Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.04.2018:
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35. Wiener Gemeinderat (7)

Subvention an die Vereine: Förderung der Stadtbenutzung, Wiener Stadtfeste, Wiener Kulturservice

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ) kritisierte den bürokratischen Aufbau des Vereins, der die Wien Woche organisiert. So bekäme diese eine Subvention von 450.000 Euro, nach eigenen Angaben stünden den TeilnehmerInnen nur 170.000 Euro für Projekte zur Verfügung. Die Differenz versickere offenbar in der vereinsinternen Bürokratie. Überhaupt spreche sich die FPÖ gegen Feste aus, die „dazu dienen, dass sich eine Partei profilieren kann“. Dazu zählte er das Stadtfest ebenso wie das Donauinselfest. Diese erhielten Subventionen, was einer „Besserstellung von Kulturvereinen mit Parteinähe gegenüber anderer Initiativen gleichkomme“.

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) sprach von „Förderproporz“ und „Förderunkultur“: Die Kulturveranstaltungen von Grünen, SPÖ und ÖVP würden noch zusätzlich zur „üppigen“ Parteienförderung unterstützt. Parteipolitik hätte in der Kulturförderung nichts zu suchen.

GR BA Petr Baxant (SPÖ) betonte, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt sei, „auch wegen der Kultur“. Das Donauinselfest sei zwar von der Sozialdemokratie inspiriert, werde aber nicht als SPÖ-Fest wahrgenommen. Selbiges gelte auch für die Wien Woche und die Grünen. Die Kritik seines Vorredners ließ er nicht gelten: „Politische Parteien sollten auch Feste mit der Bevölkerung feiern können.“

Abstimmung: Die Subventionen wurden mehrstimmig gewährt.

Subvention an die Israelitische Kultusgemeinde Wien

GR Peter Florianschütz (SPÖ) lobte die Arbeit der IKG Kultur Wien, diese sei einerseits wesentlich für die Erinnerungskultur, aber auch die zeitgemäße Darstellung des jüdischen Lebens in Wien. In seiner Rede ging er außerdem auf die Tätigkeit der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Antisemitismus ein. Diese habe sich bereits zu ihrem ersten Treffen zusammengesetzt und sei auf „einem guten Weg“. Er brachte einen Antrag betreffend der Übernahme der Arbeitsdefinition von Antisemitismus, erarbeitet von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) ein.

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ) meinte, in den vorangegangenen „hitzigen Debatten“ sei mit dem Begriff Antisemitismus „leichtfertig umgegangen worden“. Er lobte die „seriöse Vorsitzführung“ Florianschütz in der Arbeitsgruppe und das vom Gemeinderat gestartete Projekt.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) strich hervor, dass in der Arbeitsgruppe alle Fraktionen gemeinsam und auf Augenhöhe agierten. Es sei ein wichtiger symbolischer Akt die Antisemitismus-Definition der IHRA zu übernehmen. Es gebe viele Arten des Antisemitismus von jenem der NS-Ideologie angefangen über den christlichen Antisemitismus, der Wurzel antisemitischer Haltungen von Persönlichkeiten - wie zum Beispiel dem Bürgermeister Lueger - bis hin zum muslimischen Antisemitismus. Diese Arten des Antisemitismus könnten nicht gegeneinander aufgerechnet werden, sondern seien alle abzulehnen. Juraczka erinnerte an den al-Quds-Tag, der auch in Wien gefeiert werde und dazu genutzt, um „massiv gegen den Staat Israel zu hetzen“. Abschließend meinte Juraczka, dass ihm die Art und Weise wie die „Soros-Diskussion von Orban geführt wurde, nicht gefallen hat“; Kritik müsse aber möglich sein. Wien habe eine große jüdische Tradition: Das Judentum gehöre jedenfalls zu Österreich, wie das Riesenrad und der Stephansdom.

