Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 04.05.2017:
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22. Wiener Gemeinderat (2)

GR Dipl.-Ing Omar Al-Rawi (SPÖ) sagte, Architektur sei immer ein Zusammenspiel aus Funktionalität und Ästhetik – und natürlich sei das optische Erscheinungsbild immer subjektive Geschmackssache. Ihm persönlich zum Beispiel gefielen „hohe, schlanke Türme besser als gestauchte, blade Gebäude“. Unabhängig von einer möglichen Wiener „Hochhausphobie“ müsse allen Beteiligten klar sein, dass der benötigte Platz in einer wachsenden Stadt nur durch Verdichtung möglich sei, wolle die Stadt Wien ihren 50-Prozent-Grünanteil behalten. Die Opposition kritisiere das Heumarkt-Projekt als „Husch-Pfusch“ – das Gegenteil sei der Fall: Das transparente Verfahren sei über viele Jahre gelaufen und habe in seiner kooperativen Natur alle Beteiligten eingebunden. Wie solle es mit dem UNESCO-Welterbe-Status weitergehen? Al-Rawi sah zwei mögliche Perspektiven: Entweder die UNESCO anerkenne die dynamische Entwicklung der Stadt (wobei das Heumarkt-Projekt keine der drei Epochen gefährde, welche die UNESCO an der Wiener Bausubstanz schätze, nämlich Mittelalter, Barock und Gründerzeit), oder der Welterbe-Status der gesamten Inneren Stadt werde auf Teilbereiche wie die Hofburg reduziert.

GR Dipl.-Ing Dr. Stefan Gara (NEOS) drängte die Stadtregierung auf eine klare Entscheidung: „Steht Wien zum UNESCO-Status, ja oder nein?“ Bislang werde herumlaviert, „die Stadt stiehlt sich bei dieser Frage aus der Verantwortung“. Das sei auch der Grund, warum die NEOS gegen die Flächenwidmung stimmen würden – sie seien nicht gegen das Projekt per se, aber gegen den Umgang der Stadt mit dem UNESCO-Weltkulturerbe-Status. Diese Frage sei umso pikanter, als es im Architekturwettbewerb für das Areal durchaus Alternativvorschläge gegeben habe, die sehr wohl den UNESCO-Vorgaben entsprochen hätten. Er sprach sich dafür aus, die Wienerinnen und Wiener über den Erhalt des UNESCO-Status abstimmen zu lassen. Unabhängig davon bräuchten Stadtplanung und –entwicklung verbindliche, rechtssichere Instrumente. Gara brachte diesbezüglich einen Antrag ein, der das Schließen der „Zuständigkeitslücke“ zwischen Stadtentwicklungsplan (STEP) und Flächenwidmungen auf lokaler Ebene zum Inhalt hatte. In einem zweiten Antrag forderte er die Neuorganisation des Fachbeirats für Stadtplanung – dieser solle künftig internationaler aufgestellt sein.

GRin Dr. Jennifer Kickert (Grüne) ging im Detail auf die gesetzliche Stellung und die Möglichkeiten des Fachbeirats für Stadtplanung ein. Die NEOS kritisierten, dass der Stadtentwicklung keine rechtsverbindlichen Instrumente zur Verfügung stünden – dabei sei der Fachbeirat genau so ein Instrument. Er sei im Gesetz verankert und durch die Wiener Bauordnung abgesichert. Auch antwortete sie auf den Vorwurf, Rot-Grün würde sich vor dem Beantworten der UNESCO-Frage drücken: Tatsächlich obliege dem demokratisch legitimierten Gemeinderat die Entscheidung, wie es am Heumarkt-Areal weitergehen solle. Den Mandatarinnen und Mandataren würden dabei zahlreiche „Ebenen der Begutachtung“ als Entscheidungsgrundlage dienen; die Empfehlung des Fachbeirats sei eine davon. „In Abwägung aller Vor- und Nachteile“ habe sie, Kickert, für sich die Entscheidung getroffen, dass das Heumarkt-Projekt „unterstützenswert“ sei.

GRin Mag. Bettina Emmerling (NEOS) verwendete ihre Rede, um allgemein auf die Situation der BürgerInnen-Beteiligung in Wien einzugehen. Mit der Regierungsbeteiligung der Grünen sei zwar ein „zartes Pflänzchen“ gewachsen – etwa durch das Petitionsgesetz oder den Masterplan Partizipation – diese Maßnahmen seien aber allesamt „zu mutlos“. Echte BürgerInnen-Beteiligung finde nicht statt, weil es keinen „Rechtsanspruch auf Mitsprache“ gebe. Ob und in welcher Form BürgerInnen bei Stadtplanungsprozessen eingebunden werden, obliege derzeit „dem Gutdünken der Politik“. Mittels Antrags forderte sie eine Überarbeitung des Masterplans Partizipation, der um eine rechtliche Verbindlichkeit erweitert werden solle.

GR Ernst Woller (SPÖ) meinte, das Heumarkt-Projekt sei das „bestdisktuierte“ der Stadt. Über fünf Jahre habe es breite BürgerInnen-Beteiligung, Mitsprache und Information gegeben. Der Opposition warf er vor, Diskussionen in die Länge zu ziehen, um Projekte zu verhindern. Ein Bürgerrat, wie ihn die NEOS vorschlagen, sei ein Gremium, das nicht demokratisch legitimiert sei. Das Projekt sei bereits im „demokratisch gewählten“ Bezirksparlament der Landstraße diskutiert worden und werde am 1. Juni im ebenfalls demokratisch legitimierten Gemeinderat behandelt. Die Stadt vertrete damit die Interessen der BürgerInnen; es sei auch wichtig, Verlässlichkeit für Investoren zu garantieren. Das Projekt nannte er eine „Win-Win-Win-Situation“. Ein unattraktives Areal „in der Mitte der Stadt“ werde durch das Projekt aufgewertet. Woller erinnerte daran, dass der städtebauliche Vertrag zahlreiche Dinge enthalte, unter anderem den Erhalt des Eislaufvereins, neue Infrastruktur wie eine ganzjährig nutzbare Eishalle, mehr öffentlichen Raum sowie einen neuen Konferenz- und Uni-Standort.

Abstimmung: Keiner der eingebrachten Anträge fand die notwendige Mehrheit.

Die 22. Sitzung des Wiener Gemeinderats endete um 11.06 Uhr.

(Schluss) esl/ato

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