Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.03.2002:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Wiener Gemeinderat (2)

Wien (RK). GR Komm.Rat Rudolf Klucsarits (ÖVP) wollte von Umweltstadträtin DI Isabella Kossina (SPÖ) wissen, wann das geplante Wiener Besucherzentrum für den Nationalpark Donau-Auen in Angriff genommen werde. Die Umweltstadträtin sagte, dies werde im März der Fall sein, es sei auch geplant Besucherlenkungsmaßnahmen ...

Wien (RK). GR Komm.Rat Rudolf Klucsarits (ÖVP) wollte von Umweltstadträtin DI Isabella Kossina (SPÖ) wissen, wann das geplante Wiener Besucherzentrum für den Nationalpark Donau-Auen in Angriff genommen werde. Die Umweltstadträtin sagte, dies werde im März der Fall sein, es sei auch geplant Besucherlenkungsmaßnahmen durchzuführen. Die Dotierung des Altarmes Lobau werde von namhaften Wissenschaftern untersucht.

Debatte über Einsetzung einer Untersuchungskommission

GR Günter Kenesei (G) begann die Debatte über die Einsetzung einer Untersuchungskommission und begründete den Antrag.

Voller Text des Antrages

Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission des Gemeinderates Günter Kenesei und FreundInnen (GRÜNE), des Gemeinderates Wilfried Serles und KollegInnen (FPÖ), des Gemeinderates Gerhard Pfeiffer (ÖVP), eingebracht am 27.2.2002, betreffend "Praxis der Wiener Flächenwidmungen".

Begründung: Aufgrund von Hinweisen der Grünen unterzog das Kontrollamt der Stadt Wien Vorgänge im Bereich der Widmungspraxis der Stadtplanung innerhalb der Magistratsabteilung (MA) 21B einer eingehenden Prüfung. Dabei wurden schwerwiegende Mängel festgestellt. Zur ausführlichen Beschreibung der aktuellen Missstände verweisen die UnterzeichnerInnen auf die beiliegenden Kontrollamtsberichte KA v - 21B - 1-5/01.

Das Kontrollamt gelangte insbesondere zur Auffassung, dass:

  • Stadtplanerische Leitlinien und übergeordnete städtebauliche
    Konzepte wie der Stadtentwicklungsplan, Grünraumplan, Ortsbild-
    und Dichtefragen, etc... wissentlich missachtet wurden, um
    "Anlasswidmungen zu Gunsten Dritter" durchzuführen.
  • Dem Gemeinderat Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zur
    Beschlussfassung "unter Inkaufnahme bedenklicher
    Verfahrensschritte" und durch "die Vortäuschung einer
    sachlichen Rechtfertigung" und mittels einer "gesetzeswidrigen
    Vorgangsweise" "und unter bewusst einseitiger, unvollständiger
    - teilweise sogar unrichtiger - Berichterstattung", vorgelegt
    wurden.

In einer Entgegnung im Kontrollamtsbericht behauptet die Magistratsabteilung (MA) 21B:

  • "... Dass die Angelegenheit magistratsweit den übergeordneten
    Dienststellen und den politischen Entscheidungsträgern nicht
    bekannt war, wäre wohl eine mehr als kühne Behauptung..."

Die gefertigten GemeinderätInnen stellen daher gemäß § 59aWStV folgenden ANTRAG:

Auf Einsetzung einer Untersuchungskommission zur Klärung der Praxis von Flächenwidmungs- und Bebauungsplanungsverfahren in Wien, zur Klärung der politischen Verantwortung für nicht verfahrenskonforme sowie rechtswidrige Flächenwidmungs- und Bebauungsplanungsverfahren und insbesondere zur Überprüfung der Unregelmäßigkeiten bei einschlägigen Verfahren der MA 21.

