Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 07.05.1998:
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Wiener Gemeinderat (9)

Wien, (OTS) Um 18 Uhr trat der Wiener Gemeinderat auf Verlangen der FPÖ zu einer weiteren Sitzung zusammen. Thema: "Vergabesumpf in Wien - Milliardenschaden für die Steuerzahler". Unmittelbar nach Sitzungsbeginn verließen die Mandatare von Freiheitlichen, Grünen und Liberalen (aus Protest gegen den Termin der Sitzung ...

Wien, (OTS) Um 18 Uhr trat der Wiener Gemeinderat auf Verlangen der FPÖ zu einer weiteren Sitzung zusammen. Thema: "Vergabesumpf in Wien - Milliardenschaden für die Steuerzahler". Unmittelbar nach Sitzungsbeginn verließen die Mandatare von Freiheitlichen, Grünen und Liberalen (aus Protest gegen den Termin der Sitzung) geschlossen den Sitzungssaal.

Vbgm. Dr. Görg (ÖVP) sagte, bis jetzt sei mit Vorwürfen gegen die Baubranche immer von "zu dünner Suppe" die Rede gewesen. Das könne nun nicht mehr vollinhaltlich aufrechterhalten werden. Man müsse nun die Erhebungen durch Kontrollamt, Rechnungshof, Staatsanwaltschaft, Wirtschaftspolizei und Justiz abwarten. Es liege im Interesse aller, daß die erhobenen Vorwürfe endgültig aufgeklärt werden. Dazu gehöre auch die Frage, ob und wieweit Politiker, Manager und Beamte in die Causa verwickelt sein könnten. Es sei nicht gut, daß diese Sitzung von einer Partei verlangt wurde, von der überdurchschnittlich viele Repräsentanten "gerichtlich verurteilt oder steckbrieflich gesucht" werden. Görg sieht derzeit keinen Grund, einen Gemeinderats- Untersuchungsausschuß einzuberufen, außer es zeigte sich, daß Politiker involviert wären. Entscheidend sei, ein "wasserdichtes" Vergabesystem zu finden, wenn auch niemand so naiv sein könne zu glauben, daß nicht niedere Charaktere mit hoher Intelligenz unrechtmäßige Löcher finden könnten. Es könne allerdings nicht im Interesse der Verantwortlichen sein, sagte Görg, "hinter jeden Busch Mißbrauch und Argwohn" zu wittern, denn es gehe nicht darum, Aufträge zu verhindern, sondern zu vergeben.

Durch den Boykott der Sitzung durch die Antragsteller werde dokumentiert, wie wichtig sie ihr eigenes Anliegen tatsächlich nähmen, führte GR Hatzl (SPÖ) aus. Die beiden anderen Oppositionsparteien hätten sich von der FPÖ "am Nasenring aus dem Saal führen lassen". Alle seien sich einig, daß im Vergabewesen der Stadt Kriminelles nichts verloren habe. Der Bürgermeister habe jedenfalls den ehestmöglichen Termin, an dem anzunehmen war, daß er von allen Gemeinderäten wahrgenommen werden kann, für die Einberufung der Sitzung gewählt. Hätte die Opposition das Thema wirklich besprechen wollen, dann hätte sie auch zu anderen Tageszeiten Gelegenheit dazu gehabt. Vielleicht gehe es dem Grünen Abgeordneten Pilz um ein Ticket ins Parlament, vielleicht könnten die Freiheitlichen keine Themenführerschaft einer kleinen Oppositionspartei akzeptieren, oder vielleicht hätten die Liberalen einfach mitgezogen, weil sie die Chance verpaßt hätten, sich anders darzustellen, mutmaßte Hatzl. Man könne auch nicht annehmen, daß Wichtiges nur vor 16 Uhr diskutiert werden könne, denn anders wäre es nicht zu erklären, daß lange Diskussionsbeiträge auch in tiefer Nacht gehalten werden. Hatzl legte ein Bekenntnis zu Sauberkeit, Korrektheit und gesetzeskonformem Handeln ab. Es sollten von Politikern keine diffamierenden, unsinnigen und falschen Behauptungen aufgestellt werden. Wenn ein Politiker etwas Inkriminierendes wisse, solle er es auf den Tisch legen und den zuständigen Behörden zugänglich machen, fügte Hatzl hinzu.

Die Sitzung endete um 19 Uhr. (Forts.) and/rr

(RK vom 07.05.1998)