Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.11.2018:
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45. Wiener Gemeinderat (2)

Aktuelle Stunde

Das Thema der Aktuellen Stunde hatten die Grünen eingebracht, es lautete: „Aktuelle Entwicklungen im Bereich Wohnen, Bildung und Soziale Sicherheit - rot-grün schafft Zukunft“.

Wien (RK) GRin Birgit Hebein (Grüne) hielt ihre erste Rede im Gemeinderat, nachdem sie in der parteiinternen Wahl der Grünen zur Nachfolgerin Maria Vassilakou gewählt wurde. Sie nannte leistbares Wohnen, Bildung und soziale Sicherheit „wichtig für ein friedliches Zusammenleben in der Stadt“. Was die schwarz-blaue Bundesregierung jetzt mit der Kürzung der Mindestsicherung vorhabe, habe „dramatische Folgen“ für Menschen in Notsituationen. Die Bundesregierung kommuniziere, dass die Reform „eh nur die Migranten“ treffe und „eh nur jene, die nicht Deutsch können“. Tatsächlich würden die Kürzungen „Kinder, Alte, Behinderte und Kranke“ treffen. Offenbar erziele Schwarz-Blau „einen Lustgewinn daraus, die Ärmsten der Armen zu schikanieren“. Es gehe hier um die Frage des Menschenbildes und der Menschenrechte: Rot-Grün erachte jeden Mensch gleich an Recht und Würde. Die Stadt wähle „den menschlichen Weg“ und gebe durch Möglichkeiten zur Ausbildung und Qualifizierung „die Chance zum Rauskommen aus der Not“. Das sei der wahre Unterschied zwischen rot-grüner und schwarz-blauer Politik.

GR Christoph Wiederkehr, BA (NEOS) gratulierte Hebein zur Wahl und meinte gleichzeitig, dass die „rot-grüne Nabelschau“ jetzt beendet werden müsse. SPÖ und Grüne seien in den vergangenen drei Jahren aufgrund diverser Personaldebatten nur mit sich selbst beschäftigt gewesen. „Dadurch werden die Probleme in unserer Stadt aber nicht gelöst.“ Wenngleich die NEOS die grüne Kritik an der Bundesregierung in vielen Punkten teilten, „ist nur gegen Schwarz-Blau zu sein“ als einziger Inhaltspunkt zu wenig. Er vermisste „die Politik für die geschröpfte Mittelschicht“. Öffentliche Schulen würden immer schlechter und das Gesundheitssystem sei am Limit. Immer mehr Menschen wichen daher auf Privatärzte und Privatschulen aus. Allesamt Leistungen, welche eigentlich die öffentliche Hand in hoher Qualität zur Verfügung stellen müsste.

StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) sagte: „Grün macht nicht Politik für alle Menschen, sondern nur für all jene, die genauso denken wie sie.“ Diese „Intoleranz“ gegenüber anderen Meinungen sei nicht hinzunehmen. Auch packe Grün die „Doppelkeule“ aus: Probleme und Skandale in Wien würden schöngeredet und der Bund permanent kritisiert. Die acht Milliarden Euro aus dem Finanzausgleich nehme Wien aber gerne vom Bund entgegen. Rot-Grün sei durch Personaldiskussionen „gelähmt“, viele Streitfragen zwischen SPÖ und Grünen noch offen: etwa der Lobau-Tunnel, die dritte Piste am Flughafen Schwechat oder der Bau des neuen Busterminals.

VBgm Dominik Nepp (FPÖ) entgegnete den Grünen, sie würden „Fake News“ verbreiten. Die Reform der Mindestsicherung brächte mehr Geld für AlleinerzieherInnen und Behinderte; für Alleinstehende und kinderreiche Familien ändere sich gar nichts. Gekürzt werde bei jenen, „die nicht Deutsch lernen und sich nicht integrieren wollen“. Er wolle nicht, „dass wir solche Menschen nach Wien in unser Sozialsystem locken, die unsere Werte und Kultur ablehnen“. Die Grünen hingegen würden nur den „moralischen Zeigefinger“ kennen und mit ihrer „political correctness“ all jenen Vorschriften machen, die anderer Meinung seien.

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) lobte die jüngst beschlossene Bauordnungsnovelle. Diese bringe mit der Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ die mutige und richtige Antwort auf die Spekulation mit dem Wohnraum. Mehr leistbares Wohnen sei mit der Novelle gesichert. Auch gebe Wien mehr Geld für die Wohnbauförderung aus, „als jede andere Stadt in Europa“. Auch der Klimaschutz sei in der neuen Bauordnung verankert, genauso wie die „intelligente Lösung“ auf die Frage der Airbnb-Vermietung von Wohnungen. Mit einem „goldenen Mittelweg“ werde die Vermietung privater Wohnungen für einen kurzen Zeitraum nicht generell verboten, aber da eingeschritten, wo die profitorientierte, gewerbliche Vermietung auf Kosten des Wohnraumes gehe. Die Bunderegierung forderte Stürzenbecher auf, für ein faires Mietrecht zu sorgen.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) habe aus der Rede der Grünen Hebein herausgehört, dass diese die soziale Frage mit der Ökologie verknüpfen wolle. Sozialpolitik sei aber „viel mehr“, dazu gehöre auch das „Grundbedürfnis nach Mobilität“. Die Stadt habe hier die Flächenbezirke und den Stadtrand „im Stich gelassen“, während sie Milliarden in eine „innerstädtische U-Bahn“ investiere. Die Menschen am Stadtrand seien zu wenig an den öffentlichen Verkehr angeschlossen, auf das Auto angewiesen und steckten im täglichen Stau. Die daraus entstehenden Abgase führten wiederum zur Gesundheitsfrage. Auch die Gebühren seien eine Frage der Sozialpolitik. Diese stiegen jedes Jahr und seien ein Kostentreiber bei der Verteuerung des Wohnens.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) nannte die Bilanz von Rot-Grün „finster“. Neben den vielen Personaldebatten um die Köpfe Wehsely, Häupl, Ludwig und nun Hebein stünden zahlreiche Punkte, in denen SPÖ und Grüne uneins oder zerstritten seien. Er nannte beispielhaft den Lobau-Tunnel, die dritte Flughafenpiste, das Alkoholverbot am Praterstern und in Floridsdorf und die Umgestaltung der Praterstraße. Das alles ergebe insgesamt „ein jämmerliches Bild“.

GR David Ellensohn (Grüne) sagte, rechte und konservative Kräfte quer durch Europa wollten das Grundverständnis der UN-Menschenrechte aushebeln und erachteten „eben nicht alle Menschen gleich an Recht und Würde“. Es sei „so einfach“, den Unterschied zwischen rot-grüner und schwarz-blauer Politik herunter zu rechnen: „Wollen wir mehr Demokratie oder weniger? Wollen wir mehr leistbare Wohnungen oder weniger? Wollen wir Bildung für alle oder weniger Bildung?“ Wien stehe zum Bildungszugang für alle, der Bund streiche LehrerInnenposten und SozialarbeiterInnen an Schulen. Wien mache den Kindergarten beitragsfrei, Schwarz-Blau in Oberösterreich erhöhe die Kosten dafür. Rot und Grün setzten sich dafür ein, dass Vermögende mehr beitragen sollen; die Bundesregierung wolle durch den Vermögenszugriff, dass „die Schwachen alles hergeben müssten“.

(Forts.) esl/fis

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