Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 12.12.2016:
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17. Wiener Gemeinderat (7)

Spezialdebatte: GGr. Finanzen, Wirtschaft und Internationales

GRin Kathrin Gaal (SPÖ) betonte, Aufgabe der Politik sei es, den Menschen die Sorgen in einer wachsenden Stadt zu nehmen. Investitionen in Wohnbau, Forschung, Gesundheit und Soziales seien erforderlich. Sie zeigte am Beispiel Favoriten, wie diese in der Praxis aussehen würden: am Wienerberg würden Wohnungen errichtet, der Bildungscampus sorge für beste Ausbildung, die „zukunftsorientiert und innovativ“ arbeitenden Wiener Linien würden bis September 2017 fünf zusätzliche U-Bahn-Stationen in Favoriten errichten, womit auch die Therme Wien „perfekt angebunden“ sei und das „neue Mutter-Kind-OP-Zentrum im Kaiser-Franz-Josef-Spital bietet Spitzenbetreuung“. Als weiteren Konjunkturpartner nannte Gaal die Wien Holding, die jährlich „hunderte Millionen Euro in moderne Theater, den Hafen Wien und andere Institutionen“ investiere. Das zeige, „Wien ist sich der Verantwortung bewusst“.

GR DI Martin Margulies (Grüne) kritisierte die „unseriöse Darstellung“ der Verschuldungsrate der Stadt im Vergleich zum Bund. Er stellte erbrachte Leistungen wie Zuschüsse dem Bevölkerungswachstum gegenüber, was zeigen würde, dass „in absoluten Zahlen der Schuldenstand im Bund 20 Mal höher ist, als jener der Stadt“. Gratiskindergarten und bedarfsorientierte Mindestsicherung seien dem „radikalen wirtschaftlichen Wandel“ geschuldet. Die Herausforderung sei, wie „das gesamte Arbeitsvolumen sinnvoll verteilt wird, damit alle davon leben können“. Er betonte, „das jetzige Steuersystem ist nicht gerecht: Arbeit wird zu viel, Vermögen zu wenig besteuert“. Dass wir es uns „nicht leisten können, mit Flüchtlingen menschlich umzugehen oder den ÖsterreicherInnen Mindestsicherung auszuzahlen, das ist „nicht ordnungsgemäße Auseinandersetzung mit dem Vermögen, das wir tagtäglich erarbeiten“. Mit „nur einem Prozent Vermögenssteuer würden vier Mal so viele Menschen Mindestsicherung erhalten können“.

GR Klaus Handler (FPÖ) fragte, wie lange die „Ausrede Wirtschaftskrise“ noch strapaziert werden würde, dabei gehe die „Neuverschuldung vor allem auf die Einwanderungswelle“ zurück. Wie in anderen Ländern Europas auch, solle außerdem die „Minderjährigkeit von Flüchtlingen geprüft werden“. Hinsichtlich Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze missbilligte er, dass „seit einem Jahr immer wieder genannte Beispiel Boehringer-Ingelheim“. Und bei der Rede von „Rekord-Arbeitsplätzen“ treffe das nur auf die Teilzeitbeschäftigung zu, es müssten aber Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden. Als negatives Beispiel nannte er die enorme Diskrepanz zwischen Anzahl der Lehrstellensuchenden versus offene Lehrstellen. Handler kritisierte abschließend: In Wien heiße „sparen immer Leistungen kürzen“.

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) wies darauf hin, dass „kein Ökonom sagen würde, die Finanzkrise ist vorbei“, daher seien Investitionen der Stadt weiter unabdingbar und Wien habe die „richtigen Schlüsse gezogen“. Zum Thema Flüchtlinge sagte er, es sei eine nicht zu beeinflussende, internationale Entwicklung, die Wien gut bewältigt habe und außerdem sei der Bund zuständig. Das Bevölkerungswachstum sei nicht nur darauf zurückzuführen, sondern dass „Wien eine attraktive Stadt ist, die Menschen anzieht“. Auch die Wohnbauförderung würde international immer wieder bewundert.