GR David Ellensohn (Grüne) sagte, es sei „großartig“, dass die Stadt die Definition von Antisemitismus übernehme. Die Diskussion um George Soros „sei Anlass, um dazu zu lernen“, antisemitische Codes zu erkennen.

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) lobte die konstruktive Arbeit in der Arbeitsgruppe. Diese hätte bereits konkrete Felder definiert, auf denen Antisemitismus erkannt und bekämpft werden sollte, zum Beispiel im Sport, unter Jugendlichen und in der Jugendarbeit im migrantischen Milieu. Es sei gut, dass alle Parteien beim Thema Antisemitismus an einem Strang zögen.

StRin Ursula Schweiger-Stenzel (FPÖ) begrüßte „als Kind einer jüdischen Mutter und einem sogenannten arischen Vater“ die Entscheidung die Definition von Antisemitismus der IHRA zu übernehmen. Der Text müsse aber gelebt werden, mahnte Schweiger-Stenzel. Im Alltag würden auch heute oft unbewusst Dinge gesagt, die für Menschen jüdischer Abstammung sehr verletzend sein können. Sie zitierte ihren Vater, der meinte: „Die Deutschen waren die besseren Nazis, aber Österreicher die besseren Antisemiten“. Deshalb kämpfe sie gegen „jeden Ausrutscher am Stammtisch“. Antisemitismus würde in ihrer Partei nicht geduldet. Sie erinnerte an verschiedene Formen des Antisemitismus vom christlichen bis hin zum muslimischen Antisemitismus. Hier müsse man „wachsam“ sein.

StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) nutzte seine Rede, um auf 17 Jahre als Stadtrat zurückzublicken. Wien sei bei seiner Angelobung 2001 „eine aussterbende Stadt gewesen“, seither habe sich „viel getan“. Wien habe fast ohne Unterbrechung internationale Auszeichnungen erhalten - ein Zeichen dafür, dass es sich für alle in Wien immer besser leben lasse. Wien sei zur größten Uni-Stadt im deutschsprachigen Raum gewachsen und profitierte von einem gut funktionierenden öffentlichen Bereich. Wien sei eine egalitäre Stadt: „Leistung, Respekt, Menschenwürde zählen vor der Herkunft.“ Mailath-Pokorny habe versucht, diese Maxime in dieser Politik umzusetzen. Die Stadt zeichne sich durch Vielfalt aus: „Wiener sind wir, nicht weil wir hier geboren sind, sondern, weil wir hier leben und wie wir leben.“ Kultur müsse allen zugänglich bleiben. Weltstädtische Vision müsse sich immer gegen provinzielle Ressentiments durchsetzen. Hohe Zivilisation könne schnell in Barbarei umschlagen, weshalb Erinnerungskultur, Mahnmale, „Fest der Freude“ und eine konsequente Restitutionspolitik wichtige Schwerpunkte seiner Politik gewesen seien. Vielfalt bedeute Reichtum, nicht Bedrohung, weshalb es immer Platz für Neues geben müsse. Politik müsse sich nicht vor Fehlern scheuen, weil Menschen aus Fehlern lernen. Museumsquartier, Filmförderung, gendergerechte Besetzung von Spitzenpositionen, Etablierung von neuen Theatern wie dem Rabenhoftheater, Gratis-Eintritt für Kinder in Museen, die Neuausrichtung des Wienmuseums, die Vereinsmillion für den Sport, die Ansiedlung der Central European University oder der Wissenschaftsball - all diese Themen seien gemeinsam im Gemeinderat diskutiert und schließlich beschlossen worden. Für diese Erfolge zeigte sich Mailath-Pokorny dankbar, ebenso für die Zusammenarbeit und den demokratischen Austausch.

Abstimmung: Einstimmig angenommen. Der Antrag betreffend Arbeitsdefinition von Antisemitismus wurde ebenfalls einstimmig angenommen.

(Forts.) ato/fis

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