Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 31.12.2008:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Reiseführer durch die Zeitgeschichte der Josefstadt

Utl: "Lebte in der Josefstadt" führt zu den Wohn- und Arbeitsorten deportierter Juden. Wien (RK). Vorbild waren die "Stolpersteine" die in Deutschland bereits für Aufmerksamkeit sorgten: Messingplatten, die in den Gehsteig eingelassen wurden, mit Namen deportierter und ermordeter Juden an deren ehemaligen Wohnorten ...

Utl: "Lebte in der Josefstadt" führt zu den Wohn- und Arbeitsorten deportierter Juden.

Wien (RK). Vorbild waren die "Stolpersteine" die in Deutschland bereits für Aufmerksamkeit sorgten: Messingplatten, die in den Gehsteig eingelassen wurden, mit Namen deportierter und ermordeter Juden an deren ehemaligen Wohnorten. Stille Erinnerung an den Mensch und das Leid, das ihm widerfahren ist. Aus dieser Aktion resultierte der Verein "Steine der Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes in der Josefstadt", der seinerseits die Tradition der Straßenmahnmale im 8. Bezirk weiterführt. Vorreiter in Wien war übrigens die Leopoldstadt, in der bereits 2006 ein "Weg der Erinnerung" eröffnet wurde. Der Weg in der Josefstadt zählt 23 Stationen und wird durch die Publikation dokumentiert und begleitet. An 21 davon wurden Erinnerungs- und Erklärungstafeln gesetzt. Das Buch erzählt die Geschichten dazu.

Eines der ersten Opfer: Der Buchhändler Josef Kende

     99: Das war die Nummer von Josef Kende auf der Liste des

ersten Transports von Wien in das Konzentrationslager Dachau. Mit auf der Liste waren zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, unter anderem der spätere Bundeskanzler Leopold Figl und Richard Schmitz, damals Bürgermeister von Wien.

Kende, wohnhaft in der Lerchenfelder Straße 8, betrieb eine Buchhandlung am Opernring 17. Er war trotz jüdischer Wurzeln Katholik, hatte im 1. Weltkrieg als Rittmeister an der Isonzofront gedient und sich danach als Buchhändler in Wien niedergelassen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland war die Buchhandlung am Opernring Anlaufstelle für exilierte deutsche Schriftsteller, die ihren Widerstand gegen das Regime zu Papier brachten. Unter Kendes Angestellten waren aber auch illegale nationalsozialistische Parteimitglieder - eine Kombination, die nicht gut gehen konnte. Kende wurde am 14. März 1938, einen Tag nach dem Einmarsch deutscher Truppen, in "Schutzhaft" genommen und am 1. April 1938, mit besagtem ersten Transport, nach Dachau deportiert. Kende war damals bereits im 70. Lebensjahr. Bittbriefe seiner Frau, die sich auf seinen tadellosen Leumund und seine Verdienste im ersten Weltkrieg beriefen, blieben ungehört. Er starb am 24. Oktober 1938 im Konzentrationslager Buchenwald. Die Gedenktafel in der Lerchenfelder Straße 8 ist ihm gewidmet.

22 weitere Zeitdokumente, zum Teil mit Fotos und persönlichen Briefen, führen von der Lerchenfelder Straße über die Lange Gasse bis zur Alser Strasse. Ein berührendes Buch - nicht nur für Menschen aus der Josefstadt, die mehr über die Historie ihres Bezirks erfahren wollen.

"Lebte in der Josefstadt" von Irmtraut Karlsson, Manfred Kerry und Tina Walzer, erschienen im Milena Verlag (www.milena- verlag.at), Wien 2008, Preis: 17,90 Euro, ISBN Nummer 978-3-85286- 170-8 (Schluss) kad

Rückfragehinweis für Medien:

  • Mag. Erwin Kadlik
    Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (MA 53)
    Telefon: 01 4000-81083
    E-Mail: erwin.kadlik@wien.gv.at

(RK vom 31.12.2008)