Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 22.11.2018:
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30. Wiener Landtag (10)

Novelle des Wiener Tierhaltegesetzes

LAbg Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ) kritisierte die vorliegende Gesetzesänderung auf mehreren Ebenen. Nicht jedes Unglück lasse sich mit durch Gesetze verhindern, „Messerstechereien waren immer schon verboten und passieren trotzdem“. Die zuständige Stadträtin Mag.a Ulli Sima (SPÖ) habe sich mit der Novelle „maßlos verrannt“, die strengen Auflagen und verpflichtenden Prüfungen seien eine „extreme Last für die zehntausenden gesetzestreuen Hundehalter in Wien“, ohne dass mit der Novelle ansatzweise garantiert sei, solche tragischen Ereignisse künftig verhindern zu können. Er stellte weiters die Frage der Verhältnismäßigkeit in den Raum: Das Lenken von E-Scootern und Fahrrad setze auch keinen Sachkunde-Nachweis voraus, obwohl auch im Straßenverkehr Gefährdungspotential herrsche. Aus juristischer Sicht sei der Gesetzestext „unsauber, handwerklich und terminologisch hingeschludert“ und in vielen Punkten aus seiner Sicht sogar verfassungswidrig. Vollzogen werden müssten die Kontrollen von der Polizei. Ein Landesgesetz, das von Bundesbehörden zu vollziehen ist, brauche die Zustimmung der Bundesregierung, sagte Aigner. Außerdem ermächtige die Novelle private Hundetrainer, HalterInnen Auflagen wie die Wiederholung von Hundeführschein-Prüfungen zu erteilen. Das sei aus zwei Grünen problematisch: erstens seien die HundetrainerInnen als UnternehmerInnen daran interessiert, durch wiederholte Prüfungen mehr Einnahmen zu lukrieren; zweitens dürften nur Behörden derartige Bescheide und Auflagen erteilen, keine Privatpersonen. Kritisch sah er auch die – wie er sie nannte – „Einschläferungsautomatik“, wonach jeder Hund nach einem Bissvorfall ex-lege ausnahmslos eingeschläfert werden müsse. Hier brauche es dringend eine Einzelfall-Prüfung. Das dieser Passus jetzt im roten Abänderungsantrag „repariert“ worden sei, zeuge davon, wie wenig durchdacht der ursprüngliche Gesetzestext formuliert war.

LAbg Mag.a Nina Abrahamczik (SPÖ) widersprach den Freiheitlichen, die nach dem tödlichen Angriff eines Listenhundes auf ein Kind im September „keinen akuten Handlungsbedarf für eine Gesetzesänderung“ gesehen hätten. Die vielen E-Mails besorgter Eltern und sogar die Einladung der FPÖ-Ministerin zu einem runden Tisch sprächen eine andere Sprache. „Natürlich erwarten sich die Wienerinnen und Wiener, dass wir als Politik jetzt rasch konkrete Schritte setzen.“ Sie erinnerte an die Volksbefragung aus dem Jahr 2010, bei der sich knapp 90 Prozent aller befragten WienerInnen für einen Listenhunde-Index und strengere Auflagen für deren HalterInnen ausgesprochen haben. Seit Einführung des Hundeführscheins seien die Bisse durch Listenhunde zurückgegangen, wenngleich diese immer noch die Statistik anführten. Der Hundeführschein „ist ja dem Halter gegenüber nicht böse gemeint“ – im Gegenteil: In dem vierstündigen Kurs lernen HundehalterInnen, ihr Tier besser einzuschätzen und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Hund in der Großstadt. Diese Sachkunde verhindere letztlich auch Tierleid. Maulkörbe seien dem Tier zuzumuten und reine Gewöhnungssache.

StRin Mag.a Ulli Sima (SPÖ) sagte: Nach dem tragischen Tod eines Kleinkindes durch die Attacke eines Listenhundes sei es ihre politische Verantwortung, jetzt rasch „effektive und effiziente Gegenmaßnahmen“ zu setzen. Die Menschen in dieser Stadt würden sich das auch zu Recht erwarten. Die FPÖ hingegen wolle die Alkoholisierung von KampfhundehalterInnen salonfähig machen: „Nein, es ist nicht okay, nach zwei Vierteln beim Heurigen noch mit dem Kampfhund rauszugehen.“ Zudem seien die Freiheitlichen „immer für mehr Strafen in allen Bereichen“, bloß beim Tierhaltegesetz nicht. In Bezug auf den Gesetzes-Vollzug meinte Sima, die Zusammenarbeit mit der Polizei funktioniere hervorragend, die Beamten wünschten sich selbst strengere Regeln.

Abstimmungen: Die drei Anträge der FPÖ auf Absetzung, Vertagung und Zurückstellung in den Ausschuss wurden abgelehnt. Zudem verlangte die FPÖ eine namentliche Abstimmung über die Novelle. Diese wurde mit 53 Ja- zu 46-Nein-Stimmen in erster Lesung beschlossen. Damit ein Gesetz gültig wird, bedarf es einer zweiten Lesung und Abstimmung. Für das sofortige Abhalten der zweiten Lesung gab es nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Die zweite Lesung findet in der nächsten ordentlichen Sitzung des Landtages statt.

(Forts.) esl/ato

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