Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.04.2003:
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Wiener Gemeinderat (4)

Wien (RK). GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger (ÖVP) erinnerte an Beschlüsse aus dem Vorjahr zu diesem Vertrag. Für die ÖVP sei dies eine Finanzierungsmöglichkeit, die aber nicht zur Budgetsanierung, sondern zur Weiterfinanzierung, Erhaltung und Verbesserung des Kanalsystems dienen müsse. Das Vertragswerk bezeichnete der ...

Wien (RK). GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger (ÖVP) erinnerte an Beschlüsse aus dem Vorjahr zu diesem Vertrag. Für die ÖVP sei dies eine Finanzierungsmöglichkeit, die aber nicht zur Budgetsanierung, sondern zur Weiterfinanzierung, Erhaltung und Verbesserung des Kanalsystems dienen müsse. Das Vertragswerk bezeichnete der Redner als Vertrauenssache und letztlich sei es auch eine Frage der politischen Verantwortung. Seine Fraktion werde dem Vertragswerk ihre Zustimmung geben, weil damit neue Finanzquellen erschlossen werden. Ausdrücklich betonte Aichinger, dass das Geld zur Weiterfinanzierung des Abwassersystems verwendet werden müsse.

Die SPÖ würde nun Methoden des Neo-Liberalismus anwenden, sagte GR Mag. Heidrun Schmalenberg (FPÖ). Das Kanalnetz des 21. und 22. Bezirkes werde an einen amerikanischen Investor verleast und Wien werde es zurückmieten. Ein politisches Lotteriespiel mit zu hohen Risken, konstatierte die Rednerin. Weiters kritisierte sie, dass für dieses Geschäft amerikanisches Recht gelte, die Verträge nur in Englisch vorliegen und die Laufzeit sich über mehrere Jahrzehnte erstrecke. Die Verantwortung für die Daseinsvorsorge erstrecke sich nicht nur auf die Wasserversorgung, sondern auch auf die Wasserentsorgung. Die FPÖ fordere für beides Verfassungsschutz.

GR Jürgen Wutzlhofer (SPÖ) stellte fest, dass das Projekt für die Stadt Wien rund 150 Millionen Euro bringe, die für Investitionen zur Erhaltung und Verbesserung der Umweltstandards genützt werden und auch Arbeitsplätze schaffen. Es handle sich zugegebenermaßen um eine sehr komplexe Materie und die Gemeinderäte sollten die Bevölkerung darüber informieren und nicht verunsichern, sagte der Redner in Richtung FPÖ und Grüne. Wien behalte Eigentum und Verfügungsgewalt für die Abwasseranlagen, komme aber gemeinsam mit dem US-Investor in den Genuss von Steuervorteilen in Amerika. Die Risiken dieser Transaktionen seien klar beherrschbar, meinte der Redner.

Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Dr. Sepp Rieder (SPÖ) meldete sich in der Debatte zu Wort und erklärte, dass es in Zukunft bessere Informationen für die Gemeinderäte zu solchen Verträgen geben werden. Im Finanzausschuss seien ausdrücklich Information und Orientierungshilfe angeboten worden. Das zur Diskussion stehende Leasingverfahren sei bereits bei den Wiener Linien angewendet worden. Rieder nannte Beispiele aus fast allen Bundesländern, wo Anlagen oder Einrichtungen einem Cross Border Leasing unterzogen wurden, u.a. auch die acht österreichischen Donaukraftwerke. Der österreichische Markt sei für diese US- Leasingmethode besonders gesucht, weil es hier eine stabile Rechtslage gebe und vieles in öffentlichem Eigentum - klaren und stabilen Eigentumsverhältnissen - stehe. Das Risiko bewege sich nach Meinung von Experten im Promillebereich, erklärte der Finanz- und Wirtschaftsstadtrat. Das Eigentum und Verfügungsrecht bleibe in Wien, nach Vertragsabschluss trage das Risiko der US- Partner, die Gründung eines Trustes schütze vor Konkurs des Investors und Gerichtsstandorte wie vorgesehen seien international üblich, argumentierte Rieder. Schließlich erinnerte er an die dadurch rasch möglichen Investitionen im Umweltbereich und an die gleichzeitige Entlastung des Steuerzahlers.

Laut vorliegendem Antrag beschließe der Gemeinderat nur ein vorläufiges Verhandlungsergebnis, erst nach diesem Beschluss werde der Vertrag ausverhandelt, kritisierte GR Kurth Bodo Blind (FPÖ). Der Gemeinderat gebe also eine Generalvollmacht für etwas, was er gar nicht kenne. Für die Gemeinderäte sei der Vertrag aufgrund seines Umfanges, vieler ungenauer Begriffe und seiner speziellen wirtschaftlichen Fachbereiche nicht zu beurteilen, meinte der Redner. Die Daseinsvorsorge für Trinkwasser, das in Wien nun Verfassungsschutz genieße, sei für die FPÖ genau so wichtig wie der Schutz für das Abwasser. Die FPÖ werde dieses Vertragswerk daher ablehnen. (Forts.) js/rr

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(RK vom 23.04.2003)