Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.03.1999:
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Wiener Gemeinderat (7)

Wien, (OTS) Die Gemeinderäte DDr. Eduard Schock (FPÖ) und Johann Römer (FPÖ) stellten an den Bürgermeister eine Dringliche Anfrage betreffend die steigende Arbeitslosigkeit in Wien. Unter anderem wurde der Bürgermeister nach den Maßnahmen gefragt, die er zur angekündigten Arbeitsplätzeschaffung setzen werde; wann der ...

Wien, (OTS) Die Gemeinderäte DDr. Eduard Schock (FPÖ) und Johann Römer (FPÖ) stellten an den Bürgermeister eine Dringliche Anfrage betreffend die steigende Arbeitslosigkeit in Wien. Unter anderem wurde der Bürgermeister nach den Maßnahmen gefragt, die er zur angekündigten Arbeitsplätzeschaffung setzen werde; wann der Wiener Wirtschaftsbeirat konkrete Ergebnisse vorlegen werde und wann diese in die Tat umgesetzt werden; ob er bereit sei, die öffentlichen Investitionen in den kommenden Jahren zu erhöhen; welche wirtschaftspolitischen Folgen es für Wien durch den Verbleib Klaus Werners als AMS-Chef gebe; und ob er bereit sei, eine Beteiligungsgesellschaft für die Wiener Wirtschaft zu schaffen.

In der Begründung der Dringlichen Anfrage stellte GR DDr. Schock (FPÖ) fest, der Bürgermeister habe bei seinem Amtsantritt 1994 die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung angekündigt, tatsächlich seien in den vier Jahren 20.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Es habe zahlreiche Initiativen gegeben, die alle gescheitert seien, und Wien sei bei den Beschäftigungszahlen das Schlußlicht unter den Bundesländern geworden. Es seien hausgemachte Ursachen, die Angriffe gegen AMS-Chef Klaus Werner seien ein billiges Ablenkungsmanöver. Da die öffentlichen Investitionen sinken, müßte das Privatkapital mobilisiert werden und den Investoren ein positives Klima geboten werden. Mit dem Griff in die Mottenkiste des Klassenkampfes, wie etwa der Drohung gegen Firmenchefs, könnten keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden.

In der Beantwortung der Dringlichen Anfrage erklärte Bgm. Dr. Häupl (SPÖ), die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stelle eine zentrale Aufgabe der Wiener Reformpolitik dar. Dieser Herausforderung habe sich die Wiener Stadtregierung u.a. durch die Schaffung des ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds im Jahr 1995 und erst jüngst wieder durch die Verabschiedung eines Territorialen Beschäftigungspaktes für Wien im Rahmen des gesamtösterreichischen NAPS sowie durch die Inangriffnahme einer Reihe strategischer Projekte gestellt. Entschieden wies er die Kritik der Freiheitlichen zurück, durch die bisherigen Maßnahmen sei die Arbeitslosigkeit nur verwaltet worden.

Als städtischer Wirtschaftsstandort ist Wien einem Strukturwandel ausgesetzt und die Abwanderung bestimmter Produktionsbetriebe sei nicht zu verhindern. Wichtig sei es aber, in zukunftsorientierten innovativen Branchen neue Unternehmungen anzusiedeln, wie es etwa beispielhaft in der Telekom-Branche gelungen sei. Trotz angespannter Budgetlage konnten die öffentlichen Investitionen Wiens auf einem sehr hohen Niveau gehalten werden. Zu den von der FPÖ gestellten Fragen im Einzelnen meinte der Bürgermeister u.a., daß viele Maßnahmen des Territorialem Beschäftigungspaketes bereits mit Jahresbeginn 1999 implementiert wurden. Ob es tatsächlich in absoluten Zahlen zu einer Senkung der Arbeitslosigkeit kommt, hänge aber wesentlich von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ab, auf die Wien sehr beschränkt Einfluß hat. Zur Frage des Wirtschaftsbeirats und des Sonderbeauftragten in Wirtschaftsfragen sagte der Bürgermeister, seine Aufgabe sei es, strategisch orientierte mittel- und langfristige Konzepte für den Wirtschaftsstandort Wien zu erarbeiten. Erste Umsetzungsschritte seien für die zweite Hälfte 99 angestrebt. Zur Frage der Erhöhung der öffentlichen Investitionen betonte der Bürgermeister, daß die Steuerreform 2000 darauf ausgerichtet sei, das für Konsumausgaben zur Verfügung stehende Volumen zu erhöhen und Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft zu setzen. Wien werde daher durch die Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt, die das Paket auslösen werde, überdurchschnittlich profitieren. Weiters meinte der Bürgermeister, er habe den Wiener AMS-Chef Klaus Werner nicht für die Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht, aber sehr wohl für das Nichtfunktionieren des Arbeitsmarktservices. Er erwarte, daß das AMS-Wien die im Jänner 99 einstimmig beschlossenen Maßnahmen zügig in Angriff nehme, so daß es für Arbeitssuchende und Unternehmen auch tatsächlich als Dienstleistungsbetrieb wahrgenommen werde.

Zur Idee einer Beteiligungsgesellschaft für Wien stellte der Bürgermeister fest, daß eine solche Einrichtung des Wiener Risikokapitalfonds seit 1997 existiert. Bei einem Grundkapital von 250 Millionen Schilling gab es bis heute mit 18 Beteiligungsprojekten einen Kapitalzufluß von 60 Millionen Schilling für Wiener Unternehmen. Er sei auch durchaus bereit, eine Ausweitung zu diskutieren.

In der Debatte der Dringlichen Anfrage stellte GR Dr. Alkier (LIF) fest, daß, wenn alle Vorschläge von Klaus Werner umgesetzt worden wären, das AMS funktionieren würde. Die Umsetzung sei von der SPÖ bzw. den Gewerkschaften verhindert worden, Klaus Werner werde jetzt als Sündenbock herausgehängt. Da die Investitionsquote in den letzten fünf Jahren dramatisch gesunken sei, wäre eine vernünftige Budget- und Finanzpolitik notwendig, die wieder mehr Investitionen sichert. Weiters sollte der Flexibilisierung der Öffnungszeiten wieder mehr Augenmerk geschenkt werden, da dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.

GR Susanne Jerusalem (G) rechnete vor, daß Wien tatsächlich unter einer sehr hohen Arbeitslosenrate leide, gleichzeitig aber auch um 6.103 mehr Beschäftigte gezählt wurden. Das Problem in Wien sei daher nicht das Abhandenkommen der Arbeitsplätze, sondern daß immer mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt drängen. Probleme sehe sie vor allem bei den stark steigenden Zahlen der geringfügig Beschäftigten und auch bei den Arbeitslosen, die über 50 Jahre alt sind. Selbst unter günstigsten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sei für 1999 nur zu erwarten, daß die Arbeitslosenrate nur ganz leicht steigt, bzw. marginal sinkt. Sie erwarte daher vom Bürgermeister für 1999 ein Maßnahmenpaket, vor allem für Frauen, geringfügig Beschäftigte, Niedriglohnempfänger, Personen mit Erziehungsverpflichtungen und ältere Arbeitnehmer. (Forts.) end/rr

(RK vom 26.03.1999)