Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 14.12.2001:
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Wiener Gemeinderat (11)

Wien (RK). Kritik äußerte GR Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ) am Antrag zur Erhöhung des Sachkredites für den Judenplatz um 7,8 Millionen Schilling. Die Kosten für das Projekt hätten sich mittlerweile verdreißigfacht. Sie brachte einen Antrag zur Prüfung der Kostenentwicklung als auch zur Prüfung der Gründe für die ...

Wien (RK). Kritik äußerte GR Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ) am Antrag zur Erhöhung des Sachkredites für den Judenplatz um 7,8 Millionen Schilling. Die Kosten für das Projekt hätten sich mittlerweile verdreißigfacht. Sie brachte einen Antrag zur Prüfung der Kostenentwicklung als auch zur Prüfung der Gründe für die Kostenexplosion ein, der an den Kontrollausschuss zugewiesen werden möge.

GR Dr. Andreas Salcher (ÖVP) merkte an, dass seine Partei der Zuweisung zustimmen werde, obwohl sie nicht mit den Gründen der FPÖ übereinstimme. Die ÖVP wolle beweisen, dass sie bereit sei, auch Projekte, die unter ihrer Regierungsbeteiligung verwirklicht wurden, vom Kontrollamt prüfen zu lassen.

GR Dr. Michael Ludwig (SPÖ) wies darauf hin, dass das Projekt Judenplatz ein völlig anderes als das ursprünglich geplante sei. Durch die Entdeckung der mittelalterlichen Synagoge wurde eine Neukonzeptionierung notwendig. Das ursprünglich geplante Mahnmal wurde durch Museen, das Misrachi-Haus, umfassende Dokumentationen als auch die Besichtigungsmöglichkeit der Ausgrabungen erweitert. Aus dieser Sicht sei der erhöhte Kostenaufwand durchaus argumentierbar.

Abstimmung: Mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Zuweisung an den Kontrollausschuss wurde ebenfalls mit Stimmenmehrheit angenommen.

Dreijahressubvention für die Kunsthalle Wien in der Höhe von je 55 Millionen Schilling

Eine Anbiederung an den Subventionsgeber Stadt Wien warf GR Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ) der Direktion der Kunsthalle im Zusammenhang mit der Vergabe der Dreijahressubvention vor. Es sei eine Pflichtübung gewesen gegen Blau-Schwarz aufzutreten. Die "Kunst der Stunde" sei der "Widerstand" gewesen. Direktor Gerald Matt sei für den Transport des linken Weltkunstbildes mit der Verlängerung seines Vertrages ohne Ausschreibung belohnt worden.

Kulturstadtrat DDr. Paul Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) berichtigte den Vorwurf seiner Vorrednerin: "Ich bin gar nicht in der Lage, diesen Vertrag zu verlängern und habe keinerlei Möglichkeiten dies zu tun." Seines Wissens sei die Vertragsverlängerung von der Stiftung ausgegangen.

Abstimmung: Mit Stimmenmehrheit angenommen.

Akontozahlung, Subvention und Zusatzsubvention für das österreichische Dokumentationsarchiv

Voller Zustimmung äußerte sich GR Waltraud Cecille Cordon (G) über die Arbeit des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes. Es sei unsere Schuldigkeit gegenüber den Opfern, seine Tätigkeit zu unterstützen. Leider sei das Kapitel des Rechtsextremismus auch in der Gegenwart noch nicht abgeschlossen. So lange Politiker noch immer in die tiefste antisemitische Schublade greifen würden, um Wahlen zu gewinnen, so lange sei es wichtig, diese Institution zu fördern. GR Cordon brachte den Zusatzantrag ein, dass die jetzt in Berlin gezeigte Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" auch nach Wien gebracht werden sollte.

GR Mag. Harald Stefan (FPÖ) kritisierte, dass jede Diskussion über Geschichte so geführt werde, dass Kritiker des Dokumentationsarchives sich außerhalb des Verfassungsbogens befänden. Es gäbe Bereiche wo sich das Dokumentationsarchiv tatsächlich mit Aufarbeitung der Geschichte befasse. Doch vielfach konzentriere es sich hauptsächlich auf die Bekämpfung von Rechtsextremismus und vermeintlichem Rechtsextremismus in der FPÖ. Diese Organisation verdiene daher keine Unterstützung aus öffentlicher Hand. Die FPÖ stehe auch dem Antrag der Grünen kritisch gegenüber, weil man nicht mehr über die Ausstellung wisse.

GR Dr. Michael Ludwig (SPÖ) betonte das große Ansehen des Dokumentationsarchives in aller Welt. Die Arbeit bestehe aber nicht nur aus der Beschäftigung mit Rechtsextremismus, sondern es gebe auch ein umfassendes Werk über Emigranten und Kommunismus. Besonders erwähnenswert seien aber 62.000 Biographien österreichischer Juden und Jüdinnen, die in der NS-Zeit ermordet wurden. Hier handle es sich nicht um eine nackte Datensammlung, sondern die Biographien ließen die Menschen wieder auferstehen. Ludwig plädierte dafür, die nun in Berlin zu sehende Wehrmachtsausstellung, ebenfalls in Wien zu zeigen.

Auch GR DI Martin Margulies (G) sprach sich für das Zeigen der Ausstellung aus. Wenn die Schau in Berlin gezeigt werde und es zur größten rechtsextremistischen Demonstration dagegen gekommen ist, zeige dies die Wichtigkeit, auch in Wien diesen Weg zu gehen. Wien solle die Chance nicht versäumen, aus der Geschichte zu lernen. Zudem äußerte sich Margulies lobend darüber, dass heute erstmals dieses Thema ohne rechtsextremistische Untertöne im Gemeinderat diskutiert wurde.

GR Dr. Andreas Salcher (ÖVP) stellte fest, dass die ÖVP dem Zusatzantrag der Grünen nicht zustimmen werde. Die Abhaltung der Ausstellung in Wien sei einzig und allein eine Angelegenheit der Intendanten und Museumsdirektoren. Sie hätten zu entscheiden, ob und wo diese Ausstellung stattfinden solle. Der Gemeinderat könne sich nicht einfach etwas wünschen. Salcher sei der Meinung, dass Wien auch diesmal gut beraten wäre, nicht nur aus Medienberichten über die Ausstellung zu erfahren. (Forts.) spe/vo

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(RK vom 14.12.2001)