem Bereich des Sports, erwähnte das Clubbing für Jungbürger im Rathaus und eine Kunstausstellung im öffentlichen Raum. Besonders erwähnte sie die mobile Jugendarbeit, wo das Budget versechsfacht und die Projekte verdreifacht wurden. Weiters zählte die Rednerin die Bildungsberatung und die Beschäftigungsberatung auf und erwähnte auch die Bemühungen von Vizebürgermeisterin Laska bei der Suche nach Lehrplätzen. Der Verein Wiener Jugendzentren sei ein Flaggschiff der Wiener Jugendarbeit. GR Mag. Sonja Wehsely (SPÖ) bezeichnete den Vorschlag der FPÖ, ein Jugendressort zu schaffen, als schlecht. Jugendpolitik müsse von allen Ressorts wahrgenommen werden. Die Jugendpolitik der SPÖ fördere die Selbstverantwortung der Jugendlichen. Wehsely plädierte für mehr Toleranz gegenüber Jugendlicher, hob die Arbeit der Jugendplattform hervor und lobte auch die neue Einrichtung der Jugendbeauftragten in den Bezirken, die, so die Rednerin, die Jugendlichen zur Mitarbeit in der Jugendpolitik einladen sollen.

GR Mag. Gabriele Hecht (LIF) sagte, die Bilanz über Erfolge der Jugendarbeit sollte auch an internationalen Standards gemessen werden. Sie erinnerte an die UN-Konvention über die "Rechte des Kindes", in der Mitbestimmung, Schutz vor Gewalt und eine ausreichende Finanzierung der Jugendpolitik festgeschrieben wurden. Die Wiener Landesregierung habe in diesen Punkten "keinen Handlungsbedarf" gesehen, kritisierte Hecht und forderte ein Netzwerk gegen Kindesmißbrauch. Dabei sollten Betreuungspersonen der Jugendlichen besser ausgebildet, Vertrauenspersonen an den Schulen installiert und die Kinder- und Jugendanwaltschaft ausgebaut werden. Eine Notrufnummer rund um die Uhr und eine Informationskampagne sollten ins Leben gerufen werden. Mag. Alexandra Bolena gestand zu, daß vieles in der Jugendarbeit besser geworden sei. Die Bezirksjugendbeauftragten seien der falsche Weg, denn sie würden nicht den Interessen der Jugendlichen dienen. "Berufsjugendliche" würden von der Jugend auch kaum akzeptiert. Bolena forderte mehr Selbstverwaltung, mehr Sorge um Lehrlingsplätze auch im nächsten Jahr und eine Herabsetzung des Wahlalters und kritisierte die ÖVP, weil sie der Arena-Subvention ihre Zustimmung verweigere.

GR Susanne Jerusalem (G) konzedierte der Jugendarbeit in Wien eine positive Entwicklung, betonte jedoch, daß Jugendliche nicht von oben organisiert und verwaltet werden wollten. Sie forderte für die Jugendlichen mehr Freiräume, mehr Jugendtreffs, die nicht wie die Jugendzentren organisiert seien, und mehr Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitentscheidung. Weiters verlangte Jerusalem die Senkung des Wahlalters auf 15 Jahre, wobei die Wahlberechtigung nicht vom Besitz der Staatsbürgerschaft abhängen sollte. GR Mag. Maria Vassilakou (G) widmete sich in ihrer Rede den sozial schwächsten Jugendlichen, die, so die Rednerin, vor allem Migranten - zum Teil schon in der 2. Generation - seien. Diese würden in allen Bereichen vernachlässigt. Sie forderte eine diesbezügliche Reform der Schulpolitik, Lehrlingsplätze für ausländische Jugendliche und eine Entschärfung der unbefriedigenden Wohnsituation. Besonders kritisierte Vassilakou den Baustopp der Echothek in den Stadtbahnbögen und bemängelte die ihrer Meinung nach zu geringe Anzahl von Einbürgerungen.

GR Dr. Ulm (ÖVP) gestand ebenfalls zu, daß im Bereich der Jugendarbeit viel geleistet werde, die Jugendarbeit müsse aber differenzierter werden. Viele Angebote würden von den Jugendlichen nur in geringem Ausmaß genützt. Ulm plädierte dafür, private Organisationen mehr einzubinden als bisher. Dies würde die Jugendarbeit verbilligen und das Angebot verbreitern. Der Jugend sollten aber auch Werte vermittelt werden. Schließlich forderte der Redner auch eine gerechtere steuerliche Behandlung von Familien. Auch GR Strobl (ÖVP) meinte, es werde in der Jugendarbeit viel getan, es sollte jedoch der Mitteleinsatz vermehrt auf seine Effizienz überprüft werden. Im Zusammenhang mit dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit verwies Strobl auf rund 1.800 junge Akademiker, die in Wien keine Arbeit finden würden. Weiters sollte bedacht werden, daß von Beschäftigungsprogrammen für Jugendliche kaum schwer vermittelbare Jugendliche erfaßt werden. Auch Strobl forderte mehr Steuergerechtigkeit für Familien und gab bekannt, daß in Absprache mit der SPÖ in einem Pilotprojekt Leistungen für die Jugend ausgeschrieben würden und sich damit auch private Organisationen bewerben könnten.

GR Ing. Westenthaler (FPÖ) warf der SPÖ vor, daß ihre Bilanz nur aus Brot und Spielen für Jugendliche und monopolisierter Vereinsmacherei bestünde. Die wirklichen Probleme der Jugend, wie z.B. die steigende Jugendarbeitslosigkeit, seien überhaupt nicht angesprochen worden. Wien sei Spitzenreiter bei Lehrstellensuchenden, kritisierte der Redner. Auch sei der Gemeinderatsausschuß, in dem Jugendfragen behandelt werden, zu groß und umfasse zuviele verschiedene Themen. Westenthaler forderte mehr Ausbildungsplätze für Lehrlinge und einen Lehrlingsbeauftragten der Stadt Wien. GR Strache (FPÖ) meinte, daß im Bereich der Jugendpolitik wesentlich mehr Aktivitäten notwendig seien, und sprach von Eigenlob der SPÖ. Drei die Wiener Jugend besonders betreffende Problemkreise seien überhaupt nicht behandelt worden: Die Jugendarbeitslosigkeit, das Drogenproblem und der Sektenbereich. Weiters kritisierte Strache den "Subventionsproporz von SPÖ und ÖVP" bei den Vereinen. Die Jugendbeauftragten in den Bezirken seien lediglich eine Alibiaktion, erklärte Strache, der eine generelle Entpolitisierung der Jugendpolitik forderte. (Forts.) js/rr

(RK vom 27.10.1997)