Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 05.12.2008:
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Bildungsroman in deftiger Sprache: "Arons Ring" von Hans König

Wien (RK). Aus Gesundheitsgründen lebt der ehemaligen SP-Gemeinderat Hans König auf der Insel Teneriffa und hat es aufgrund seiner Studien zu José Viera y Clavijo zur Aufnahme in die Junta del Gobierno der Real Sociedad Económica de los Amigos del País de Tenerife gebracht. Zwanzig Jahre lang hatte er noch in seiner ...

Wien (RK). Aus Gesundheitsgründen lebt der ehemaligen SP-Gemeinderat Hans König auf der Insel Teneriffa und hat es aufgrund seiner Studien zu José Viera y Clavijo zur Aufnahme in die Junta del Gobierno der Real Sociedad Económica de los Amigos del País de Tenerife gebracht. Zwanzig Jahre lang hatte er noch in seiner Zeit in Wien Quellen studiert, Materialien zusammen getragen und daraus ein beeindruckendes Panorama Wiens aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entworfen. Der Roman schildert den Werdegang eines Kindes einer heimlichen Beziehung zwischen einem geächteten Ghettobewohner und einer aufgeweckten Wienerin vor dem Hintergrund der Judenverfolgung von 1668 und der Türkenbelagerung von 1683.

Mit vielen seiner Glaubensgenossen wurde auch Aaron Fränckl am 23. April 1668 im Ghetto bestialisch getötet, nachdem ein Brand in der Hofburg den Juden angelastet wurde. Die lebensfrohe Barbara wurde nach der Geburt des kleinen Josef in die Ehe mit dem verwitweten Fischkäufel Johann Luckham gezwungen. Ein im Haus wohnender "persischer Doctor" entwickelt sich nicht nur zur Lichtgestalt für Barbara, sondern auch für den kleinen Josef, den zu legitimieren Luckham sich weigert. Zur Lichtgestalt in pekuniärer Hinsicht gestaltet sich auch der leibliche jüdische Großvater, der während des Pogroms, in dem sein Sohn getötet wurde, die Flucht nach Nikolsburg gelungen war. Nach dem wohlverdienten Ende des angetrauten Abschaums wird Barbara Luckam die Frau des persischen Arztes und Hausgenossen Bonaventura Nurveli Schahin, der Josef in die Welt der orientalischen Sprachen einführt und schließlich mit ihm eine abenteuerliche Reise nach Konstantinopel unternimmt. Josef lernt auch andere Kundschafter wie Diodato oder Kolschitzky kennen und bewährt sich aufgrund seiner Sprachkenntnisse und Intelligenz selbst in schwierigsten Situationen. Dass Schahin die Mächtigen der Hohen Pforte mit Opium versorgt, ist nur ein Nebenaspekt. Nach der Rückkehr gerät Josef bei Anrücken des Osmanischen Heeres in die Welt der Soldaten, sichert zunächst sein Überleben als Rossknecht und wird Augenzeuge der Belagerung Wiens. Durch eine todesmutige Aktion rettet er Prinz Eugen und wird zum Vertrauten und Sekretär des aufstrebenden Heerführers.

Das Werk kann ohneweiters in das literarische Genre des klassischen Bildungsromans gereiht werden. Die - mitunter deftige - Sprache vermittelt Zeitkolorit und lehnt deutlich an Grimmelshausens "Simplicissimus" an. Sie vermittelt einerseits Authentizität, wie ja auch die akribisch recherchierten Quellen. Den Autor reitet aber auch hin und wieder der Schalk, und so werden Zitate der österreichischen Kultur eingebaut, wo sie durch ihren Anachronismus das Genre des rein historischen Romans aufbrechen. So ist auch die Behauptung, einen Roman über die Leopoldstadt geschrieben zu haben eine starke Untertreibung, denn das topographische Umfeld wird nichts weniger als in Beziehung zu Europa und seiner Geschichte gesetzt. Der Bildungsroman entwickelt hier einen Doppelsinn, denn der Leser wird in einem Ausmaß über seine Wurzeln in der Stadt informiert, wie er es sich wohl niemals hätte träumen lassen. "Ich wollt' ich wäre wirklich ein Wiener (im guten Sinne des Wortes) - etwa wie es mein Vater ist, der in allen diesen Dingen Bescheid weiss, jedes Gebäude und seine Geschichte kennt [...].", seufzte Heimito von Doderer als junger Mann in sein Tagebuch. Nun, wer ähnlich denkt, dem diene dieses ansprechende und - trotz aller Realismen einer grausamen Zeit - unterhaltsam geschriebene Buch als Instrument, seine Unwissenheit über ein wesentliches Kapitel Stadtgeschichte zu beheben.

Hans König, "Aarons Ring. Des Prinzen Rossknecht." Verlag Echo Media (www.echo.at), Wien 2008, 631 Seiten, Euro 19,80, ISBN 978-3-901761-99-7. (Schluss) red

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(RK vom 05.12.2008)