Gegenstand der Tätigkeit der Untersuchungskommission ist insbesondere:

I) Die genaue Aufklärung des Zustandekommens von Unregelmäßigkeiten bei Flächenwidmungs- und Bebauungsplanungsverfahren, insbesondere durch

1. Ergänzende Untersuchung der 5 (fünf) vom Kontrollamt geprüften Fälle, vor allem hinsichtlich der zeitlichen Zusammenhänge unter Beiziehung aller von diesen Verfahren betroffenen Dienststellen und Personen

2. Ergänzende Untersuchung weiterer nicht verfahrenskonform abgewickelter Fälle der Abteilungen MA 21A, B, sowie der ehemaligen Abteilung C, vor allem hinsichtlich der zeitlichen Zusammenhänge unter Beiziehung aller von diesen Verfahren betroffenen Dienststellen und Personen;

3. Untersuchung der Frage, welche der politischen Entscheidungsträger, leitenden Magistratsbeamten, sowie Vorgesetzten vor dem Vorliegen des Kontrollamtsberichtes Kenntnisse über die Unregelmäßigkeiten in der MA 21B hatten;

4. Untersuchung der Frage, welchen Beitrag die politischen Entscheidungsträger, leitenden Magistratsbeamten, sowie Vorgesetzten zur Aufklärung dieser Unregelmäßigkeiten geleistet haben;

5. Genaue Darstellung der Nutznießer und Profiteure von Unregelmäßigkeiten bei Flächenwidmungs- und Bebauungsplanungsverfahren durch Abteilungen der MA 21;

6. Genaue Klärung der Mitverantwortung von MitarbeiterInnen in der MA 21;

7. Genaue Klärung der Frage, ob, durch wen und nach welchen Vorgaben, magistratsintern neben den Prüfungen des Kontrollamtes Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auf deren Korrektheit überprüft wurden, bzw. in Zukunft überprüft werden;

8. Genaue Klärung der rechtlichen Konsequenzen (zum Beispiel Aufhebung, Schadenersatz, etc....) von Verfahren, die nicht rechtmäßig abgewickelt wurden;

II) Die Untersuchung der Verantwortung für die Fehlleistungen des ehemaligen Abteilungsleiters der MA 21B:

1. Genaue Klärung der Hintergründe der Bestellung von DI W. Vokaun zum Abteilungsleiter der MA 21B, sowie Klärung der Umstrukturierung der MA 21;

2. Genaue Untersuchung der Frage, ob der ehemalige Abteilungsleiter der MA 21B im Zusammenhang mit Flächenwidmungen Gegenleistungen zum persönlichen Vorteil erhalten hat, bzw. aufgrund welcher Motive er gehandelt hat;

3. Genaue Klärung der Frage, in welcher Funktion der ehemalige Abteilungsleiter der MA 21B an der Immobilienmesse MIPIM 2001 in Cannes teilgenommen hat und wer die angefallenen Kosten übernahm;

4. Genaue Klärung der Sachlage bezüglich der Vereinbarkeit der Funktion des Abteilungsleiters der MA 21B und allfälliger nebenberuflicher Aktivitäten, wie bspw. Konsulententätigkeiten;

     . Klärung der Frage, ob es sich bei allfälligen Nebentätigkeiten des DI W.

Vokaun um erlaubte Nebenbeschäftigungen im Sinne der dienstrechtlichen Vorschriften handelte.

III) Die Aufklärung der politischen Verantwortung für nicht verfahrenskonforme sowie rechtswidrige Flächenwidmungen:

1. Genaue Klärung des Wissensstandes der politischen Entscheidungsträger über allfällige nebenberufliche Aktivitäten, wie Konsulententätigkeiten des vormaligen Abteilungsleiters der MA 21B;

2. Genaue Klärung der Frage, zu welchem Zeitpunkt die verantwortlichen Politiker die Entwürfe des Prüfungsberichtes des Kontrollamtes erhalten hhaben und welche Maßnahmen si daraufhin gesetzt haben;

3. Genaue Klärung der Frage, wer, wann, auf Grund welcher Tatsachen beurteilt hat, dass im Zusammenhang mit der Kritik des Kontrollamtes am ehemaligen Abteilungsleiter der MA 21B keine strafrechtliche relevanten Tatsachen vorliegen; (Zitat Standard, 19.2.2002, Stadtrat Schicker)

4. Genaue Klärung der Hindergründe der Aussage über "politische Signale" im Zusammenhang mit der geplanten Umwidmung von Grünland in Bauland beim Atzgersdorfer Friedhof; (Zitat Kurier, 31.8.2000, Dir. Wöhrer (Wien Süd) "Es hat politische Signale gegeben, dass eine Umwidmung möglich ist.")

