Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.03.1999:
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Wiener Gemeinderat (13)

Wien, (OTS) GR Kurt Wagner (SPÖ) ersuchte den Gemeinderat, den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Bezüge, Gebühren und Honorare der Ärzte der Wiener städtischen Krankenanstalten sowie die Äußerung des Stadtsenates zur Kenntnis zu nehmen. Der Bericht wurde mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen. GR Mag. ...

Wien, (OTS) GR Kurt Wagner (SPÖ) ersuchte den Gemeinderat, den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Bezüge, Gebühren und Honorare der Ärzte der Wiener städtischen Krankenanstalten sowie die Äußerung des Stadtsenates zur Kenntnis zu nehmen. Der Bericht wurde mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

GR Mag. Alexandra Bolena (LIF) warf der Stadtverwaltung vor, die Kritik des Rechnungshofes zu ignorieren. Die bestehende Honorarregelung für die Ärzte der Wiener städtischen Spitäler gefalle dem LIF nicht, die Regierung solle sich der Kritik des Rechnungshofes unterwerfen.

GR Alessandra Kunz (G) bezifferte die Zusatzhonorare in den Spitälern auf mehr als eine halbe Milliarde. Es sei skurril, daß die Stadt Wien gar nicht wissen wolle, wie viel die bei ihr angestellten Ärzte dazuverdienen. Sie könne daher gar nicht überprüfen, ob diese Gelder richtig aufgeteilt werden. Die Zusatzhonorare schaffen eine Art Zweiklassenmedizin, meinte Kunz. Ob eine Behandlung früher oder später durchgeführt werde, hänge anscheinend oft vom Zusatzhonorar und nicht von der Schwere der Erkrankung ab. Wer zahlen könne, liege relativ gesund im 2-Bett- Zimmer, und wer nicht zahlen kann und schwer krank ist, liegt im 8-Bett-Zimmer. Viele Ärzte sagten, daß sie aufgrund ihrer Nebenbeschäftigungen keine Zeit für die nötige Qualitätssicherung hätten. Der Rechnungshofbericht stelle außerdem fest, daß das Zusatzhonorarsystem verfassungswidrig sei. Kunz forderte StR. Rieder auf, klare Worte zu den Vorfällen des sexuellen Mißbrauchs eines Behinderten im Haus der Barmherzigkeit zu finden.

GR Dr. Stix (ohne Klubzugehörigkeit) forderte das Rederecht des Rechnungshofpräsidenten im Gemeinderat. Zur Honorarpraxis meinte Stix, er verstehe, daß vor allem die Spitzenmediziner zusätzlich Geld verdienen wollen. Nicht nachvollziehbar sei für ihn, warum einige Ärzte ohne große internationale Forschungsleistungen überdurchschnittlich viel verdienen können.

GR Dr. Hahn (ÖVP) begrüßte es, daß die aktuelle Diskussion um die Ärztegehälter am "Runden Tisch" begonnen habe. Es dürfe nicht vorkommen, daß ein Turnusarzt mit Nachtdiensten mehr verdiene als ein Primar. Der Vorschlag, die Ärztegehälter auf das Niveau des Hanusch-Spitals zu erhöhen, sei nicht finanzierbar, das würde rund zwei Milliarden Mehrkosten erfordern. Ziel der Verhandlungen sollte das Prinzip sein: Ein Gehalt - ein Job. Hahn sprach sich außerdem dafür aus, die Arbeitszeit in den Spitälern besser über den ganzen Tag zu verteilen. Mehr Flexibilität im Spital bringe auch ein beachtliches Einsparungspotential.

GR Mag. Kowarik (FPÖ) sagte, die Sondergebühren in den Wiener Spitälern seien für die Ärzte sehr wichtig. Deren Entlohnung basiere auf der Drei-Säulen-Theorie: Gehalt, Patientenhonorare und freiberufliche Ordination. Die Ungerechtigkeit, daß nicht alle Primarii die gleichen Chancen auf Sonderhonorare haben, müsse beseitigt werden. Nach Meinung des Rechnungshofes, erinnerte GR Kowarik, sollten die Sondergebühren nur vom Spitalserhalter einkassiert werden.

Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp Rieder (SPÖ) wies die Kritik, daß die Stadt Rechnungshofberichte nicht ernst nehme, zurück. Bei der Frage der Sondergebühren gebe es unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen dem Rechnungshof und der Stadt Wien. Der Standpunkt der Stadt werde auch vom OGH mitgetragen. Es gebe auch eine wirtschaftspolitische Frage zu lösen: Private Krankenversicherungen lebten davon, daß ihre Kunden die Möglichkeit hätten, sich den Arzt ihres Vertrauens auszusuchen. Wenn die Wahl des Arztes verboten werde, so gingen die privaten Krankenversicherungen und die privaten Spitäler "quasi kaputt". In den städtischen Spitälern, so Rieder, seien 94 Prozent der Patienten in der allgemeinen Gebührenklasse, man könne nicht von einer Zwei-Klassen-Medizin sprechen. Die "illegale Kuvertmedizin" dürfe nicht gleichgesetzt werden mit den Zusatzgebühren. Bei den Gesprächen am "Runden Tisch" solle Schritt für Schritt eine Einigung erreicht werden, er wolle auch einen Ganztagesbetrieb im Spital sicherstellen und eine Umverteilung der Privathonorare erreichen. Zu dem "bedrückendem Vorfall" im Haus der Barmherzigkeit sagte Rieder, noch bedrückender sei für ihn die Reaktion der Führung des Hauses, sowohl die Kündigung der betroffenen Ärztin wie die Äußerungen des Ärztlichen Leiters. Er habe die MA 15 beauftragt, den Vorfall zu überprüfen. (Forts.) fk/rr

(RK vom 26.03.1999)