Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.01.2005:
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Bilanz der Wr. Vorlesungen: Start mit Hannes Androsch

Wien (RK). Die Wiener Vorlesungen begannen letzten Mittwoch (26.1.) im voll besetzten Festsaal des Wiener Rathauses mit dem Vortrag von Dr. Hannes Androsch zum Thema "Wirtschaft und Gesellschaft. Österreich 1945 - 2005" ihre Reflexionsarbeit zu wichtigen Schlüsseltagen der Zweiten Republik: 1945 wurde Österreich vom ...

Wien (RK). Die Wiener Vorlesungen begannen letzten Mittwoch (26.1.) im voll besetzten Festsaal des Wiener Rathauses mit dem Vortrag von Dr. Hannes Androsch zum Thema "Wirtschaft und Gesellschaft. Österreich 1945 - 2005" ihre Reflexionsarbeit zu wichtigen Schlüsseltagen der Zweiten Republik: 1945 wurde Österreich vom Nationalsozialismus befreit, 1955 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet, 1995 trat Österreich in die Europäische Union ein.

Vorlesungen wollen Nachdenken initiieren

Anlass für die Wiener Vorlesungen, Befunde einer Erfolgsgeschichte, aber auch ein Nachdenken über Versäumnisse zu initiieren. "Wenn man wissen will, wer man ist und wohin man gehen kann und soll", so Univ.-Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt in seiner Einführung, dann "muss man wissen, woher man kommt und wo man steht. Die Vortragsreihe der Wiener Vorlesungen möchte Bilanz ziehen und solidarische Kritik üben.****

"Die Zweite Republik ist eine Erfolgsstory geworden", sagte Dr. Hannes Androsch in seinem Vortrag, "weil die Österreicher im Gegensatz zur Ersten Republik ein ebenfalls schwieriges Umfeld geschickt und fleißig zu nutzen verstanden und an Österreich glaubten."

Im Zuge der europäischen Integration und der Globalisierung erwachsen, so Androsch, Österreich neue Aufgaben, vor allem eine konstruktive Nachbarschaftspolitik sowie weiters eine zeitgemäße Wirtschafts- und Bildungspolitik. Konkret forderte Androsch eine moderne Wirtschaftsverfassung, den Abbau von Regulierungen und der Überbürokratisierung, den zukunftsgerichteten Ausbau der Infrastruktur, ausreichende Mittel für die Forschung und eine hinreichende Finanzierung der Universitäten, aber auch einen Maßnahmenkatalog gegen die gravierenden Mängel im Bildungswesen, wie sie durch die Pisa-Studie zu Tage getreten sind.

Mut zur Vergangenheit

Androsch forderte weiters Mut zur Vergangenheit ein, gerade auch dann, wenn diese nicht angenehm ist. Mit Bezug auf die aktuelle Diskussion um die BSA-Studie betonte Androsch, dass die Nazi-Zeit nicht ohne die Vorgeschichte des Austrofaschismus gesehen werden kann. Er forderte eine breite Vergangenheitsaufarbeitung, die aber nicht zur Selbstreinigungs- Besessenheit oder Purifizierungs-Manie ausarten darf.

"Es kann," so Androsch, "zur Ungnade der späten Geburt werden, wenn in selbstgefälliger Selbstgerechtigkeit und ohne die Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Umstände Urteile gefällt werden und sich jemand ohne Rücksicht auf politische Kollateralschäden Purifizierungen anmaßt."

Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag, den Frau Dr. Margaretha Kopeinig kommentierte, wurde von Herrn Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny, Vizerektor der Wirtschaftsuniversität Wien, exzellent geleitet.

(Schluss) red/
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(RK vom 27.01.2005)