Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.11.2001:
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Wiener Gemeinderat (8)

Wien (RK). GR Dr. Andreas Salcher (ÖVP) begründete die Dringliche Anfrage. Es gehe um einen Besetzungsskandal. Bereits mehrere Stunden vor der Entscheidung der Jury habe der Kulturstadtrat Hans Gratzer angerufen, um ihm zu sagen, er bekomme den Direktorposten in der Josefstadt. Gratzer habe dies in Medien bestätigt, ...

Wien (RK). GR Dr. Andreas Salcher (ÖVP) begründete die Dringliche Anfrage. Es gehe um einen Besetzungsskandal. Bereits mehrere Stunden vor der Entscheidung der Jury habe der Kulturstadtrat Hans Gratzer angerufen, um ihm zu sagen, er bekomme den Direktorposten in der Josefstadt. Gratzer habe dies in Medien bestätigt, der Kulturstadtrat verneine dieses. Er wolle die Wahrheit wissen, so Salcher.

In der Theaterszene rumore es ob dieses Vorganges. Zitate aus den verschiedensten Medien bewiesen dieses. Kulturstadtrat DDr. Paul Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) habe, so Salcher, in der Josefstadt und im Rabenhoftheater ein Chaos angerichtet. Beim Rabenhoftheater, das einem SPÖ-Parteigänger vor der Wahl versprochen worden sei, habe es eine "scheinbare Ausschreibung" gegeben.

Die Volkspartei stelle keinen Misstrauensantrag, sie wolle vom Kulturstadtrat die Wahrheit wissen. Die Ausrede, die Bundesregierung sei schuld, gelte hier nicht.

Die Fragen der ÖVP gäben ihm die Chance, Verzerrtes zurecht zu rücken, sagte Kulturstadtrat DDr. Paul Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). In nur einem halben Jahr sei es ihm gelungen, Probleme zu lösen, die sein Vorgänger lange liegen gelassen habe. Er nannte die Josefstadt, das Rabenhoftheater, die Freie Bühne Wieden und das Kindertheater. Nur innerhalb weniger Monate sei es ihm gelungen, eine grundlegende Änderung der Wiener Theaterlandschaft zu erzielen. Auch Frauen seien in leitende Funktionen des Theaterlebens gerufen worden.

Bei der Josefstadt habe er eine Ausschreibung für einen neuen Anfang für vernünftig gehalten. Beim Rabenhof hätte die Jury einige Projekte als nicht finanzierbar bezeichnet. Es habe keine Absprache, kein Chaos und keine Parteipolitik gegeben. Er sei für offene transparente Verfahren, die Entscheidung müsse aber letztlich die Politik treffen.

Die Kürzungen die die Bundesregierung im Kulturbereich durchgesetzt habe, hätten die Darstellende Kunst in Wien schwer getroffen. Rund 50 Millionen Schilling fehlten an allen Ecken und Enden. Dem habe die Stadt Wien als richtige Antwort das höchste Kulturbudget gegeben, das es je gab.

Auf die Fragen sagte der Kulturstadtrat, die Bestellung des künstlerischen Leiters sei Angelegenheit der zuständigen Organe der Josefstadt Ges.m.b.H.. Er habe Bürgermeister Häupl rechtzeitig informiert. Die Jury sowie deren Vorsitzender hätten die Regeln selbst definiert. Er habe im Fall Rabenhof keine Weisungen erteilt und keine parteipolitischen Versprechungen gegeben.

GR Marie Ringler (G) meinte, es sei etwas vorgefallen, mit dem sich die Gremien auseinander setzen müssten. So dürfe es nicht weitergehen. Die Josefstadt sei ausgeschrieben worden, Bewerber hätten sich gemeldet, und erst nachher sei die Jury bestellt worden. Das sei seltsam. Ähnliches sei im Rabenhof vorgefallen. Das Ganze habe eine sehr seltsame Optik. Man müsse daran denken, wie symbolisch wichtig Theaterdirektorenbestellungen in Wien seien. Sie erinnerte daran, dass in nächster Zeit weitere Direktorenbestellungen bevor stehen, etwa bei den Vereinigten Bühnen Wien und beim Historischen Museum.

GR Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ) erinnerte an den "Ensemble-Gedanken" in der Josefstadt. Dieses Theater habe ein Stammpublikum, daher hätte man ein Mitglied des Ensembles bevorzugen sollen. Dass eine Person, die sich nicht einmal beworben hatte, zunächst bevorzugt worden sei, habe viele verwundert. Ob Hans Gratzer für das bürgerliche Traditionstheater der geeignete sei, werde sich zeigen. Die ersten Äußerungen der neuen Leute im Rabenhoftheater ließen einiges befürchten. Insgesamt meinte die Rednerin, seien die Bestellungen verunglückt. Es war entweder "ungeschickt" oder "beinharte totalitäre Kulturpolitik". Um diesen Makel loszuwerden, müsse der Kulturstadtrat dafür sorgen, dass die nächsten Bestellungen "makellos" sein werden. (Forts.) fk/vo

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(RK vom 21.11.2001)