Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.06.2012:
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14. Wiener Landtag (2)

Fragestunde

Die von der ÖVP an Vizebürgermeisterin Mag. Maria Vassilakou (Grüne) gerichtete fünfte Anfrage – gestellt von LAbg Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) - über die Haltung zum Notariatsakt für eine Wahlrechtsreform wollte und konnte StR Frauenberger in Vertretung Vassilakous weder beantworten noch kommentieren. Frauenberger trat für eine Modernisierung des Wahlrechts ein und verwies auf die Einsetzung einer Arbeitsgemeinschaft "Wahlrechtsreform", in dem auch ExpertInnen über die Reform und die Modernisierung des Wahlrechtes mitdiskutieren sollten. Es gäbe verschiedene Modelle, wobei sie aus heutiger Sicht Ergebnissen der Arbeitsgemeinschaft nicht vorgreifen wolle.

Aktuelle Stunde zum Thema "Mehr Demokratie für Wien: Wahlrecht für EU-BürgerInnen", eingebracht von den Grünen

LAbg Dr. Monika Vana (Grüne) wies darauf hin, dass es in Wien für 150.000 EinwohnerInnen kein Wahlrecht gäbe, und das, obwohl es in 48 Ländern der Welt sehr wohl ein Wahlrecht für alle gäbe. Die Grünen würden schon seit langem für ein Wahlrecht für alle Drittstaatsangehörige, die hier leben und arbeiten, eintreten. Sie erinnerte daran, dass das kommunale Wahlrecht innerhalb des EU-Raumes ein Grundrecht bedeute, das auch EU-weit umzusetzen sei. Wahlrecht für alle bedeute mehr Demokratie für Wien und ein Zeichen für mehr Weltoffenheit.

LAbg Dkfm. Dr. Komm.Rat Fritz Aichinger (ÖVP) erinnerte die Grünen an die Nichteinhaltung der Verpflichtungserklärung zur Wahlrechtsreform. Von einer Beschlussfassung einer Wahlrechtsreform sehe er weit und breit nichts. Die ÖVP sehe auch nicht ein, dass Zweitwohnbesitzer und Auslandswiener in Wien nicht wahlberechtigt seien.

LAbg Mag. Johann Gudenus (FPÖ) sagte, die Grünen empfänden offenbar mehr Demokratie für Ausländer als für Inländer. Auch er spielte auf die Nichteinhaltung der Verpflichtungserklärung an. Er habe überhaupt den Eindruck, die Grünen wollten "alle Rechte und keine Pflichten". Man wolle offensichtlich "das hohe Gut der Staatsbürgerschaft über Bord werfen", schloss er.

Nach Ansicht von LAbg Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) bedarf die gewünschte Änderung der Wahlrechtsordnung nach jetziger Rechtslage einer Bundesverfassungsänderung. Um diese Änderung herbeizuführen müssten laut Stürzenbecher Partner gefunden werden. Er wundere sich, dass die ÖVP als Europa-Partei in dieser Angelegenheit nicht mitziehen wolle.

LAbg Dr. Wolfgang Aigner (Klubungebunden) meinte, für die Grünen sei die juristische Frage völlig ausgeklammert. Für ihn sei klar, dass es einer Verfassungsänderung bedürfe, weil Wien gleichzeitig Stadt und Land verkörpere. Er vermute, es gehe den Grünen nicht um eine Stärkung des Wahlrechtes, sondern um zusätzliche WählerInnen. Ihm sei auch nicht bekannt, dass weder BürgerInnen aus dem EU-Raum, noch Drittstaatangehörige, die in Wien dauerhaft ihren Wohnsitz hätten, ein Wahlrecht eingefordert hätten.

LAbg Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) wunderte sich über den Titel der Aktuellen Stunde, weil die Weigerung der Grünen, eine Volksabstimmung über das Pickerl zuzulassen nichts mit dem Wunsch nach mehr Demokratie zu tun habe. Auch er äußerte sich kritisch zur Nichterfüllung der Verpflichtungseinhaltung der Grünen. Die ÖVP zeige sich bezüglich Wahlrechtsreform grundsätzlich gesprächsbereit, glaube aber, dass Wien diesbezüglich nicht zuständig sei.

LAbg David Ellensohn (Grüne) betonte, die Demokratie sei eine zentrale Säule des Wahlrechts. Die Weiterentwicklung der Demokratie sei gleichzeitig die Weiterentwicklung des Wahlrechts. In Richtung ÖVP meinte er, dass Wahlrecht der Wirtschaftskammer sei ÖVP-freundlich gestaltet und nicht gerecht. Jedenfalls sei er für eine Verbesserung des Wahlrechts, denn nur dies brächte die Stadt für die Zukunft weiter.

LAbg Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) unterstrich die Sensibilität des Themas. Immerhin könne man als Wähler an einer demokratischen Entscheidungsfindung teilhaben. Die Staatsbürgerschaft halte er für ein hohes Gut, weil es das Verhältnis von Rechten und Pflichten ausdrücke. Er glaube, das die Qualität der Staatsbürgerschaft nicht richtig eingeschätzt werde.

LAbg Peter Florianschütz (SPÖ) sprach sich für einen seriösen Umgang mit dem Thema aus. Eine "Mechanik, wie man ein Wahlrecht für eine weiter Personengruppe erzeugen kann", könne ausschließlich auf EU-Ebene oder nationaler Ebene passieren. Der Wiener Landtag sei dafür nicht zuständig. Er persönlich glaube, dass die Umsetzung zu einer Ausdehnung des Wahlrechts auf EU-Bürger und/oder Angehörige von Drittstaaten noch sehr lange dauern werde.

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