Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.02.1998:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Auf Verlangen der Freiheitlichen Partei fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Ausländerpolitik in Wien - Überfremdung stoppen, Heimat bewahren" statt. GR Kabas (FPÖ) kritisierte die kulturelle Überfremdung der Stadt, die von der Regierung vorangetrieben werde. Besonders besorgniserregend sei die ...

Wien, (OTS) Auf Verlangen der Freiheitlichen Partei fand eine Aktuelle Stunde zum Thema "Ausländerpolitik in Wien - Überfremdung stoppen, Heimat bewahren" statt.

GR Kabas (FPÖ) kritisierte die kulturelle Überfremdung der Stadt, die von der Regierung vorangetrieben werde. Besonders besorgniserregend sei die kulturelle Umerziehung der Kinder in Kindergärten und Schulen. Die Wiener würden sich jedoch nicht kulturell umerziehen und "umtopfen" lassen. Die Wiener wehrten sich, und die FPÖ werde sie dabei unterstützen, denn die Wiener wollten keine Zwangsbeglückung aus der Türkei oder von sonstwo. Weiters kritisierte er die Einführung von Ausländerbeiräten. Vehement sprach sich Kabas gegen die Einführung eines Ausländerwahlrechts und gegen die zahlreichen vorzeitigen Einbürgerungen aus. Die hohe Arbeitslosigkeit und die drückende Wohnungsnot in Wien führe die FPÖ auf den hohen Anteil an Ausländern zurück. GR Strache (FPÖ) betonte, daß das Thema "Überfremdung stoppen - Heimat bewahren" ausdrücklich ein Anliegen der Wiener Bevölkerung sei, und es sei keine Schande, sich um die Probleme der Wiener zu kümmern. Die FPÖ fordere daher, daß sich die Ausländer unserem Land und unseren Gepflogenheiten anzupassen hätten. Wer die österreichische Staatsbürgerschaft anstrebe, habe sich unbedingt zu unserem Land zu bekennen. Die FPÖ wolle ein Ende dieser Politik in dieser Stadt und fordere daher einen Zuwandererstopp.

GR Smoliner (LIF) kritisierte, die FPÖ spiele ständig die Interessen der Inländer und der Ausländer gegeneinander aus. Die wahren Extremisten seien jedoch die Freiheitlichen, sie denunzierten, beleidigten und über Leichen gingen. Er appellierte an die Koalitionsparteien, sie mögen keine Angst davor haben, daß ihnen die Wähler in Richtung FPÖ davonliefen. Sie sollten eine Politik für Menschen und nicht gegen Menschen machen. GR Mag. Gabriele Hecht (LIF) gab ihrer Bestürzung über die Aggressivität Ausdruck, den Haß und die negativen Gefühle, die in der Rede von Gemeinderat Kabas zum Ausdruck kamen. Die FPÖ spiele mit Emotionen und erwecke immer den Eindruck, als seien die Ausländer an allem Schuld. Das österreichische Steuerrecht unterscheide nicht nach Inländern und Ausländern, im Sozialsystem seien die Ausländer sogar Nettozahler. Zum Thema Arbeitslosigkeit meinte Hecht, durch das Wegschicken der Ausländer werde kein neuer Arbeitsplatz geschaffen.

GR Mag. Maria Vassilakou (G) sagte, die FPÖ bringe immer dann das Ausländerthema auf den Tisch, wenn ihnen eigene Themen fehlten. Die grundsätzliche Aufgabe der Politik sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, sodaß eine Gesellschaft in Frieden und Wohlstand leben könne. Wenn es etwas zu bewahren gebe, dann demokratisches Ethos und Menschlichkeit. Sie begrüßte die Vorschläge der SPÖ und ÖVP, ein Integrationspaket zu schaffen, damit die Menschen, die eingewandert sind, hier in Würde leben können. Der von der SPÖ angestrebte Ausländerbeirat sei ein Schritt zu mehr Demokratie, ebenso der Vorschlag der ÖVP, Gemeindewohnungen für Imigranten zu öffnen. GR Kenesei (G) gab seiner Abscheu über die Wortmeldung von Gemeinderat Kabas Ausdruck. Die Geschichte der Stadt zeige, daß Wien immer schon von den Zuwanderern geprägt worden sei. Wir lebten in einer Stadt, in der es immer noch ein friedliches Miteinander und Nebeneinander verschiedener Kulturen gebe.

GR Dr. Ulm (ÖVP) sprach von einem Zusammenleben auf der Basis des Humanismus und des Ordnungsprinzipes. Hilfe sollten die erhalten, die sie benötigten. Die Stadt müsse gegen Illegale vorgehen und für eine gleichmäßigere Verteilung der Ausländer in den Bezirken sorgen. Eine anständige Ausländerpolitik sei nötig, das stehe auch im Arbeitsüberkommen der Koalitionsregierung. Ulm sprach sich auch für den Zugang der Ausländer in Gemeindebauten aus. Die Ausländerbeiräte lehne die ÖVP nicht grundsätzlich ab, es gebe aber warnende internationale Beispiele, wie etwa die Bildung nationaler Listen oder eine geringe Wahlbeteiligung. Es gebe zwei Extrempositionen in der Ausländerfrage, sagte GR Prof. Walter Strobl (ÖVP). Zunächst hätte es die linksliberale Vorstellung einer multikulturellen Gesellschaft und von einem Einwanderungsland gegeben, dagegen gebe es die Politik des "Schotten Dichtmachens" und die Argumentation, die Ausländer seien etwas Gefährliches. Die Volkspartei sei für eine humane und tolerante Politik, wer die Integration wolle, dem werde sie geboten, aber unter Einforderung der Loyalität.

GR Kubik (SPÖ) meinte, daß die FPÖ das Ausländerthema aus politischem Kalkül betreibe. Durch falsche und erfundene Zitate, durch Schüren und Übertreiben wolle sie eine negative Stimmung erzeugen. GR Kubik zählte Maßnahmen des Integrationsfonds auf, wie zum Beispiel die Eröffnung der 6. Außenstelle, Informationsbroschüren und Sprachoffensiven. Kubik erinnerte daran, daß die Nahversorgung, etwa auf den Wiener Märkten, ohne Ausländer nicht funktionieren würde. GR Dr. Stürzenbacher (SPÖ) warf der FPÖ vor, die Bürger aufzuhetzen. Sie wolle keine Probleme lösen, es gehe ihr bloß um Zwietracht, Aufhetzen und Verhindern einer konstruktiven Politik. Die Freiheitlichen seien nur deswegen gegen Ausländerbeiräte, weil die FPÖ in Wirklichkeit keine Probleme lösen wolle. Die nächsten Ziele der SPÖ seien die Verwirklichung der Prinzipien Ordnung und Integration, die Integration komme vor einem Neuzuzug. Die Öffnung der Gemeindebauten für Ausländer lehne die SPÖ derzeit ab, sei aber für eine Verländerung des Mietrechts im Interesse der Bevölkerung. Er appellierte daher an die ÖVP, diesen Vorschlag zu unterstützen. (Forts.) rap/rr

(RK vom 27.02.1998)