Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13.07.2006:
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"Rheuma-Zelt" startet in Wien

"Rheuma-Zelt" startet in Wien

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Wien (RK). Einmal mehr sollen die kommenden Monate ganz im Zeichen der Aufklärung und Information zur Volkskrankheit Rheuma stehen, sind sich Gesundheitspolitik, Ärzteschaft und Patientenvertreter einig. Auch heuer setzt die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) ihre breit angelegte Aufklärungs- und ...

Wien (RK). Einmal mehr sollen die kommenden Monate ganz im Zeichen der Aufklärung und Information zur Volkskrankheit Rheuma stehen, sind sich Gesundheitspolitik, Ärzteschaft und Patientenvertreter einig. Auch heuer setzt die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) ihre breit angelegte Aufklärungs- und Informationskampagne fort. Im Juli 2006 startet das "Rheuma-Zelt" seine Tour in Wien beim Burgtheater, im Lauf des Jahres soll es in den Bundesländern möglichst viele Menschen niederschwellig und wohnortnahe aufklären und beraten. Bei einer hochkarätig besetzten Pressekonferenz in Wien mit Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag.a Renate Brauner, Wiens Ärztekammerpräsident Dr. Walter Dorner, ÖGR-Präsident Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen, Daniela Loisl, Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga, und den Rheumatologen Prim. Dr. Ernst Wagner und Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller wurden heute die geplanten Aktivitäten und aktuellen Forderungen der "Aktion 2006 - Kampf dem Rheuma" vorgestellt.

Aufklärung und Information statt Bagatellisierung

"Unsere Aktion Kampf dem Rheuma, die heute mit der Eröffnung des ersten Rheuma-Zeltes in Wien startet, hat ein sehr präzise definiertes Motiv. Durch Aufklärung und Information auf möglichst breiter Basis soll sie dazu beizutragen, dass den rheumatischen Erkrankungen jener Stellenwert in der Früherkennung und medizinischen Versorgung zukommt, der ihnen schon aufgrund ihrer weiten Verbreitung gebührt", betont Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen. "Es geht uns, neben der ganz konkreten Hilfe und Beratung für möglichst viele Betroffene, auch darum, dass diese Krankheiten in der öffentlichen Diskussion, in der Gesundheits- und Forschungspolitik genau so ernst genommen werden, wie zum Beispiel Krebserkrankungen, Herzinfarkt oder Diabetes. Zumal sie noch mehr Menschen und deren Lebensqualität betreffen."

Es ist wichtig, dass die Betroffenen darüber informiert sind, dass gegen entzündliche Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates hochwirksame innovative Medikamente verfügbar sind. Rheumatische Krankheiten können aber nicht nur die Gelenke zerstören, sondern auch mit extremen Schmerzen einher gehen, weshalb hier auch die Schmerztherapie einen zentralen Stellenwert hat.

Zwei Millionen Betroffene - acht Millionen Krankenstandstage pro Jahr

Die Zahl der Betroffenen ist enorm hoch. In Österreich leiden rund zwei Millionen Menschen an einer der zahlreichen Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis - praktisch jede Familie ist betroffen. Mit dramatischen Folgen: Rheumatische Erkrankungen bedeuten im allgemeinen eine geringere Lebenserwartung von bis zu zehn Jahren, die sich unter adäquater Behandlung normalisiert.

Diese enorme Verbreitung hat auch massive volkswirtschaftliche Folgen: Die WHO hat in einem Bericht festgehalten, dass Rheuma heute weltweit eindeutig die wichtigste Krankheits-Ursache ist, einen bedeutenden Einfluss auf Gesundheit und Lebensqualität hat, und die Budgets der Gesundheitssysteme am stärksten belastet. Laut EU-Kommission führen rheumatische Erkrankungen zu 0,5 bis 2 Prozent Verlust im BIP.

"Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates stellen nach Atemwegserkrankungen die zweithäufigste Ursache für Krankenstände dar. Allein bei der Wiener Gebietskrankenkasse werden jährlich 2,1 Millionen Krankenstandstage registriert, Österreich weit sind es knapp acht Millionen pro Jahr", rechnet Prim. Dr. Ernst Wagner, Geschäftsführer der ÖGR, vor. Auch in Sachen Frühpensionierungen sind die Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis traurige Spitzenreiter und für ein Drittel aller vorzeitigen Ruhestände verantwortlich. Prim. Wagner: "Wir betrachten es als ein vorrangig zu betreibendes, zentrales Ziel der österreichischen Gesundheitspolitik, zu einer angemessenen flächendeckenden Versorgung von Rheuma-Patienten beizutragen."

Im "Rheuma-Zelt" stehen Rheumatologen für individuelle Beratungsgespräche unter "vier Augen" zur Verfügung. Ein wichtiges Motiv für den niederschwelligen Ansatz: Gerade bei Rheuma ist eine möglichst frühzeitige und kompetente ärztliche Betreuung für den weiteren Krankheitsverlauf besonders wichtig, damit Betroffene optimal von der breiten Palette wirksamer Therapien profitieren können. Doch davon sind viele Rheuma-Patienten weit entfernt, wie die Auswertung der Beratungsdaten der Vorjahresaktion zeigt. "42 Prozent der Patientinnen und Patienten, die wir 2005 im Rheuma-Bus beraten haben, hat wegen der rheumatischen Beschwerden zuvor noch nie einen Arzt aufgesucht, obwohl sie durchschnittlich mehr als 7,5 Jahre unter diesen Beschwerden gelitten hatten und die Schmerzen mit rund 60 Prozent von 100 als maximal vorstellbarer, unerträglicher Schmerz angegeben wurden", fasst Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller von der klinischen Abteilung für Rheumatologie am Wiener AKH die bisherigen Erfahrungen zusammen. "Nicht einmal sechs Prozent der Betroffenen waren bei einem Rheumatologen in Betreuung."

