Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.10.1998:
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Wiener Gemeinderat (4)

Wien, (OTS) Es könne von einem Kriminalfall, möglicherweise von einem Politfall gesprochen werden, und man sei gut beraten, zwischen Strafrecht und Zivilrecht zu entscheiden, sagte GR Dr. Ulm (ÖVP). Er lobte ausdrücklich die Arbeit des Kontrollamtes, dieses habe Absprachen festgestellt. Man sei daher nicht auf die ...

Wien, (OTS) Es könne von einem Kriminalfall, möglicherweise von einem Politfall gesprochen werden, und man sei gut beraten, zwischen Strafrecht und Zivilrecht zu entscheiden, sagte GR Dr. Ulm (ÖVP). Er lobte ausdrücklich die Arbeit des Kontrollamtes, dieses habe Absprachen festgestellt. Man sei daher nicht auf die Staatsanwaltschaft und Strafgerichte angewiesen. Wie er sagte, habe die Gemeinde Wien bei den Vergaben vom Bestpreis ausgehen müssen, sie habe ihn aber nicht erhalten. Der Ausschluß einzelner Firmen werde keinen Verlust von Bauarbeiten erbringen.

Ulm sprach sich dafür aus, daß die Stadt künftig kleinere Baulose vergeben solle.

Zivilrechtliche Ansprüche wären nicht verjährt, da die Verjährungsfrist erst "ab Kenntnis" gelte. Ulm forderte, daß auch das Kontrollamt Vorschläge für ein besseres Vergabegesetz machen solle. Er brachte einen gemeinsamen Antrag von ÖVP und SPÖ ein, in dem der Magistrat ersucht wird, im Rahmen einer Arbeitsgruppe Vorschläge zur Verbesserung des Vergabewesens auf die Umsetzbarkeit zu prüfen sowie Richtlinien für eine Neugestaltung des Vergabewesens zu erarbeiten. Bei der Frage nach Installierung eines Untersuchungsausschusses sei ein enormer politischer Durchbruch erzielt worden. Ob ein solcher Ausschuß beim Bauskandal erforderlich sei, hänge von der politischen Involvierung und Sinnhaftigkeit ab.

Es sei über den größten Bauskandal der Zweiten Republik und den Vergabesumpf der SPÖ zu urteilen, forderte GR Mag. Kabas (FPÖ). Er kritisierte die Ausklammerung des Bauskandals bei einer Einführung von Untersuchungsausschüssen.

Kabas verlangte die sofortige Aufhebung der Firmensperren. Die SPÖ wälze die Verantwortung auf den Rücken der Bauarbeiter ab. Wenn Sperren gerechtfertigt seien, dann jene von politischen Firmenmanagern. Es könne nicht sein, daß kleine Bauarbeiter ausbaden müßten, was man ihnen eingebrockt habe.

Die Feststellung der politischen Verantwortung sei wichtig, um zu zeigen, wie Politiker der SPÖ mit Malversation und Betrügereien umgegangen seien. Besonders kritisierte Kabas Klubobmann Hatzl, den er als "obersten Vertuscher" bezeichnete. Weil die Vorfälle nur mit Wissen und Duldung der sozialistischen Politiker geschehen konnten, sei ein Untersuchungsausschuß notwendig. Da es diesen nicht gebe, müsse das Plenum das Tribunal sein. Abschließend warf er der SPÖ vor, sie habe zum Schaden der Wiener jämmerlich versagt und sei ablösereif.

GR Driemer (SPÖ) betonte eingangs, die Opposition könne sich der Mitverantwortung nicht entziehen, wenn Arbeitsplätze verloren gingen. Die SPÖ sei stets an einer lückenlose Aufklärung der Vorfälle interessiert gewesen. Die politische Skandalisierungsdiskussion sollte beendet werden, weit sinnvoller wäre eine Debatte auf sachlicher Ebene. Wie Driemer sagte, habe die Diskussion in der Öffentlichkeit nicht zur Verbesserung der Situation der Bauarbeiter beigetragen. Stadtrat Kabas warf er vor, daß dieser Österreich als "Mafia-Land" bezeichnet habe. Niemand in der SPÖ verniedliche das Problem, FPÖ und Grüne sollten endlich mit ihrer "Schmutzkübelkampagne" aufhören. Die Baugewerkschaft habe im übrigen Sperren stets für ungeeignet gehalten. Er lobte die Vorschläge der Dreier-Kommission, diese habe auch eine Reihe guter Vorschläge gemacht. Driemer forderte die Opposition auf, an der Diskussion bezüglich eines neuen Vergabegesetzes mitzuwirken. Er sprach sich für eine Einschränkung der Sub-Sub-Vergaben aus und schloß mit der Bitte, nach außen Politskandalisierungen zu beenden. (Forts.) ull/vo

(RK vom 23.10.1998)