Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.11.2018:
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31. Wiener Landtag (2)

LAbg Mag. Thomas Reindl (SPÖ) sagte, der Sport lebe von seiner Selbstverwaltung. Wenn die Politik keinen „kommunistischen Staatssport“ wolle, müsse sie anerkennen, „dass wir nicht dirigistisch in die Selbstverwaltung der Sportverbände eingreifen“. Wien könne die Infrastruktur zur Verfügung stellen, der Rest basiere auf einem guten Miteinander mit den großen Dachverbänden ASKÖ, ASVÖ und Union sowie den weiteren mehr als 60 Fachverbänden. Die Stadt betreibe 160 Sportanlagen, auf denen ein breites Spektrum an Sportarten möglich sei, und die sie auch erfolgreich verpachte. Die Opposition „soll nicht so tun, als ob in der Stadt nichts passiert“: In den vergangenen Jahren habe Wien mehr als 100 Millionen Euro in neue Stadien von Rapid und Austria investiert sowie in den Bau der neuen Albert-Schultz-Eishalle. Demnächst stünden Projekte in der Football-Anlage der Vienna Vikings an, genauso wie im Landhockey-Zentrum im Prater, in Mauer, Aspern und der Brigittenau – all diese Sanierungen, Um- und Ausbauten würden von der Stadt mitfinanziert. Dafür kritisierte Reindl die schwarz-blaue Bundesregierung: Wo bleibe der Einsatz des Sportministers Strache für die tägliche Turnstunde an Schulen? Warum sei die Miete von Turnsälen in Bundesgymnasien so teuer, dass sich kleine Vereine in städtischen Anlagen einmieten müssten? Warum gehe das Sportvereinsgesetz „mit der steuerjuristischen Keule“ auf ehrenamtliche VereinsmitarbeiterInnen los? Einem Neubau des Nationalstadions stehe er kritisch gegenüber. Im „schirchen“ Happelstadion habe immerhin das Finale der Fußball-Europameisterschaft 2008 stattgefunden. Der einzige Grund, warum das Stadion heute nicht mehr finaltauglich sei, sei weil FIFA und UEFA hundert zusätzliche VIP-Boxen für „den exklusiven Klub der superreichen Sponsoren“ fordere. Die Stadt investiere lieber in den Breitensport für alle Menschen, als Geld für ein Projekt in die Hand zu nehmen, bei dem nur die großen Weltverbände, nämlich FIFA und UEFA, „abkassieren“.

LAbg Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) warf den Regierungsparteien SPÖ und Grünen vor, eine „tour d’horizon“ zu beschreiben, anstatt sich in ihren Reden den wahrlich brennenden Problemen anzunehmen. Die Stadt weise fünf Quadratmeter an Nettosportstättenfläche pro EinwohnerIn aus. Diese Zahl sei aber falsch, weil darin unter anderem auch Garderoben eingerechnet würden. Rein auf benutzbare Sportflächen runtergerechnet, liege die Zahl tatsächlich bei 1,8 Quadratmeter pro Kopf. „Viel zu wenig für eine Großstadt wie Wien.“ Die Infrastruktur würde nicht mit den Bevölkerungszahlen mitwachsen, die Stadt habe Trendsportarten „überhaupt nicht auf der Agenda“. Auch brauche Wien ein neues Schwimmsportzentrum, um LeistungsschwimmerInnen entsprechenden Trainingsplatz zu bieten. Sie forderte eine Sportstättenstudie für Wien, welche die Infrastrukturbedürfnisse erheben solle.

LAbg David Ellensohn (Grüne) sagte: In ganz Österreich betätigten sich zwei Millionen Menschen in diversen Sportvereinen – „nur die Arbeiterkammer und die katholische Kirche haben mehr Mitglieder“. Allein in Wien sei jeder zweite Jugendliche unter 16 Jahren schon einmal in einem Sportverein aktiv gewesen.
Ellensohn erinnerte an die große integrative Kraft des Sports, der nicht nur zur Gesundheit sondern auch zum sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft beitrage. Er diene der Armutsbekämpfung, weil er Benachteiligten die Chance zum Aufstieg und zur gesellschaftlichen Verankerung biete. So gesehen sei jeder Cent, der in den Sport fließe, richtig investiert und der Sport brauche mehr Geld. Um das zu finanzieren, wollte er das norwegische Modell kopieren: Dort sei der gesamte Glücksspielsektor komplett verstaatlicht, die Umsätze daraus gingen in den Ausbau von Sportanlagen und die Ausbildung der TrainerInnen.

Labg Stefan Berger (FPÖ) wollte die Kritik am freiheitlichen Sportminister Strache nicht so stehen lassen: Dieser sei seit elf Monaten im Amt und müsse zuerst jene „Versäumnisse und Altlasten“ beseitigen, welche die SPÖ-Sportminister Klug, Darabos und Doskozil in den vergangenen zehn Jahren verursacht hätten. Auch sei es das blaue Sportministerium, das jetzt „endlich“ das Projekt Nationalstadion ins Rollen bringe. Der Sport in Wien werde von der Stadtregierung „blamabel“ gehandhabt. Er sei in den vergangenen drei Jahren durch drei Ressorts gewandert und habe Zuständigkeiten gewechselt „wie eine heiße Kartoffel“. Der Zustand des Eisring-Süd sei „skandalös“: Die Garderoben seien demoliert und die Nassbereiche verschimmelt.

LAbg Christian Hursky (SPÖ) antwortete: Im kommenden Jahren werde der Eisring-Süd saniert und dann „perfekt“ sein. Auch er schloss sich der Kritik am schwarz-blauen Bund an: Die österreichische Sportförderung habe vor, „ihre Bestrebungen auf erfolgreiche olympische Sportarten zu beschränken“. Sporte wie Baseball, Basketball oder Football, die in Wien allesamt erfolgreich ausgeübt würden, würden mit einem Schlag keine Mittel mehr vom Bund erhalten. Statt zu kürzen, unterstütze Wien sogar jene Sportarten, die im Katalog der Bundessportorganisation (BSO) gar nicht angeführt seien, etwa Aikido oder Cheerdance. Die konkrete Förderung von „Spitzensport auf Olympianiveau“ sei hingegen nicht Aufgabe des Landes Wien – SpitzensportlerInnen, die ihren gesamten Fokus auf die Ausübung ihrer Sportart legten, hätten andere Anforderungen und bräuchten andere Voraussetzungen. Das müsste über die Bundesleistungszentren und die Bundesfachverbände organisiert werden. Wien könne sich für den Breitensport einsetzen, und tue das mit städtischen Sportstätten im Gesamtwert von 500 Millionen Euro und einer Sportstättenfläche von 1.000 Hektar über die ganze Stadt verteilt. Neben „klassischen“ Sportanlagen wie Fußballplätzen und Turnsälen animiere die Stadt ihre BewohnerInnen auch auf andere Weise zur Bewegung, etwa durch die Motorikparks im 10. und 22. Bezirk.

(Forts.) esl/lit

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