Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.11.1997:
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Wiener Gemeinderat - Budgetdebatte (3)

Wien, (OTS) GR Susanne Kovacic (FPÖ) lehnte das Budget als Zeichen planerischer Mißerfolge ab. Sie kritisierte u.a., die Rathauskoalition habe das Guggenheim-Museum verhindert, der Schaden sei irreparabel. Gemeinsam mit einem Guggenheim-Museum und anderen Kulturangeboten in der Donau-City hätte ein Technologiezentrum ...

Wien, (OTS) GR Susanne Kovacic (FPÖ) lehnte das Budget als Zeichen planerischer Mißerfolge ab. Sie kritisierte u.a., die Rathauskoalition habe das Guggenheim-Museum verhindert, der Schaden sei irreparabel. Gemeinsam mit einem Guggenheim-Museum und anderen Kulturangeboten in der Donau-City hätte ein Technologiezentrum mit Schwerpunkt neue Medien und Telekommunikation wirklich Sinn gemacht, für einen Industriepark sei die Donau-City nicht geeignet. Stadtplanung ergebe sich derzeit ausschließlich aus der Frage, welche Konkurrenzprojekte verhindert werden könnten, internationale Investoren würden abgelehnt, hochwertiges Bauland an Bank-Austria-Töchter verschleudert.

Zu Initiativen beim Schwerpunkt Regionalpolitik zählte GR Reiter (SPÖ) das Verkehrskonzept Nordosten, das Grünraumprojekt für den Süden Wiens und die nun installierten zwei gemeinsamen Regionalausschüsse als ersten Schritt Richtung Regionalkonferenz. Ein Raumordnungsprogramm für die Vienna-Region sei notwendig. Zum Thema Multiplex-Kinos unterstrich er die Bedeutung der heimischen Kinolandschaft, wer sich aber den Zustrom zu den modernen Kinotempeln ansehe, wisse, daß dies der Trend sei. Im Bereich regionale Verkehrsinfrastrukturpolitik wies er darauf hin, daß es keine Stagnation beim U-Bahn-Bau gebe. Die Trassendiskussion bei der U 1-Nord müsse sensibel geführt werden, eine Endentscheidung gebe es noch nicht. Zum Technologiepark werde der Vertrag in der nächsten Zeit unterschrieben; der Machbarkeitsstudie folgend solle der Doppelstandort mit einem Technologiepark auch in Floridsdorf kommen.

GR Ing. Mag. Geringer (FPÖ) kritisierte, Görg habe nicht gehalten, was er bei Amtsantritt versprochen habe. Zu den Versäumnissen der Stadtplanung zählte der Redner den öffentlichen Verkehr, wo kein entsprechender Ausbau der U-Bahn erfolge. Beim Wohnbau würden die Fehler der Vergangenheit mit Wohnbauten ohne Infrastruktur auf der grünen Wiese wiederholt.

Auch GR Beer (FPÖ) meinte, Görg habe Wien internationaler machen wollen. Afghanische Bäckereien in Stadtbahnbögen unterzubringen sei nicht die Art der Internationalität, die Wien brauche. Görg sei daran gescheitert, neue Betriebe und Arbeitsplätze und interessante Impulse nach Wien zu holen. Das Amt des Zukunftsstadtrates sollte wegen Erfolglosigkeit für überflüssig erklärt und statt dessen ein Stadtrat für Klein- und Mittelbetriebe installiert werden.

Die Planungsgrundsätze und Planungsziele legte Vbgm. DDr. Görg (ÖVP) in seiner Rede dar:

Planung könne nur so gut wie ihre Umsetzung werden. Es habe keinen Sinn, große Vorhaben anzukündigen und immer wieder aufzuwärmen, jedoch nicht durchzuführen. Die Lebensqualität der Stadt ergebe sich nur aus der Durchführung. Das Guggenheim-Museum sei Musterbeispiel einer Planung, wie sie nicht sein sollte: Es wurde jahrelang angekündigt, doch habe man verabsäumt, mit Guggenheim zu einer Vereinbarung zu kommen. Er, Görg, habe nach Gesprächen mit Guggenheim den Mut gehabt, zu sagen, dieses Projekt sei tot. Daß der Cirque de Soleil ein Ersatz dafür sei, habe er nie behauptet, man könne die beiden selbstverständlich nicht vergleichen.

