Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 04.05.2000:
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Wiener Gemeinderat (4)

Wien, (OTS) Zum Antrag auf Gründung der Wiener Stadtentwicklungs-Holding GesmbH. mit einer Stammeinlage von 5,5 Millionen Schilling kam von den Liberalen eine skeptische Reaktion. "Die Ausgliederung einer Gesellschaft bedeutet immer, dass die politische Kontrolle durch die Opposition nicht mehr gegeben ist", ...

Wien, (OTS) Zum Antrag auf Gründung der Wiener Stadtentwicklungs-Holding GesmbH. mit einer Stammeinlage von 5,5 Millionen Schilling kam von den Liberalen eine skeptische Reaktion. "Die Ausgliederung einer Gesellschaft bedeutet immer, dass die politische Kontrolle durch die Opposition nicht mehr gegeben ist", kritisierte GR Mag. Michaela Hack (LIF). Der Proporz werde fortgeführt, da mehr als ein Geschäftsführer vorgesehen sei. Die Notwendigkeit zur Gründung der neuen Holding sei nur deshalb gegeben, weil die derzeitige Betriebsansiedlungsgesellschaft - der WWFF und seine Tochterfirma - ihre Aufgaben nicht oder nur unzureichend erfüllte. Weil man nicht den Mut hat, den WWFF aufzulösen oder seinen Aufgabenbereich zu beschränken, gründe man jetzt eine zweite Struktur. Das sei eine typische Wiener Lösung, so GR Mag. Hack.

Auch GR Günter Kenesei (G) kritisierte den Antrag zur Gründung der neuen Holding. Dafür gebe es nur einen Grund: Bei der Grundstücksvergabe in der rathäuslichen Farbenvergabe rot-schwarz vorzugehen. Die Tochterfirma ISTEG des WWFF habe fast die wortidente Funktion wie die neu zu gründende Holding. Es könne sich also nur um eine Postenbeschaffung handeln. Er verstehe nicht, was die "Wiener Stadtentwicklungs-Holding GesmbH." besser oder schneller machen könne als WWFF oder ISTEG. Somit müsse künftig der WWFF im internationalen Wettbewerb in Konkurrenz mit der Holding treten. "Ob das ein gutes Bild von Wien ergibt, sei dahingestellt", so Kenesei.

GR DI Dr. Herlinde Rothauer (ÖVP) bemühte sich, über den Aufgabenbereich der Holding aufzuklären. Die ISTEG habe allein den Zweck, die technische Durchführung der Infrastrukturaufschließung vom WWFF angebotener Betriebsansiedlungsgebiete durchzuführen. Weder WWFF noch ISTEG betrieben qualifizierte Stadtentwicklung. Die Holding hingegen solle Gebiete, die ganzheitlich zu entwickeln sind, wie zum Beispiel St. Marx oder Prater, zugewiesen bekommen. Sie solle weg von der passiven Flächenwidmung zur aktiven Mitgestaltung führen.

Stadterweiterung und Strukturerweiterungen seien in letzter Zeit auf der Strecke geblieben, kritisierte StR. Walter Prinz (FPÖ). Die Neugründung dieser Holding sei besonders peinlich für Stadtrat Görg, dem somit das Zepter der Stadtplanung aus der Hand genommen werde. Stadträtin Ederer werde nun alle Fäden ziehen und so hätte Wien wieder ein SPÖ-Unternehmen mit schwarzer Beteiligung.

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) warf der Opposition vor, über Eier zu gackern, die noch nicht gelegt worden seien. Die neue Holding solle dafür sorgen, dass die Stadtentwicklungspläne gezielt und strukturiert umgesetzt würden. Weitere Aufgabenbereiche seien Investorensuche und Nutzung von Synergien zwischen den einzelnen Entwicklungsgesellschaften, die es bereits gibt. "Die Gesellschaft ist eine große Chance für Wien und wird sich gut am Markt bewähren können", so GR Reindl.

Abstimmung: Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Debatte um Neugestaltung beim Bahnhof Wien-Mitte

Um das Areal des Bahnhofs Wien-Mitte und die geplanten Neubauten ging es bei der Debatte um den Flächenwidmungsplan für das entsprechende Gebiet.

Hier handle es sich eigentlich um die Abänderung des ursprünglichen Projektes von Architekt Ortner, stellte GR Mag. Michaela Hack (LIF) fest. Diese Endlosgeschichte sei mittlerweile zu einer Diskussion über die Geschmacksfrage, ob man Hochhäuser wolle oder nicht, verkommen. Gefordert seien deshalb nachvollziehbare Kriterien, ob und wo eine Stadt Hochhäuser verträge. Gerade im Areal des Bahnhofes Wien-Mitte seien seitens der Stadtplanung viele Fehler gemacht worden. Ein weiterer Kritikpunkt sei auch die ungeklärte Verkehrssituation. Der Bahnhof Wien-Mitte sei nicht für dieses zusätzliche Verkehrsaufkommen gerüstet.

Dilettantische Vorgangsweise warf auch GR Mag. Christoph Chorherr (G) dem Planungsstadtrat Görg vor. Er hätte gemeinsam mit den Anrainern einen Notariatsakt unterzeichnet, in dem von einer Bauhöhe von 65 Metern die Rede gewesen sei. Jetzt wolle man 97 Meter hoch bauen. Zudem habe Görg in letzter Minute noch Änderungen im Flächenwidmungsplan vorgenommen. So sei die Baufluchtlinie wieder in Richtung Häuser verschoben und auch die Bauhöhe hinaufgesetzt worden. "Und das nach jahrelangen Verhandlungen mit den Bewohnern, die sich zu Recht hintergangen fühlen", so Chorherr. Auch die geplante Verbauungsdichte könne nur im Interesse der Bauträger sein, denn die Infrastruktur rund um den Bahnhof Wien-Mitte vertrage nur begrenzt eine derartige Dichte. Dieser Flächenwidmungsplan sei ein Symbol für eine verfehlte Stadtplanung. (Forts.) spe/rr

(RK vom 04.05.2000)