Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.1999:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Auf Verlangen der FPÖ wurde eine Aktuelle Stunde zum Thema "Es geht um unsere Heimat - Die schweren Fehler der SPÖ in der Ausländerpolitik" abgehalten. GR Mag. Kabas (FPÖ) verwies darauf, daß auch Bundeskanzler Klima vor einiger Zeit von schweren Fehlern der SPÖ in der Ausländerpolitik gesprochen habe. ...

Wien, (OTS) Auf Verlangen der FPÖ wurde eine Aktuelle Stunde zum Thema "Es geht um unsere Heimat - Die schweren Fehler der SPÖ in der Ausländerpolitik" abgehalten.

GR Mag. Kabas (FPÖ) verwies darauf, daß auch Bundeskanzler Klima vor einiger Zeit von schweren Fehlern der SPÖ in der Ausländerpolitik gesprochen habe. Die SPÖ habe jedoch bis heute nichts dazugelernt. In Österreich würden rund 750.000 legale und 250.000 illegale Ausländer leben. In Wien seien dies 370.000 bzw. 100.000. Von den 70.000 bosnischen Flüchtlingen würden in Wien rund 20.000 leben, die, so Kabas, statt sie wieder in die Heimat zu entlassen, hier integriert werden sollen. Damit sei der Islam zur zweitstärksten Religion in Wien geworden. Kabas wandte sich gegen vorzeitige Einbürgerungen, die Doppelstaatsbürgerschaft und die Förderung von Vereinen, die eine multikulturelle Gesellschaft propagierten. StR. Herzog (FPÖ) ging kurz auf den "Wunsch" von GR Jerusalem (G) ein und verwies darauf, daß die rot-grüne- Bundesregierung in Deutschland einen Einwanderungsstopp verkündet habe. Die Österreicher würden, so Herzog, über die tatsächliche Ausländerpolitik ihrer Regierung getäuscht. Vor allem die Bosnienpolitik widerspreche in der Praxis den vorher gemachten Versprechungen nach Rückführung.

GR Smoliner (LIF) erklärte, die FPÖ-Argumente seien nicht neu. Die Freiheitlichen würden "Haß und Neid schüren" sowie Angst und Vorurteile unterstützen. Eine Dreiviertel-Mehrheit im Wiener Gemeinderat mache es sich dagegen eben nicht leicht: Hier gebe es einen Grundkonsens, daß Integrationspolitik immer für und nie gegen Menschen gemacht werden solle. Eine seriöse Diskussion über Integrationspolitik sei, so Smoliner, beim Tagesordnungspunkt des Integrationsfonds möglich, eine Diskussion über die vorliegende freiheitliche Parole lehne er ab. Auch GR Mag. Gabriele Hecht (LIF) betonte, daß eine Diskussion über das von der FPÖ bestimmte Thema nicht der Würde des Hauses entspräche. Die FPÖ schaffe eine Atmosphäre der Aggression, die ihr, Hecht, Angst mache. Vier Parteien des Wiener Gemeinderates seien an positiven Lösungen interessiert, unterstrich die Rednerin und wandte sich vehement gegen die Menschenverachtung der FPÖ.

Immer vor Wahlen, oder wenn der FPÖ die Themen ausgingen, komme das Ausländer-Thema, erklärte GR Mag. Maria Vassilakou (G). Sie selbst sei in Griechenland geboren und habe in Österreich eine zweite Heimat gefunden. Die FPÖ würde allen Menschen, die hier eine zweite Heimat gefunden hätten, diese rauben wollen. Auch die von der FPÖ ständig vorgenommene Unterscheidung von guten und bösen Ausländern sei absurd. Die multikulturelle Gesellschaft solle ein Zuhause für alle Menschen in dieser Stadt bieten. Der Weg dorthin biete verschiedene Ansätze. Wichtig sei dabei aber immer, daß den Menschen geholfen werde und sie nicht abgeschoben würden. Eine sachliche Debatte sei nur ohne Menschenverachtung möglich. GR Susanne Jerusalem (G) wünschte den FPÖ-Gemeinderäten, sie sollten irgendwann als Fremde im Ausland den Haiders oder Le Pens ausgeliefert sein. Der SPÖ warf sie vor, sie vollziehe einerseits die Wünsche der FPÖ in der Ausländerpolitik, andererseits prügle sie die FPÖ für ihre Forderungen.

GR Strobl (ÖVP) gab bekannt, daß die ÖVP vorgeschlagen habe, an dieser Debatte nicht teilzunehmen. Dieser Vorschlag sei aber am Grünen-Klubobmann Chorherr gescheitert, der, so Strobl, scheinbar grüne Profilierung suche. Der FPÖ warf Strobl eine "menschenverachtende Brunnenvergifter-Ideologie" vor. Die ÖVP werde sich an dieser Debatte nicht weiter beteiligen. Beim Tagesordnungspunkt des Integrationsfonds sei die Möglichkeit für eine sachliche Diskussion gegeben.

GR Schuster (SPÖ) verwies darauf, daß es in der Integrationspolitik bei vier Parteien zwar unterschiedliche Auffassungen, aber eine Gemeinsamkeit gebe: die Menschlichkeit. Die FPÖ habe außer Haß nichts zu bieten. Beim Krieg im ehemaligen Jugoslawien habe es tausende Tote gegeben, die FPÖ wolle nun die Flüchtlinge wieder dorthin zurückschicken. Es sei widerlich, den FPÖ-Argumenten zuhören zu müssen. Schuster hob die Arbeit des Integrationsfonds hervor, der mit seiner Arbeit wieder gutmachen müsse, was die FPÖ anrichte. GR Josefa Tomsik (SPÖ) wandte sich vehement gegen das Aufhetzen der Menschen durch die FPÖ. Die Geschichte habe gezeigt, was dadurch alles passieren könne. Auch Tomsik sprach von menschenverachtenden Reden der FPÖ und verwahrte sich gegen den Vorwurf, die SPÖ folge der FPÖ in weiten Bereichen der Ausländerpolitik.

GR Ing. Klopf (ohne Klubzugehörigkeit) erklärte, die Integrationspolitik sei ein ernstes Thema und kein Thema für Angst und Panikmache aus Gründen des Stimmenfangs. Klopf verwies in diesem Zusammenhang u.a. auch auf die Hilfsbereitschaft der Österreicher. (Forts.) js/be

(RK vom 28.01.1999)