Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.11.1997:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Auf Vorschlag des Liberalen Forums und mit Unterstützung eines weiteren Mandatars fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Affäre Teleges - Beispiel für das politische Sittenbild in Wien" statt. Die politische Dimension des Falles Teleges liege in der politischen Verantwortung, erklärte GR Mag. Gabriele ...

Wien, (OTS) Auf Vorschlag des Liberalen Forums und mit Unterstützung eines weiteren Mandatars fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Affäre Teleges - Beispiel für das politische Sittenbild in Wien" statt.

Die politische Dimension des Falles Teleges liege in der politischen Verantwortung, erklärte GR Mag. Gabriele Hecht (LIF). Es sei zu hinterfragen, wie mißbrauchsanfällig das Vergabesystem sei und wie gut die Kontrolle funktioniere. Der Fall sei nur durch anonyme Hinweise an das LIF ans Tageslicht gekommen. Die Anfragebeantwortung von Stadtrat Rieder bestätige die meisten Vorwürfe. Seit 1995 habe für Teleges für das Wilhelminenspital kein Kontrahentenvertrag bestanden, trotzdem wurden weitere Aufträge erteilt. Bis zum Juli 1997 habe das niemand bemerkt. Bis heute gebe es keine Suspendierungen. Im Wilhelminenspital, wo jetzt eine neue Firma die Arbeiten der Firma Teleges übernommen habe, seien Einsparungen in der Höhe von 30 bis 50 Prozent zu errechnen. Hecht kritisierte, daß es nach dem Ausgleich der Teleges bis jetzt keine Schadenersatzforderungen der Gemeinde Wien gebe. GR Dr. Alkier (LIF) verwies auf den einstimmig angenommenen Antrag seiner Fraktion zur Überprüfung der Wartungsverträge im Wilhelminenspital. Über diese und weitere Dinge könnte erst nach Vorliegen konkreter Ergebnisse weiter gesprochen werden. Sicher sei jedoch, daß diese Vorfälle im Dunstkreis der SPÖ passiert seien. StR. Rieder stelle die Mißstände nicht in Abrede, von anderen Stadträten und dem Bürgermeister gebe es trotz LIF- Anfragen keine Reaktion. 10 Tage nach dem eingereichten Ausgleich der Firma Teleges habe diese Firma noch Wartungsarbeiten an der Telefonanlage des LIF-Klubs vorgenommen, teilte Alkier mit.

Im Fall der Firma Teleges habe lange die Maxime "Vertuschen statt aufklären" gegolten, erklärte GR Kenesei (G). Es sei vor allem eine Maxime der SPÖ, die noch immer Nein zu Untersuchungsausschüssen in Wien sage. Statt dessen prüften jetzt Kollegen des betroffenen Verwaltungsdirektors mögliche Mißstände. Man müßte dem Kontrollamt die nötigen Instrumente in die Hand geben, um eine effiziente Prüfung durchzuführen. Den Grünen lägen, so Kenesei, Unterlagen über weitere Mißstände bei Beschaffungsvorgängen vor, die in der nächsten Sitzung des Kontrollausschusses mit entsprechenden Anträgen vorgelegt werden. Kenesei unterstrich die Notwendigkeit von Reformen der Kontrollmechanismen in Wien. GR Alessandra Kunz (G) sagte, während StR. Rieder sich immer dagegen verwahre, daß einzelne Beamte namentlich "vorgeführt" würden, scheue er selbst sich nicht, Namen von Informanten zu nennen. Hier sollte gleiches Recht für alle gelten. Im Ressort Rieder herrsche ein Klima der Angst, erklärte Kunz. Als Beleg dafür nannte sie die vielen anonymen Hinweise. Sie treffe sich mit Primarärzten im Park, erhalte Post ohne Absender sowie Anrufe und Besuche in ihrer Privatwohnung, weil Mitarbeiter aus dem Spitalsbereich ihre Anonymität bei Informationen wahren wollen. Der Rechnungshof habe bereits 1993 festgestellt, daß es keine Innenrevision im Krankenanstaltenverbund gebe.