Wenn die Betroffenen nicht zu den Rheumatologen kommen, dann müssen die Rheumatologen eben zu den Menschen gehen, sei daher das Motto der Aufklärungsinitiative der ÖGR mit dem Rheuma-Zelt, so Prof. Köller: "So können wir Menschen mit Beschwerden im Bewegungsapparat kostenlos Beratung durch Fachärzte zukommen lassen und damit den ersten Schritt zu einer entsprechenden Abklärung und schließlich ausreichenden Behandlung setzen."

Rheumatische Erkrankungen oft verharmlost

Rheumatische Erkrankungen bringen für die betroffenen Patientinnen und Patienten eine erhebliche soziale und emotionale Belastung mit sich, die in ihrem Ausmaß und in ihren Folgen nicht unterschätzt werden darf. "Die leidvolle Erfahrung kann uns manchmal fast zynisch werden lassen. Offenbar scheint es in den Augen mancher Gesundheitspolitiker keinen Handlungsbedarf zu geben, weil niemand akut an Rheuma stirbt. Zu wenig Information, zu wenig öffentliches Bewusstsein, zu wenig Aufmerksamkeit - all dies sind Faktoren, warum offenbar spektakulärere Krankheiten wie Krebs oder Aids auch mehr Akzeptanz, Unterstützung und Fördermittel erhalten", kritisiert Daniela Loisl, Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga. Entscheidend für die Lebensqualität sei auch eine möglichst frühe Behandlung. Loisl: "Den langen Leidenswegen und den enormen, auch wirtschaftlichen Folgen der Volkskrankheit Rheuma muss endlich die entsprechende Antwort folgen: Eine korrekte, rechtzeitige und in ganz Österreich zugängliche Grundversorgung für Rheumakranke."

Gute Versorgungs- und Vorsorgestrukturen in Wien

Die Bundeshauptstadt ist bei der Diagnose und Therapie von Rheuma Erkrankungen Vorreiter in ganz Österreich. "In Wien haben wir der Tatsache, dass es sich bei Rheuma um eine Volkskrankheit handelt, längst Rechnung getragen und das Versorgungsnetz für Betroffene dicht geknüpft", betont die Stadträtin für Gesundheit und Soziales Mag.a Renate Brauner. Wien verfügt nicht nur über vier spezialisierte Abteilungen an den Spitälern, sondern auch über 12 Ambulanzen, an denen Spezialisten für Rheumatologie zur Verfügung stehen. Dazu kommen fünf Ambulatorien der Wiener Gebietskrankenkasse als Anlaufstellen für Menschen, die an Rheuma erkrankt sind. Wissenschafter haben in Studien klar nachgewiesen, dass Patienten am meisten von einer Therapie profitieren, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 3 Monate der Erkrankung einsetzt. "Frühe Behandlung und frühe Erkennung setzen aber auch ein Bewusstsein über die Erkrankung voraus. Deshalb legen wir in Wien auch großen Wert auf gezielte Aufklärung der Bevölkerung." Bereits zum sechsten Mal wird im Oktober im Wiener Rathaus wieder der Rheumatag stattfinden - eine Veranstaltung, die das Bewusstsein bei Patienten und Ärzten verstärken soll. "Für die Stadt Wien ist es daher auch selbstverständlich, diese wichtige Aktion der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie zu unterstützen", so die Gesundheitsstadträtin.

Ärzte für Aufklärung und Früherkennung

Unterstützung für die heute startende Rheuma-Aktion kommt auch von der Wiener Ärztekammer. "Rheuma erhält immer noch zu wenig Aufmerksamkeit von der Bevölkerung. Also müssen wir die Behandlung populärer machen und die Menschen mittels Wink mit dem Zaunpfahl darauf hinweisen, damit sie sich früh genug behandeln lassen", betont Ärztekammerpräsident Dr. Walter Dorner. Verstärkte Sensibilisierung erwartet sich der Ärztechef auch von der Ärzteschaft, unter anderem durch die intensive Fortbildungstätigkeit der Kammer. "Ich hoffe, dass durch das Weiterbildungsangebot zu den 99 niedergelassenen Wiener Rheumatologen noch viele weitere stoßen, die mithelfen, das Thema "Rheuma" in der Bevölkerung zu enttabuisieren", so Präsident Dorner.

"Das EU Parlament hat vor vier Wochen rheumatische Erkrankungen zu den Hauptkrankheiten hinzugenommen, deren Erforschung in besonderem Maße gefördert werden soll. Die European Science Foundation hat vor drei Wochen die Regierungen und Forschungsförderungsinstitutionen Europas aufgefordert, Rheumaforschung verstärkt zu fördern", verweist ÖGR-Präsident Prof. Smolen auf Erfolge in Sachen Rheuma-Bewusstsein auf europäischer Ebene. Wichtig sei die Umsetzung dieser Empfehlungen auch in Österreich: "Mehr Forschungsförderung auf dem Sektor der Rheumatologie und zugleich Aufklärungsaktionen wie das Rheuma-Zelt sind daher der ÖGR besonders wichtig."

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) brc

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(RK vom 13.07.2006)