Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 02.06.1998:
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Wiener Gemeinderat (5)

Wien, (OTS) Die FPÖ stellte eine dringliche Anfrage betreffend Kartellabsprachen bei öffentlichen Aufträgen der Stadt Wien. Am Vorabend milliardenschwerer Aufträge gelte es, eine völlige Neuorganisation des Vergabe- und Kontrollwesens in Wien vorzunehmen. Aus diesem Grund sei der Gemeinderat aufgerufen, ein ...

Wien, (OTS) Die FPÖ stellte eine dringliche Anfrage betreffend Kartellabsprachen bei öffentlichen Aufträgen der Stadt Wien. Am Vorabend milliardenschwerer Aufträge gelte es, eine völlige Neuorganisation des Vergabe- und Kontrollwesens in Wien vorzunehmen. Aus diesem Grund sei der Gemeinderat aufgerufen, ein geeignetes Kontrollpaket zu schnüren.

GR Serles (FPÖ) betonte in seiner Begründung zur dringlichen Anfrage, daß sich die Bauaffäre zum handfesten bundesweiten Skandal entwickelt hätte. Wien sei im hohen Maß betroffen. Er kritisierte den Umgang der SPÖ mit diesem Skandal: Es werde gemauert, abgestritten, bagatellisiert, verniedlicht, verharmlost, geleugtnet und dementiert. Er, Serles, sei für einen kompromißlosen Kampf gegen Korruption und illegale Preisabsprachen. Er sei der Überzeugung, daß die Machenschaften rund um den Bauskandal den politisch Verantwortlichen seit Jahrzehnten bekannt waren. Außerdem konnten Preisabsprachen jahrzehntelang deswegen funktionieren, weil die öffentlichen Auftraggeber dazu geschwiegen hätten. Kartelle könnten langfristig keine Arbeitsplätze sichern, könnten Strukturen nicht ändern, sie konservieren Strukturen. Politik sollte aus dem Zustand kollektiver Verdrängung aufwachen. Es sei Zeit für politisches Handeln.

Bürgermeister Häupl betonte in seiner Beantwortung der dringlichen Anfrage, daß er von Anbeginn an mehrfach und öffentlich festgehalten hätte, daß er alle Maßnahme begrüßte und unterstützte, die der schonungslosen Aufklärung von Unkorrektheiten dienten. Er sei nicht bereit, Bestechlichkeiten, Kartellabsprachen und rechtswidrige Handlungen zu dulden und erwarte die lückenlose Aufklärung der Sachverhalte durch die Staatsanwaltschaft, die Wirtschaftspolizei und die unabhängigen Gerichte. Zur Frage, ob er die Oppositionsparteien bei ihren Bestrebungen, die Kontrollmöglichkeiten auszuweiten, unterstützen wird, antwortete er, daß dem Gemeinderat schon jetzt eine ganze Reihe von Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehe. Er sei der Meinung, daß die bestehenden Kontrolleinrichtungen ausreichen, um die angestrebten Ziele zu verfolgen. Er sei aber selbstverständlich bereit, über weitere Kontrolleinrichtungen zu reden. Für die Einführung von Untersuchungsausschüssen sei jedoch nicht er als Bürgermeister zuständig, sondern die Mehrheit des Wiener Landtages.

GR Pöschl (LIF) meinte zur Frage der Kontrolle, daß in den letzten Wochen unerfreuliche Sittenbilder geboten wurden: Sittenbild in Blau, Stichwort Rosenstingl, Sittenbild in Rot mit schwarzen Flecken, Stichwort Teleges und Bauskandal. Diese Sittenbilder würden das Ausräumen des Selbstbedienungsladens "Steuergelder" begünstigen. Übrig blieben die Steuerzahler. Die hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wer die politische Verwantwortung trägt. Das Liberale Forum habe daher zentrale Forderungen eingebracht, wie etwa eine Reform des Vergaberechts, die Bekämpfung von Korruption und die Klärung der politischen Verantwortlichkeit. Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Das Liberale Forum werde daher einen entsprechenden Antrag einbringen.

GR Kenesei (G) kritisierte den Bürgermeister, er spreche zwar von lückenloser Aufklärung, vermeide aber die politische Verantwortung. Er, Kenesei, glaube, daß man seitens der Regierungsparteien die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses nicht verhindern werde können, auch wenn es noch ein halbes Jahr dauern könnte. Selbst ÖVP-Politiker beklagten das Fehlen geeigneter Kontrollinstrumente offen. Er zitierte Görg, der gesagt hätte, er könne sich einen Untersuchungsausschuß vorstellen. Er, Kenesei, meinte, der ÖVP würde es gut anstehen, einmal nicht Nachahmer, sondern Vorreiter zu sein. Die Liberalen, Grünen und Freiheitlichen hätten daher einen Antrag eingebracht, der die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ermöglichen soll. Dieser Antrag sei bewußt offen gehalten. Abschließend schlug er weitere Möglichkeiten der Kontrolle vor, wie etwa die Trennung der ausschreibenden und kontrollierenden Stellen oder die Einrichtung eines Vergabeausschusses nach Münchner Vorbild. (Forts.) rra/be

(RK vom 02.06.1998)