GR Karl Baron (FPÖ) sagte, dass „Wien ein Ausgabenproblem hat, dessen Name Renate Brauner ist“. In ihrer Amtszeit habe sich der „Schuldenstand vervielfacht“. Hinzu komme, dass die Entwicklung des Schweizer Franken ungewiss sei, ebenso wie die Zukunft der Einkommensquellen. Als Beispiel nannte er die Parkraumbewirtschaftung, die „eine große Einkommensquelle“ sei. Als Negativbeispiel führte er die Wipplingerstraße an, deren „Fernradweg unnütz“ sei. Er bezweifelte, dass der Wirtschaftsstandort Wien nach wie vor attraktiv sei und wollte wissen, „wer bei der Lebensqualität gefragt“ werde.

Für GR Heinz Vettermann (SPÖ) sei „typisch Brauner“, hohe Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung“. Er nannte weiters als Beispiel erfolgreichen Wirtschaftens, die „Gemeinwohlökonomie, bei der Firmen eine Selbstbindung in der Bezahlweise von 1:10 einhalten“ würden. Als Beispiel für nachhaltige Infrastruktur nannte er Schulen, die aus der Kaiserzeit stammten und die von der Stadt Wien weiterverwendet und modernisiert würden. Mit dem Bildungscampus gäbe es ein „Zukunftsmodell“.

GR Mag.a Ulrike Nittmann (FPÖ) betonte die hohe Neuverschuldung, vor allem wegen der Mindestsicherung. Die eingebrachte „mittelfristige Finanzplanung bis 2020“ sei für sie „nur eine Beruhigungspille“, denn schon für 2016 sei ein „ausgeglichenes Budget versprochen“ worden. Sie bezweifelte, dass angebliche Gründe für die Neuverschuldung, wie Wachstum und Flüchtlingskrise bis dahin verschwinden würden und befürchtete, dass die „Gebührenschraube“ wieder angezogen werde und die Bereiche „Gesundheit und Bildung zu Tode gespart werden“ würden.

GR DI Dr. Stefan Gara (NEOS) erklärte seinem Vorredner GR Stürzenbecher, dass sich „Finanz- und Wirtschaftskrise durch Zahlungsdefizite von Spekulationen massiv unterscheiden“ würden. Und verwies darauf, dass Deutschland das zweiterfolgreichste Wirtschaftsjahr absolviert habe. Weiters sei der Wiener Arbeitsmarkt ein „Strukturproblem“. Und das von GR Vettermann eingebrachte Gemeinwohlmodell sei zum Beispiel „beim Krankenanstaltenverbund sicher nicht angewendet“ worden.

GR Mag. Renate Brauner (SPÖ) wies GRin Meinl-Reisinger, die keine Investitionen erkennen würde, auf die „vielen Baukräne in der Stadt“ hin, auf „neue Wohnbauten und den U-Bahnbau“. Außerdem erneuerte Brauner die Einladung in die Wirtschaftsagentur, die mit Pilotfabrik, universitären Förderungen und Start ups ein gutes Beispiel dafür sei, dass Investitionen tatsächlich getätigt werden würden. Dem Vorredner GR Aiginger entgegnete sie, dass die „Golden oder Silver-Rule“ besage, dass „Fremdmittel eben nicht für den laufenden Betrieb vorgesehen sind, sondern Investitionen“. Brauner kritisierte außerdem, dass die Summe der Schulden innerhalb dieser Debatte gewachsen sei, das sei „keine seriöse Diskussion“. Vielmehr gebe es „europaweite Richtlinien, was zu Schulden zählen würde und keine Fantasiezahlen“. Emotional verteidigte Brauner die Frauenrechte, denn die SPÖ stehe „für die Unabhängigkeit der Frauen, das sei der beste Schutz vor Angriffen“ und lehnte das von der FPÖ gezeichnete Frauenbild deutlich ab. Sie vermisste Realitätsbezug, beim von GR Wiederkehr als Vorbild eingebrachten „Linzer Reformprozess“, der Kürzungen und Einsparungen beinhalte, die in diesem Gremium abgelehnt werden würden. Bezugnehmend auf GR Jurazcka sagte Brauner, die Pro-Kopf-Verschuldung in Berlin, Hamburg und München sei deutlich höher als in Wien. Abschließend zitierte sie mehrere UnternehmerInnen, die „ein nachhaltiges Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Wien abgegeben hatten“.

(Forts.) heb/gra

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