5. Genaue Klärung der Stellungnahme der MA 21B im Kontrollamtsbericht: "....Dass die Angelegenheit magistratsweit den übergeordneten Dienststellen und den politischen Entscheidungsträgern nicht bekannt war, wäre wohl eine mehr als kühne Behauptung..."; (Zitat Kontrollamtsbericht KA V-21B-3/01 S. 61)

6. Genaue Klärung der Frage wer, wann, auf Grund welcher Tatsachen veranlasst hat, dass der ehemalige Abteilungsleiter der MA 21B, während eines angeblich laufenden Disziplinarverfahrens unter welchen besonderen Bedingungen, (wie Sonderzahlrungen, Stufen, Jubiläumsgeld, etc...) vorzeitig in den Ruhestand geschickt wurde, inklusive Klärung des Zeitpunktes des Pensionsantrittes, sowie des Zeitpunktes der Einleitung des Disziplinarverfahrens;

IV) Die Untersuchung allfälliger weiterer Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne der MA 21, die sich im Zuge der Tätigkeit der Untersuchungskommission ergeben.

Die Debatte

GR Günter Kenesei (G) sprach von einer Premiere. Die Untersuchungskommission sei ein Minderheitenrecht. So sei es möglich, die politische Verantwortung zu untersuchen. Grundlage des Antrages seien fünf Kontrollamtsberichte, die ganz offen von Unregelmäßigkeiten sprechen. Im Vorfeld der Kommission habe die SPÖ versucht, die Kontrollrechte einzuschränken.

An einem weiteren Flächenwidmungsbeispiel, 13. Bezirk, Fasangartengasse 20-24, sehe er Merkwürdigkeiten des Flächenwidmungsplanes. Aus einem Erholungsgebiet, Parkanlage sei schließlich ein Wohnhaus mit 37 Eigentumswohnungen geworden, wobei der betroffenen leitende Beamte grundbücherlicher Miteigentümer sei. Ein entsprechender Sachverhalt sei per Boten an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.

Scharf kritisierte der Grüne Mandatar die Nebenbeschäftigung leitender Beamter. In einem Antrag forderte er, einmal jährlich müsse dem Gemeinderat eine Liste mit genehmigten Nebenbeschäftigungen aller leitenden Bediensteten übermittelt werden.

GR DDr. Bernhard Görg (ÖVP) erinnerte daran, dass vor exakt drei Jahren bei der Diskussion um den Bauskandal die Idee aufgetaucht sei, ein Instrumentarium zu schaffen, um politische Verantwortungen zu klären. Die Untersuchungskommission sei ein solches Instrument und müsse weiterhin ein Minderheitenrecht sein.

Zur Problematik von Flächenwidmungen meinte er, diese liefen nicht nach wissenschaftlich exakten Verfahren. Es gebe die politischen Wertvorstellungen, etwa "wir brauchen Wohnungen" oder "wir wollen Betriebe ansiedeln". Dann gebe es Interessen der Eigentümer, der Bezirkspolitiker, der Nachbarn und schließlich handle es sich auch um eine Geschmacksfrage.

Ein Beamter allein könne keine Flächenwidmung machen, er könne sie vorbereiten. Der Vorgesetzte, der Stadtrat, der Planungsausschuss und schließlich der Gemeinderat beschließen Flächenwidmungspläne. Alle inkriminierten Flächenwidmungspläne seien mit Mehrheitsentscheidungen des Gemeinderates beschlossen worden. (Forts.) fk/vo

  • Rückfragehinweis:
    Diensthabender Redakteur
    Tel.: 4000/81 081

(RK vom 20.03.2002)