Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 05.10.2018:
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28. Wiener Landtag (1)

Die Wiener NEOS hatten eine Sitzung des Landtags zum Thema „Bildungsrevolution für Wien – Land Wien muss Maßnahmen gegen Misere im Pflichtschulbereich setzen“ verlangt. Die Sitzung auf Verlangen begann heute, Freitag, um 9 Uhr. Fragestunde und Aktuelle Stunde entfielen.

LAbg Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) zeigte sich erfreut, dass nach „Jahrzehnten der Maulkorberlässe für Lehrer“ der Stadtschulrat jetzt endlich einen offenen Dialog über die Missstände an Wiener Schulen zulasse. Um kulturelle und religiöse Konflikte in Klassen zu überwinden, brauche es aus Sicht der NEOS einen allgemeinen Ethikunterricht, der den bisherigen Religionsunterricht ersetzen solle. Religion solle aber weiterhin als Freifach angeboten werden. In diesem Ethikunterricht sollte nicht nur Wissen über Weltreligionen vermittelt werden, sondern auch Werte der Aufklärung, der Rechtsstaatlichkeit und der Gleichstellung von Mann und Frau. Dazu brachte er einen Antrag ein. Das jüngste Bildungspaket des Bundes sei „kein großer Wurf“: Das Wiedereinführen des Sitzenbleibens sei lediglich „Symbol der Härte“ und löse keine Probleme; statt verpflichtenden Ziffernnoten in der Volksschule sollten die Schulen gemeinsam mit den Eltern jeweils autonom entscheiden dürfen, wie die Kinder bewertet würden. Statt „kleinen Pflastern“ brauche es eine große Reform, wobei dieser neue „Bildungspfad“ überparteilich beschritten werden solle. Wiederkehr forderte in einem Antrag einen „großen Bildungsgipfel“.

LAbg Sabine Schwarz (ÖVP) ortete „elementare Mängel“, verursacht durch die falsche rot-grüne Bildungspolitik: Den Kindern fehle es an Deutschkenntnissen, Schulen kämpften mit Gewalt und Radikalisierung, die Stadt habe die Eltern „als Bildungspartner verloren“ und LehrerInnen im Stich gelassen. Ein erster Schritt müsse sein, bei der Sprache als Schlüssel anzusetzen. Für pädagogisches Personal an Kindergärten und Schulen müsse statt „ausreichenden Sprachkenntnissen“ das Deutschniveau C1 als Mindestanforderung gelten. Um auch Kindern die erforderlichen Sprachkenntnisse beizubringen, müsse das Personal für Sprachförderung in den Kindergärten „massiv aufgestockt werden“. Dazu brachte sie Anträge ein. In einem dritten Antrag forderte sie das Streichen des Paragraphen 16 Absatz 4 des Wiener Kindergartengesetzes, wonach bei einem Mangel an ausgebildeten PädagogInnen auch Personal „mit Erfahrung in der Kinderbetreuung“ zum Einsatz kommen könne. Für eine qualitätsvolle Betreuung brauche es eben auch entsprechend gut ausgebildetes Personal. In einem vierten Antrag forderte Schwarz, dass Kindergartenbetreiber auf ihren Homepages mindestens ein aussagekräftiges Impressum vorweisen müssten, damit sich Eltern über die Hintergründe der Betreiber informieren könnten. Im fünften Antrag forderte sie ein neues Konzept für den Übergang vom Kindergarten in die Volksschule, um Kindern den Umstieg zu erleichtern. Betreffend Gewalt und Radikalisierung an Schulen erinnerte Schwarz daran, dass die Opposition seit Jahren auf die Gefahr hinweise – Kritik an der rot-grünen Handhabe sei aber stets „ins rechtsextreme Eck gestellt worden“. Die Stadtregierung schiebe die Schuld an allen Missständen auf die türkis-blaue Bundesregierung, dabei datiere der erste Verdacht auf islamistische Kindergärten in Wien aufs Jahr 2010 zurück. Ihr sechster Antrag hatte deshalb die Forderung zum Inhalt, dass die Wiener Stadtregierung den Widerstand gegen die Reformvorgaben des Bundes im Bildungsbereich aufzugeben habe. Schließlich bezog sie sich auf die Wahlfreiheit bei der Ganztagesbetreuung: Eltern müssten selbst entscheiden dürfen. Die Stadt müsse aufhören, sich auf die verschränkte Ganztagsschule zu kaprizieren und Eltern zu bevormunden. Ihr letzter Antrag hatte zum Inhalt, dass Schulen selbst über ihr Betreuungsangebot entscheiden sollen dürfen.

LAbg David Ellensohn (Grüne) bezeichnete die bildungspolitische Debatte „als Sonntagsrede aller Parteien“. Natürlich seien alle dafür, „nur das Beste für die Kinder zu wollen“, und natürlich behaupteten alle Parteien, das Wohl der Kinder ganz an die Spitze zu stellen. Tatsächlich gebe es aber sehr wohl einen Unterschied zwischen progressiven Konzepten und dem „konservativen Kasten- und Elitensystem, das darauf setzt, dass Bildung vererbt wird und andere ausschließt“. Wenn sich nun etwa die ÖVP auf Wiener Ebene für mehr pädagogisches Personal und Sprachförderung ausspreche, müsse man den Blick Richtung Bundesregierung lenken, die mit ihren Kürzungen „alles kurz und klein haut, was progressive Kräfte bildungspolitisch erreicht haben“. Mehr Qualität in der Bildung bedeute kleinere Klassen und Lerngruppen, Teamteaching, mehr und besser bezahltes pädagogisches Personal. Das alles koste Milliarden, sei es aber wert. Es zeige sich, dass der Bund eben nicht gewillt sei, so viel in die Kinder zu investieren. Dass seine Vorrednerin Schwarz von der ÖVP gegen flächendeckenden Ganztagesunterricht an Schulen sei, könne er nicht nachvollziehen: Der überwiegende Großteil aller konservativen Privatschulen und Internate sei selbstverständlich ganztägig konzipiert.

(Forts.) esl

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