GR Pfeiffer (ÖVP) sprach von einer öffentlichen Skandalisierung eines Falles durch die Opposition, obwohl die zuständigen Institutionen noch mitten in den Prüfarbeiten seien. Es müsse unbedingt genau geprüft und aufgeklärt werden, Versuche der öffentlichen Beeinflussung seien jedoch abzulehnen. Im Bereich des Krankenanstaltenverbundes sei es immer wieder zu Unzulänglichkeiten gekommen, erklärte Pfeiffer, was durch mehrere Rechnungshofberichte belegt werde. StR. Rieder habe die volle Unterstützung der ÖVP für alle Maßnahmen, als Koalititonspartner gebe es aber keinen Blankoscheck. GR Dr. Hahn (ÖVP) erklärte, das Ganze sei eher ein Räuber- und Gendarmspiel. Auch die ÖVP erhalte interne Informationen, leite diese jedoch an die zuständigen Stellen zur Prüfung weiter. Auch Hahn plädierte für eine rasche und lückenlose Aufklärung. Im Dezember sollten die Untersuchungen weitgehend abgeschlossen sein. Dann könnte man im Gemeinderat auch darüber reden. Daß es seit Jahren keine Innenrevision im Krankenanstaltenverbund gebe, bezeichnete Hahn als Fehler und forderte deren rasche Wiedereinführung und die Beachtung der Rechtsstaatlichkeit und der Unschuldsvermutung.

GR Dr. Serles (FPÖ) erklärte, daß es für ein abschließendes Urteil noch zu früh sei, die anonyme Anzeige habe aber einen Fall mit sehr großer Dimension ins Rollen gebracht. Serles kritisierte, daß die von StR. Rieder eingesetzte Untersuchungskommission in 10 Tagen etwas beurteilen solle, wofür Polizei und Staatsanwaltschaft Monate brauchen würden. Diese Untersuchungskommission sei daher eher ein Beitrag zur politischen Schadensbegrenzung als einer zur Wahrheitsfindung. Der Fall Teleges habe sich im Dunstkreis der SPÖ abgespielt, einer der Involvierten sei SPÖ-Gemeinderat in Gablitz. Serles bot der SPÖ Zusammenarbeit bei der restlosen Aufklärung dieses Falles an. GR Mag. Kowarik (FPÖ) erklärte, daß gerade in Zeiten, in denen sehr viel vom Sparen und Rationalisieren die Rede sei, nun mühselig Mißstände untersucht werden müßten. StR. Rieder sei zu spät aktiv geworden. Kowarik sprach von ungeheuerlichen Vorgängen bei Auftragsvergaben, Lieferungen, Rechnungslegungen und möglichen Beamtenbestechungen. Der Schaden sei sowohl finanziell als auch ideell sehr groß und vor allem durch mangelnde Kontrolle und zu langem Zusehen verursacht. Der Redner kritisierte weiters, daß es noch keine Suspendierungen gebe und sprach ebenfalls davon, daß dieser Fall im Dunstkreis der SPÖ passiert sei.

GR Hundstorfer (SPÖ) unterstrich, daß seine Partei für eine vorbehaltslose Aufklärung sei und für eine Abstellung aller Mißstände. Auch sollte die Kontrolle verbessert werden. Der politische Skandal, den manche sehen wollten, sei aber zu relativieren. Nicht eine anonyme Anzeige aus dem Juli 1997 brachte den Fall Teleges ins Rollen. Seit Februar 1997 gebe es bereits Untersuchungen im Bereich der Wiener Stadtverwaltung und seit März dieses Jahres Gespräche zwischen dem Rechtsbüro der Stadt Wien und der Firma Teleges. Zur Anmeldung von Schadensersatzansprüchen der Stadt Wien wies Hundstorfer darauf hin, daß die Frist noch bis 29. Dezember laufe und die Stadt Wien vor Anspruchsanmeldung noch Prüfungsergebnisse abwarten wolle. Auch die finanzielle Dimension sei zu relativieren, denn die Umsätze der Firma im Wilhelminenspital betrügen im Vergleich zum Gesamtumsatz mit der Stadt Wien nur 6 Prozent. Hundstorfer zitierte den Kontrollamtsdirektor, der von einer langfristigen und komplexen Kontrollamtsprüfung in diesem Fall sprach. Auch GR Ilse Forster (SPÖ) betonte, daß die SPÖ an einer vorbehaltslosen Aufklärung interessiert sei - nicht zuletzt, weil die SPÖ die daraus folgenden Konsequenzen für sehr wichtig halte. Entscheidend sei jedoch, den Abschluß aller Untersuchungen abzuwarten. Sie habe das Liberale Forum aufgefordert, Namen von SPÖ-Politikern zu nennen, die etwas "genommen hätten". Dies sei nicht erfolgt. Forster verwahrte sich daher schärfstens dagegen, daß davon gesprochen werde, daß SPÖ-Politiker in diesem Fall involviert seien. Dafür gebe es keinerlei Beweise. (Forts.) js/vo

(RK vom 27.11.1997)