Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.10.1998:
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Wiener Gemeinderat (6)

Wien, (OTS) GR Mag. Sonja Wehsely (SPÖ) bestätigte, daß die vorliegenden Kontrollamtsberichte die Existenz eines Baukartells, von Scheinabrechnungen und anderen ungesetzlichen Vorgängen bewiesen. Deutlich verwahrte sie sich aber gegen den Vorwurf einer Vertuschung seitens ihrer Partei, die in ihrer ...

Wien, (OTS) GR Mag. Sonja Wehsely (SPÖ) bestätigte, daß die vorliegenden Kontrollamtsberichte die Existenz eines Baukartells, von Scheinabrechnungen und anderen ungesetzlichen Vorgängen bewiesen. Deutlich verwahrte sie sich aber gegen den Vorwurf einer Vertuschung seitens ihrer Partei, die in ihrer Regierungsverantwortung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also nach Vorlage des ersten Kontrollamtsberichtes gehandelt habe. Weiters wies sie Vorwürfe einer politischen Verstrickung ihrer Partei zurück und meinte im Gegenzug, daß die eigentlichen Schuldigen im Baumanagement der betroffenen Firmen zu suchen seien. So sehr auch ein Untersuchungsausschuß in manchen Bereichen Sinn machen kann, im konkreten Fall, so Wehsely, bestehe keine Notwendigkeit für diesen, da die Verfehlungen allein im Bereich der Administration zu suchen seien.

GR Brigitte Reinberger (FPÖ) erinnerte nochmals detailliert an die schwerwiegenden Vorwürfe des Kontrollamtes gegenüber der MA 28. Diese habe darauf in unverständlicher bis dreister Weise reagiert. Sie brachte mehrere Anträge ein, die das Ziel hatten, für die Zukunft die Möglichkeiten eines Baukartells zu verhindern bzw. offensichtliche Verfehlungen seitens von Fachbeamten zu verunmöglichen. Diese Anträge betrafen u.a. Forderungen nach der Verhinderung von Anbietermonopolen, Überprüfungsmöglichkeiten bei Kontrahentenverträgen, die Einführung eines europäischen Preisspiegels, die Trennung von Planung, Vergabe und Durchführung bei öffentlichen Aufträgen sowie die Schaffung einer "Antikorruptions-Kobra", eines Sonderreferates bei der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Preisabsprachen und Kartellbildungen von Unternehmungen und die lückenlose Aufklärung aller Vorkommnisse bei den Preisabsprachen und Kartellbildungen in der Baubranche.

GR Dipl.-Ing. Schicker (SPÖ) wies die überzogene bis diffamierende Kritik an Gewerkschaftern und Betriebsräten der Baubranche von seiten der FPÖ zurück. Weiters betonte er, daß es in der vorliegenden Baukartellaffäre keinen einzigen Hinweis auf eine Verstrickung eines Politikers seiner Fraktion gebe. Vielmehr seien die schwarzen Schafe in der Verwaltung und bei den betroffenen Baufirmen zu suchen. Zuletzt unterstrich er nochmals seine Hoffnung, daß auch die Oppositionsparteien an einer restlosen und seriösen Aufklärung des Baukartells interessiert und nicht auf der Suche nach einer plumpen Skandalisierung des politischen Bereichs seien.

In tatsächlichen Berichtigungen nahmen die Gemeinderäte Dr. Pilz (G) und Pöschl (LIF) zu Aussagen Schickers Stellung, wobei Pilz erklärte, es gebe Belege für politische Involvierung seitens hochrangiger SPÖ-Politiker.

GR Stix (ohne Klubzugehörigkeit) lenkte in seiner Rede das Interesse auf strukturelle Fragen in der öffentlichen Bauausschreibung. Konkret regte er dazu an, die Grauzone zwischen dem Billigst- und Bestbieterprinzip juristisch zu durchleuchten und zu schließen. (Forts.) hch/vo

(RK vom 23.10.1998)