Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.02.2008:
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Wiener Gemeinderat (8)

Wien (RK). Nach Unterbrechung der Tagesordnung begann um 16:00 Uhr die Debatte zum von den Grünen und der ÖVP eingebrachten Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission betreffend gravierende Missstände in der Versorgung von psychiatrischen PatientInnen im Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien. GR Dr. ...

Wien (RK). Nach Unterbrechung der Tagesordnung begann um 16:00 Uhr die Debatte zum von den Grünen und der ÖVP eingebrachten Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission betreffend gravierende Missstände in der Versorgung von psychiatrischen PatientInnen im Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien.

GR Dr. Sigrid Pilz (Grüne) begründete den Antrag u.a. damit, dass einige Zustände im Otto-Wagner-Spital und im Psychosozialen Dienst aufklärungsbedürftig erschienen. Die Missstände würden der SPÖ nicht zur Kenntnis genommen und in Abrede gestellt. Pilz sprach ferner von bestehendem Personalmangel und Organisationsversagen. So gebe es immer wieder zu wenige Primarii, ein Vorstand einer Abteilung sei gleich für die Aufsicht von zweien eingesetzt worden. Sie forderte eine Reform der Psychiatrie und, wie es auch im Geriatriebereich der Fall sei, kleinere Einheiten für die Psychiatrie.

GR DDr. Eduard Schock (FPÖ) interessierte in der Frage vor allem die politische Verantwortung und das Demokratieverständnis der Wiener Stadtregierung. Ihm gefalle nicht, wie man mit der Kritik von seiten der Ärzte und Patienten umgehe, betonte er. Er beschwerte sich darüber, dass ein vor kurzem von der Gesundheitsstadträtin unterschriebener Erlass den Oppositionsparteien nicht erlaube, in Spitäler Lokalaugenscheine durchzuführen. Dies sei ein Maulkorberlass. Insofern sei es gut, dass es eine Untersuchungskommission über die Vorkommnisse im Gesundheitsbereich geben werde.

GR Ingrid Korosec (ÖVP) meinte, es habe im Psychiatriebereich einen Skandal nach dem anderen gegeben. So wie GR Pilz sprach auch Korosec von Personalmangel im Spitalsbereich und fehlenden Reformen. Zudem gebe es eine veraltete Infrastruktur in den Krankenanstalten. Der Stadträtin warf sie vor die Situation zu verharmlosen, die Probleme zu verleugnen. Mit der Untersuchungskommission komme die Wahrheit ans Licht. Durch den öffentlichen Druck seitens der Berichterstattung in den Medien gebe es einen Anlass über Reformen zu diskutieren. Ziel der Kommission sei es, Mängel offen zu legen, damit auch Schritte zur Modernisierung der Psychiatrie gesetzt werden können.

GR Christian Deutsch (SPÖ) erklärte, die Untersuchungskommission werde den Sachverhalt ermitteln, darauf hin würden die Resultate dem Gemeinderat berichtet werden. Die SPÖ stehe für volle Transparenz und werde daher auch sehr engagiert offensiv an der Überprüfung der Vorwürfe beteiligt sein. Man dürfe aber nicht schon vorher alles im Gesundheitsbereich schlecht reden, betonte Deutsch. Eine Untersuchungskommission sei kein Schöffensenat, kein öffentlicher Pranger und auch kein Tribunal, sondern ein behördliches Verfahren, wo der Sachverhalt geklärt werde. PatientInnen hätten ein Recht auf Intimität und auf Schutz ihrer Person und dürften nicht einfach vorgeführt werden. Man müsse mit diesem Thema sehr sensibel umgehen und auf gar keinem Fall eine diskriminierende Berichterstattung zulassen. Am Ende der Diskussion bzw. nach Abschluss der Untersuchungskommission wünsche er sich eine Entstigmatisierung von psychisch kranken Menschen, die in der Gesellschaft nicht abgestempelt werden dürften. (Forts.) hl/gse

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(RK vom 29.02.2008)