Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 17.12.1999:
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Wiener Gemeinderat (2)

Wien, (OTS) Auf Verlangen der Grünen lautete das Thema der Aktuellen Stunde "Intransparenz, Vertuschung und Entmündigung des Gemeinderats: Das Prinzip der SP/VP-Koalition bei der Subventionierung von Vereinen". GR Mag. Christoph Chorherr (G) begründete das Thema mit dem Hinweis, dass der Wiener Gemeinderat jährlich ...

Wien, (OTS) Auf Verlangen der Grünen lautete das Thema der Aktuellen Stunde "Intransparenz, Vertuschung und Entmündigung des Gemeinderats: Das Prinzip der SP/VP-Koalition bei der Subventionierung von Vereinen".

GR Mag. Christoph Chorherr (G) begründete das Thema mit dem Hinweis, dass der Wiener Gemeinderat jährlich mehr als eine Milliarde Schilling an Vereine ausschütte. Der Großteil dieser Vereine stehe den Koalitionsparteien nahe. Es gelte das Prinzip der "Vertuschung" und "Geheimhaltung", um diesen Vereinen Geld "zuzuschieben". Am Beispiel des Vereins "Zukunft Wien" kritisierte Chorherr, dass Vbgm. Görg dessen Präsident sei, andere Vereine, die der SPÖ nahe stehen, führten für die SPÖ den Wahlkampf. Nach den Vorstellungen der Koalition sollte ein Gemeinderat nicht einmal anfragen dürfen, sagte GR Kenesei. In den Akten fehlten oft die Hinweise über Statuten und Personen in den jeweiligen Vereinen. Es gebe oft "halbe Unterlagen". Er forderte mehr Transparenz bei der Vergabe von Subventionen.

Seit Jahren fordere der Rechnungshof einen Subventionsbericht und Subventionsrichtlinien, sagte GR Dr. Wolfgang Alkier (LIF). Die Stadt negiere das und behaupte, die Erstellung eines derartigen Berichtes sei eine nicht vertretbare Verwaltungsmehrbelastung, was der Redner angesichts der computerunterstützten Verwaltung bezweifelte. Auch sei es wichtig, einen Bericht über abgelehnte Subventionsansuchen vorzulegen. GR Marco Smoliner (LIF) verwies darauf, dass es Beamte gäbe, die Subventionsanträge selbst schrieben und dann auch selbst darüber entschieden, ob die Vorlage dem Gemeinderat weitergeleitet werde. "Wir wollen auch wissen, wer nichts bekommt, der angesucht hat".

GR Dr. Andreas Salcher (ÖVP) bezeichnete die Vorwürfe der Grünen als "leere Luftballons". Jedem halbwegs Interessierten sei bekannt, wie und wo man die Mitglieder der Präsidien und Vorstände der Vereine eruieren könne. Die Vereine leisteten gute Arbeit für den Magistrat, Vereinsstrukturen seien oft flexibler als Magistratsdienststellen, daher würden solche Vereine benötigt. Zu den weiteren Vorwürfen der Grünen meinte der Redner, "Halbwahrheiten seien die klügsten Lügen". GR Prof. Walter Strobl (ÖVP) meinte, für ihn sei eine "Vertuschung" nicht nachvollziehbar. Mehr als 90 Prozent aller Subventionsansuchen würden mehrheitlich, auch koalitionsübergreifend, angenommen. In den Akten seien alle wesentlichen Positionen für jeden Gemeinderat einsehbar, die Kontrolle sei gegeben und sei auch möglich.

GR Mag. Hilmar Kabas (FPÖ) forderte mehr Transparenz bei der Subventionsvergabe. Er bezeichnete das System als unhaltbar, da es besonders im Kulturbereich "Abhängigkeiten" produziere. Er forderte einen umfassenden Subventionsbericht an den Gemeinderat und sprach von "Freunderlwirtschaft" und "Verfilzung". Es gehe nicht darum, das Vereinswesen in Frage zu stellen, betonte Dr. Wilfried Serles (FPÖ), aber dort, wo öffentliche Mittel vergeben würden, müsste auch eine öffentliche Kontrolle durch das Kontrollamt möglich sein. Er warf der Koalition vor, sie wolle in Wirklichkeit keine öffentliche Kontrolle. Die Koalitionsparteien versuchten, über ihre Vorverbände und parteinahen Institutionen die Partei zu finanzieren.

Jedes Ausschussmitglied, jeder Gemeinderat habe volles Einschaurecht in die Akten, sagte GR Friedrich Strobl (SPÖ). Im Ausschuss könne jederzeit über jede Subvention diskutiert werden, er verstehe daher die Kritik nicht. Der Magistrat bereite die Akten für den Ausschuss und den Gemeinderat vor, wobei der Magistrat dabei darauf achte, dass die jeweiligen Vereine den Nachweis über die Mittel vorlegen könnten. GR Christian Oxonitsch (SPÖ) verwies darauf, dass viele Projekte und Aktivitäten von der Stadt selbst nicht durchgeführt werden könnten. Für ihn gehe es immer darum, ob das Projekt einen Nutzen für die Allgemeinheit habe, ob es grundsätzlich wichtig und richtig, und ob der Aufwand vertretbar sei. Darüber gebe es in den Ausschüssen oft interessante Diskussionen.

GR Dr. Rüdiger Stix (ohne Klubzugehörigkeit) meinte, ein Subventionsbericht wie der des Bundes sei in Wien nicht möglich. Er dankte Vbgm. Dr. Bernhard Görg (ÖVP) und StR. Fritz Svihalek (SPÖ), dass diese ganz offen über Subventionsvergaben informierten. Das sei aber leider nicht institutionalisiert. (Forts.) fk/vo

(RK vom 17.12.1999)