Planung brauche eine neue Form der Bürgerbeteiligung. Görg erläuterte dazu am Beispiel der Information zur U 1-Verlängerung, daß man grundsätzlich zwei Möglichkeiten habe: Entweder könne man die Bürger schon sehr früh, wenn noch keine endgültige politische Entscheidung gefallen sei, informieren. Das führe allerdings zum Vorwurf, man verunsichere sie. Man könne auch, um sich dem nicht auszusetzen, zuerst überhaupt nicht informieren und den Bürgern die getroffenen Entscheidungen mitteilen. Er, Görg, halte es im Interesse der Bürger für wichtig und für den richtigen Weg der Bürgerinformation und -beteiligung, sie bereits an den Anfangsstadien der Planung teilhaben zu lassen, auch auf die Gefahr vieler Einwendungen und Revidierungen der Planungen hin.

Görg unterstrich zum Thema Bürgerbeteiligung, daß er intensiv mit Bürgerinitiativen rede. Es sei aber Aufgabe der Politik, Rechte und Wünsche von Anrainern mit den Rechten und Wünschen der Gemeinschaft und der ganzen Stadt in Einklang zu bringen. Der Vizebürgermeister wies auch auf die zahlreichen in seinem Ressort getroffenen Entscheidungen wie den vierspurigen Ausbau der Südautobahn im Wiener Bereich, das neue Verfahren zur B 12b, die Entscheidungen zur B 3, die Veränderung bei der Planung des Bahnhofs Wien, hin.

Als wichtigste Planungsziele nannte Görg:

Der öffentliche Verkehr müsse Vorrang haben. Dem Ausbau des U-Bahn-Netzes wurde daher Priorität eingeräumt. Man habe nach reichlicher Überlegung entschieden, daß die Verlängerungen der U 6 nach Norden und der U 1 nach Süden nicht vorrangig seien, sondern die weitergehende Verlängerung der U 1-Nord als im 30-Milliarden- Schilling-Paket vorgesehen und eine neue Trasse Richtung 22. Bezirk.

Wien müsse sich außerdem entsprechend positionieren, um als intermodaler Verkehrsknoten von europäischem Rang im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.

Die Chancen der Stadterneuerung müßten optimal genutzt werden. Mit den großen Freiflächen wie auf der Platte oder Nordbahnhof müsse sorgsam umgegangen werden. So sehr er den Technologiepark und die Maschinenbauuniversität auf der Platte begrüße, seien diese Bereiche doch abends ausgestorben. Es wurde daher nun eine Projektgruppe installiert, die sich mit dieser Problematik beschäftige: Es könne nicht im Interesse der Stadt sein, die Chance der Platte zu vergeben, indem dort nur Projekte realisiert werden würden, die ab 7 Uhr abend geschlossen seien. Zum Prater erklärte Görg, es werde kein Ja oder Nein zu den diversen Projekten geben, solange kein Leitbild für den Prater vorhanden sei. Dieses Leitbild werde spätestens in drei Monaten dem Gemeinderat zur Beschlußfassung vorgelegt werden. Grundsätzlich wandte sich der Planungsstadtrat aber auch dagegen, daß Leitlinien oder Rahmenkonzepte wie ein Prokrustesbett angesehen würden; es müsse auch hier Flexibilität möglich sein. Die Planung insgesamt müsse unternehmensorientierter gemacht werden.

Zu den Zielen der Stadtplanung zählte der Vizebürgermeister auch das Forcieren qualitätsvoller Architektur. Zum Museumsquartier sagte er, er habe sich ursprünglich gegen das Ortner-Projekt ausgesprochen, da er es nicht für genügend aufregend halte. Jetzt sei aus einem auffällig verunglückten Projekt ein unauffällig verunglücktes geworden. Er habe sich jedoch mit seiner Meinung nicht durchgesetzt und sei Demokrat genug, seinen "Segen" dazu zu geben.

Görg wies auch darauf hin, daß es einen klaren Trend zu Multiplex-Kinos gebe. Im Bereich der Kinos gelte das Gesetz der Marktwirtschaft. Jeder Bürger müsse das Recht haben, Güter des täglichen Bedarfs in Gehdistanz erhalten zu können, es gebe aber kein Recht, ein Kino um die Ecke zu haben. Zur Weltkugel in Ebreichsdorf erklärte der Redner, er habe mit Stronach darüber gesprochen; diesem wäre es lieber gewesen, die Kugel in Wien zu bauen. Man müsse künftig sicherstellen, daß Projekte wie die Weltkugel, wenn überhaupt, mit Wien gemeinsam geplant würden. (Forts.) hrs/vo

(RK vom 26.11.1997)