Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.05.2018:
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37. Wiener Gemeinderat (7)

Wahl des Bürgermeisters und seine Angelobung

GR David Ellensohn (Grüne) erinnerte an die Stimmung des europäischen Aufbruchs, an das Gefühl der Freiheit und den Aufschwung der Demokratie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – jene Zeit zu Beginn der 1990er Jahre in der Bürgermeister Dr. Michael Häupl (SPÖ) sein Amt angetreten hatte. Sein designierter Nachfolger Dr. Michael Ludwig (SPÖ) sei mit einer ganz gegensätzlichen Stimmungslage konfrontiert: Die Visegrad-Staaten feierten „das Ende der liberalen Demokratie“, reaktionäre Politik gebe in Europa den Ton an. Es liege an der Menschenrechtsstadt Wien, ein Vorbild für Demokratie, soziale Sicherheit und Frieden zu sein. Dazu gehöre auch der soziale Wohnbau, ein Eckpfeiler der Daseinsvorsorge. 62 Prozent der WienerInnen lebten im geförderten Wohnbau, der garantiere, dass Wohnen in Wien mit einem durchschnittlichen Einkommen leistbar bleibe. Ebenso werde Rot-Grün die Bedarfsorientierte Mindestsicherung vor Angriffen aus dem Bund verteidigen.

GR DDr. Eduard Schock (FPÖ) erwiderte: „Unkontrollierte Einwanderung, 15 Prozent Arbeitslosigkeit und 400.000 armutsgefährdete Wiener – so viel zu Ihrer sozialen Sicherheit.“ Es sei der Bund, der gerade das Sozialsystem rette und den Sozialstaat ausbaue; etwa durch den Familienbonus und die Steuerreform. Michael Ludwig sei „ein Mann des Systems, ein Mann der Funktionäre und nicht der Menschen. Er ist das Fleisch gewordene alte System“, weshalb die FPÖ ihn unmöglich als Bürgermeister wählen könne. Ebenso abzulehnen seien Peter Hanke als Wirtschaftsstadtrat und Peter Hacker als Sozialstadtrat. Hanke habe bei der Wien Holding durch „hochspekulative Finanzgeschäfte Millionen verloren“; Hacker habe die unkontrollierte Zuwanderung und die Willkommenskultur „mitgeplant und mitorganisiert“.

GR Ing. Christian Meidlinger (SPÖ) sagte: Der Lebenslauf von Michael Ludwig, der es aus einfachen Verhältnissen zum Bürgermeisterkandidaten geschafft habe, mache stolz und diene als Vorbild für junge Wiener. Als Gewerkschafter begrüße er vor allem Ludwigs Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft – im Gegensatz zum Bund, der mit seinen Kürzungen den sozialen Zusammenhalt gefährde. Die schwarz-blaue Regierung streiche dem AMS Mittel, kürze beim Jugendcollege und Deutschkursen – „aber sicher nicht in Wien.“ Auch lasse Wien die ArbeitnehmerInnen nicht im Regen stehen und trete für deren Interessen ein, etwa beim 12-Stunden-Tag, der Sonntagsöffnung oder Tourismuszonen. Die KAV-Neuorganisation, die Besoldungsreform sowie die Zusammenführung der städtischen IT seien Zeichen, dass die bisherige Stadtregierung bis zuletzt intensiv gearbeitet habe. Und dass Rot-Grün zum Krankenhaus Nord eine Untersuchungskommission einberufe, belege, dass die Stadtregierung handle, statt nur – wie die Oppsosition – zu reden.

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) bezog sich auf die Aussage der SPÖ, das neue Team von Ludwig zeuge von Durchlässigkeit zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn ein Stadtrat aus dem FSW komme und ein anderer von der Wien Holding, sei das kein Zeichen von Durchlässigkeit – beides Stadt-nahe Bereiche, „die dem System SPÖ zuzurechnen sind“. Auch die Rücktrittskultur sei „moralisch hinterfragenswert“: Für Noch-Wirtschaftsstadträtin Mag.a Renate Brauner (SPÖ) wurde ein „Versorgungsposten“ geschaffen „quasi aus dem Nichts“. Es sei nicht klar, woher das Budget für diesen Posten komme und um welche Aufgaben sich Brauner in ihrer neuen Funktion überhaupt kümmern solle. In Zeiten des Sparens, wo Vereinen die Subventionen gekürzt würden, erhalte ausgerechnet jener Verein „von heute auf morgen“ 20.000 Euro mehr, dessen Präsidentin Brauner sei. Die SPÖ sehe die Stadt als Selbstbedienungsladen, es gelte das Prinzip „wer wen kennt, statt wer was kann“.

GRin Ingrid Korosec (ÖVP) nannte Ludwig einen „erfahrenen Administrator für ein schweres Amt“. Angesichts der langen Liste an Herausforderungen, von hohem Schuldenstand über KH-Nord bis zur Integration, sei Ludwig keine Schonfrist gewährt. Peter Hacker übernehme als Gesundheitsstadtrat mit dem Sozialsystem die „buchstäblich und im übertragenen Sinne teuerste Großbaustelle Wiens“. Ideologisch und politisch sehe sie kaum Schnittmengen zu Hacker, sie schätze ihn jedoch als „gewieften Manager mit professionellem Handwerk“. Sie traue ihm zu, das Gesundheitssystem von Grund auf zu sanieren und auf komplett neue strukturelle Beine zu stellen. Dafür müsse Hacker aber die „politischen Verfilzungen auflösen, was im roten Wien nicht einfach ist“. Sie wünschte ihm, Hacker, den Rückhalt des neuen Bürgermeisters für dieses große Vorhaben. Zuletzt brachte Korosec zwei Anträge ein: Einen zur Reform der Mindestsicherung, den zweiten zur Neuausrichtung des Spitalskonzepts 2030.

(Forts.) esl/ato

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