Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 02.06.1998:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Die Aktuelle Stunde fand auf Wunsch der Grünen zum Thema "Wien ist die durch Atomkraftwerke am meisten gefährdete Millionenstadt Europas. Welche politischen und wirtschaftlichen Gegenstrategien kann die Stadt Wien einschlagen?" statt. GR Mag. Chorherr (G) verwies darauf, daß es sich bei Mochovce um kein ...

Wien, (OTS) Die Aktuelle Stunde fand auf Wunsch der Grünen zum Thema "Wien ist die durch Atomkraftwerke am meisten gefährdete Millionenstadt Europas. Welche politischen und wirtschaftlichen Gegenstrategien kann die Stadt Wien einschlagen?" statt.

GR Mag. Chorherr (G) verwies darauf, daß es sich bei Mochovce um kein Problem mit der Slowakei handle, sondern daß Eigentümer und Betreiber des Kraftwerkes zu 51 Prozent die französische Energiegesellschaft EDF sei. Er vermisse deshalb verstärkte Bemühungen auf europäischer Ebene. Mit Tschechien und der Slowakei sollten rasche Verhandlungen über einen EU-Beitritt aufgenommen werden. Wiener Politiker müßten direkt in der Slowakei für die Position Wiens werben. GR Mag. Maria Vassilakou (G) forderte als konkrete Maßnahme Wiens die gezielte Förderung von Umweltinvestitionen in der Slowakei.

GR Pöschl (LIF) bemängelte die Aufgabe des strikten Anti- Atom-Kurses der Regierung, der durch einen "Kuh-Handel" bei den Sicherheitsvorkehrungen ersetzt worden sei. Speziell die ÖVP- Abgeordneten im Europaparlament hätten sich von der österreichischen Anti-Atom-Linie verabschiedet. GR Smoliner (LIF) stellte fest, daß Mochovce durch die Stadt Wien nicht zu verhindern sein werde, daß aber zumindest für den Ernstfall vorgesorgt werden könnte. Die vielen Möglichkeiten im Bereich des Zivilschutzes werde das Liberale Forum durch eine Anfrage an den Umweltstadtrat ausloten.

GR Komm.-Rat Klucsarits (ÖVP) forderte einen verstärkten Dialog mit den zuständigen Regierungsstellen und Betreibern in der Slowakei. Die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs stelle dafür eine Riesenchance dar. Die ÖVP habe sich sehr wohl für ein kernkraftfreies Mitteleuropa eingesetzt, widersprach GR Patrizia Markus (ÖVP) ihrem Vorredner vom Liberalen Forum. Bezüglich Mochovce wären wirtschaftliche Gegenstrategien angesagt, wie etwa eine Exportoffensive im Bereich effizienter Energiegewinnung.

Mochovce dokumentiere die Unfähigkeit der Regierung, sagte GR Dr. Günther (FPÖ). Argumente fruchteten nicht, stärkere Maßnahmen wie Lobbying in der EU wären jetzt erforderlich. Es fehlten Vorschläge des Bürgermeisters, so Günther. Man solle endlich von den beim EU-Beitritt versprochenen Mitsprachemöglichkeiten Gebrauch machen, ergänzte GR Brigitte Reinberger (FPÖ). Man sollte alle denkbaren Maßnahmen in die Wege leiten, um statt eines vergeblichen Nachbesserns an Schrottreaktoren den Umstieg in andere Energieformen zu erreichen.

Die Frage nach politischen Gegenstrategien sei angesichts von 500 Atomkraftwerken weltweit weitgehend rhetorisch, konstatierte GR Hufnagl (SPÖ). Österreich stehe mit seinem Atomsperrgesetz weltweit isoliert da. Als konkrete Vorschläge zur Stärkung der österreichischen Position nannte Hufnagl die Aufwertung der Wiener Atombehörde und die Durchführung eines Wiener Kongresses gegen Atomenergie im Rahmen der Ratspräsidentschaft. GR Zimmermann (SPÖ) meinte, man müsse alles unternehmen, um die Sicherheitsstandards zu erhöhen, auch wenn die Errichtung eines AKW zweifellos nationaler Souveränität unterliege. Endziel müsse eine atomkraftfreie Zone in Mitteleuropa bleiben. (Forts.) roh/rr

(RK vom 02.06.1998)