Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.10.2018:
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43. Wiener Gemeinderat (2)

Aktuelle Stunde

Das Thema der Aktuellen Stunde hatte die ÖVP eingebraht: „E-Mobilität in Wien: Lösen wir die Handbremse und fördern wir E-Mobilität – mit weniger Ideologie und mehr Energie. So machen wir Wien zur E-Stadt“

GRin Dipl.-Ing.in Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) bezeichnete E-Mobilität als „essenzielles Zukunftsthema“, das in Wien noch nicht in der Gegenwart angekommen sei. Während E-Mobilität in anderen Städten längst Realität sei, stecke es in Wien noch in „Kinderschuhen“. Es fehle in Wien im Bereich E-Mobilität an Innovation, das zeige der Monitoring-Bericht zur Smart-City Strategie. Auch in einer OECD-Studie erreiche Wien derzeit nur 1,8 von zehn möglichen Punkten und sei damit Schlusslicht unter den österreichischen Bundesländern, auch bei der Neuzulassung von Elektroautos. Besonders kritisierte Olischar die Wiener Grünen, die „reflexartig“ den modernisierten Individualverkehr ablehnten. So würden sie die Pläne des Leihauto-Anbieters Car2Go, den Fuhrpark auf E-Autos umzurüsten, nicht unterstützen wollen. Das Ziel der Stadtregierung, 1.000 E-Ladestellen bis zum Jahr 2020 zu errichten, bezeichnete Olischar als „zu wenig ambitioniert“. Im Jahr 2015 hätte Amsterdam schon 2.000 Ladestationen installiert gehabt und stehe mittlerweile bei 4.000.

GR Dipl-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sagte, E-Mobilität sei wichtig für die Nachhaltigkeit der Stadt. Er forderte den Ausbau der E-Mobilität „dort, wo es Sinn macht“, beispielsweise im Fuhrpark der Stadt Wien, sowie bei den Carsharing Angeboten. Gleichzeitig warnte er auch vor „sinnlosen Forderungen“, wie etwa jener der Bundesregierung, Busspuren für Elektroautos freizumachen. Es gehe um eine „ernsthafte Klimapolitik“ und um die Frage „wie steuern wir richtig?“. Die NEOS forderten eine „innovationsfördernde, aufkommensneutrale CO2-Steuer“. So könnten Innovationen gefördert, Arbeitskosten entlastet und der CO2-Ausstoß drastisch reduziert werden.

GR Mag. Rüdiger Maresch (Grüne) sah die Bundesregierung in der Pflicht: „Die Klimapolitik der Bundesregierung müsste endlich in die Gänge kommen“, forderte er. Abgesehen von Vorschlägen im Bereich der E-Mobilität, welche er ablehne, sehe er in den Plänen der Regierung keine konkreten Vorschläge für eine zukunftsorientiere Klimapolitik. Statt umfassende klimapolitische Zielen zu formulieren, konzentriere sich Schwarz-Blau auf die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen. Maresch kritisierte zudem die Untätigkeit der Regierung beim „Dieselskandal“. Eine Absage erteilte er den Bundesregierungs-Ideen rund um E-Mobilität, wie Gratisparken für Elektroautos in Kurzparkzonen. Der Kritik der Opposition an den Maßnahmen der Stadt Wien hielt Maresch entgegen: Sie halte die Information vor, dass der motorisierte Individualverkehr auf 15 Prozent reduziert worden sei. Maresch stimmte zwar zu, dass es bei den Bussen und im Fuhrpark der Stadt Wien noch Verbesserungspotenzial gebe, Wien aber im Bereich E-Mobilität schon sehr aktiv sei.

Laut GR Karl Baron (FPÖ) sei Wien im Europavergleich Schlusslicht bei der E-Mobilität. Das sei eine „Schande“, sagte er. Der Zustand der Elektromobilität in Wien sei „einer europäischen Hauptstadt“ nicht würdig. China zeige vor, was möglich sei: Denn dort sei der öffentliche Busverkehr in Millionenstädten zu 100 Prozent elektrisch betrieben. In Wien dagegen gebe man sich schon mit kleinen Schritten zufrieden, wie z.B. einzelne Buslinien auf E-Mobilität umzurüsten. Baron gab auch zu bedenken, dass es nicht möglich sei, alleine durch den Ausbau von E-Tankstellen die Zulassungen von Elektroautos zu steigern. E-Autos hätten im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotoren erhebliche Nachteile, die durch eine massive finanzielle Förderung ausgeglichen werden müssten, meinte Baron.

GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) forderte die Opposition auf, die „geistige Handbremse zu lösen“. Wien stehe in der Elektromobilität gut da, so werde mittlerweile jeder dritte Weg von den Wienerinnen und Wienern mit elektrisch betriebenen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Wien setze auf U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und den Ausbau der E-Busse. Dass das der richtige Weg sei, zeige sich daran, dass jährlich eine Milliarde Öffi-Fahrten mit den Wiener Linien zurückgelegt werden. Außerdem gebe es in Wien mehr Jahreskarten für den öffentlichen Verkehr als Autozulassungen. Dass es im Bundesländervergleich in Wien verhältnismäßig weniger E-Autos gebe, erklärte Taucher mit anderen Voraussetzungen im urbanen Raum. Zum einen verfügt Wien über ein umfassendes Öffi-Netz, zum anderen könnten „eine Million E-Autos in Wien nicht die Lösung sein“. Abschließend forderte Taucher die Bundesregierung auf, die Errichtung von E-Tankstellen in mehrgeschossigen Wohnhäusern juristisch zu erleichtern und finanziell zu fördern.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) warf ÖVP und FPÖ vor, die Debatte im Gemeinderat „ideologiebehaftet“ zu führen. In einer Stadt sei der Platzverbrauch das größte Thema, sagte Emmerling. Raum sei ein begrenztes Gut, mit dem verantwortungsbewusst umgegangen werden müsse. Eine Öffnung der Busspuren für E-Autos lehnten die NEOS daher ab. Auch die finanzielle Förderung von E-Autos sei weder Aufgabe der Stadtregierung noch die Lösung – weder für die Umwelt noch für die Verfügbarkeit von freien Plätzen im öffentlichen Raum. Das zeige ein Blick nach Oslo: Dort habe die Förderung von Elektroautos zwar zu einem Anstieg von 39 Prozent bei den Neuzulassungen geführt, viele dieser Autos seien aber Zweit- und Drittautos. Zudem hätten diese Neuzulassungen zu einem massiven Rückgang im öffentlichen Verkehr geführt. Alternative Antriebe seien wichtig, es brauche aber auch Alternativen zum Auto, schloss Emmerling.

StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) attestierte der Debatte um E-Mobilität die „immer gleiche Dynamik“. Für die SPÖ sei „alles super“, auch wenn das nicht die Meinung der Menschen widerspiegle. Die Grünen wiederum würden einen „Klassenkampf“ führen. Eines sei allerdings klar: Wien liege in der E-Mobilität im hinteren Mittelfeld. Dass es Wien an einer adäquaten Mobilitätsstrategie mangle, zeige sich auch an der Energieproduktion: Im Bereich der Photovoltaik sei Wien beinahe Schlusslicht, meinte Wölbtisch. Der Anteil liege derzeit bei nur fünf Prozent. Das Argument, dass dafür Freiflächen fehlten, ließ Wölbitsch nicht gelten. Wölbitsch forderte Verdopplung der von der Stadt Wien geplanten Anzahl an E-Ladestellen; die Möglichkeit, Ladestationen im unmittelbaren Wohnumfeld zu beantragen; einen Ausbau des Photovoltaikanteils auf 20 Prozent bis zum Jahr 2030; eine Umstellung des Fuhrparks der Stadt Wien auf E-Mobilität bis 2030; die Befreiung von E-Autos von Parkgebühren sowie die Öffnung der Busspuren für E-Autos.

GR Mag. Christoph Chorherr (Grüne) betonte die Gemeinsamkeiten aller Fraktionen in der Debatte: Sie wünschten sich, dass E-Mobilität eine größere Rolle in der Stadt einnehme. Die Elektromobilität werde sich in den nächsten Jahren schnell und vielfältig entwickeln, sagte Chorherr. Bereits jetzt sehe man eine Vielzahl von elektrisch angetriebenen Fortbewegungsmitteln in der Stadt, wie etwa Skateboards mit E-Motor, E-Fahrräder oder E-Scooter. Es könne nicht sein, dass in Zukunft, drei Viertel des Raumes für den Autoverkehr reserviert seien und der Rest der vielfältigen Elektromobilität im freibleibenden Viertel stattfinden müsse. In Zukunft würden Begegnungszonen der Regelfall in der Verkehrsgestaltung sein, kündigte Chorherr an.

GR Georg Fürnkranz (FPÖ) sagte: Die rot-grüne Stadtregierung habe mit ihrer „ideologischen Verkehrspolitik das Chaos zum Prinzip erhoben“. Beispielhaft nannte er das Fahrverbot von E-Scootern auf Gehsteigen – dasselbe Problem gebe es mit Fahrrädern seit Jahren, und da werde weggeschaut. Überhaupt stehe die SPÖ aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner bei wirklich sinnvollen Fördermaßnahmen „auf der Bremse“. Es herrsche „eine dogmatische Autofeindlichkeit gegen alle Autos, auch wenn sie elektrisch fahren“.

GR Ernst Holzmann (SPÖ) entgegnete: Die Stadt setze umfassende Maßnahmen und konkrete Verbesserungen im Verkehr, auch im E-Verkehr. Dass Wien „Schlusslicht“ bei der E-Mobilität sei, habe Bürgermeister Dr. Michael Ludwig (SPÖ) bereits in der heutigen Fragestunde eindeutig widerlegt. U-Bahn, Schnellbahn, Bim und Busse „sind das Herz der Wiener E-Mobilität“. Der Ausbau der E-Ladestellen schreite voran. Er stehe zu 100 Prozent zu einer „Bevorrangung“ der Öffis – auch deshalb sei ein Öffnen der Busspuren kontraproduktiv. Wenn dort zu viele Ausnahmen gemacht würden, funktioniere die Busspur nicht mehr.

(Forts.) gaa/esl/sep

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