Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 19.12.2018:
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33. Wiener Landtag (4)

Mitteilung von Stadtrat Peter Hanke zum Thema „EU-Ratspräsidentschaft, Europa und Wien“

LAbg Thomas Weber (NEOS) betonte, wie wichtig es sei, „europäische Erfolge greifbarer zu machen“. Die Europäische Union sei für ihn zuallererst ein erfolgreiches Friedensprojekt und eine erfolgreiche Wertegemeinschaft. In der EU lebten mehr als 50 Prozent der BürgerInnen in urbanen Strukturen, daraus ergebe sich eine besondere Verantwortung für Städte, denn sie seien der „Motor Europas“. „Besorgniserregend“ fand Weber, dass die Bevölkerung laut Umfragen vor manipulative Eingriffe bei der kommenden EU-Wahl fürchte. Hier müsse die EU handeln und „Desinformations-Kampagnen“ bekämpfen. Die österreichische Politik befeuere schon länger Europa-Skepsis, fuhr Weber fort: Erfolge der EU würden als österreichische Erfolge verkauft, schwierige Entscheidungen aber auf die EU geschoben. Gerne werde zudem insinuiert, dass „das kleine Österreich“ in der EU keinen Einfluss habe. Für Weber sei der Einfluss Österreichs in der EU jedoch „eine Frage der Haltung und des politischen Willens“. Abschließend sprach Weber zum 50-jährigen Bestehen der ArbeitnehmerInnen-Freizügigkeit, einem „Grundpfeiler der europäischen Integration“. Die Ankündigung von Bürgermeister Ludwig, Menschen die schon länger in Wien leben bei Stellenausschreibungen zu bevorzugen, bezeichnete Weber in diesem Zusammenhang als „befremdlich“. Der Wirtschaftsstandort brauche die besten Köpfe, die Herkunft sei nicht entscheidend. Er wünsche sich ein „weltoffenes Wien“ und brachte einen Antrag ein, in dem sich Wien zu einem offenen Arbeitsmarkt bekennen solle.

LAbg Birgit Meinhard-Schiebel (Grüne) kündigte an, dem Plenum einige EU-Themen näher bringen zu wollen und zitierte aus dem Adventkalender der Grünen EU-Abgeordneten Monika Vana. Sie stellte die Positionen der Bundesregierungen zu europäischen Themen dar und die Positionen ihrer Partei gegenüber. Unter anderem sprach Meinhard-Schiebel zur Indexierung der Familienbeihilfe, der Aufhebung des Rauchverbots, der Bewahrung der Pressefreiheit und der Klimapolitik. In diesen Bereichen arbeite die Bundesregierung in die falsche Richtung. Abschließend wünschte Meinhard-Schiebel ein „frohes Fest in einem friedlichen, solidarischen und sozial denkenden Europa“.

LAbg Mag. Wolfgang Jung (FPÖ) hielt heute seine letzte Rede im Wiener Landtag. Er sah die Europäische Union vor einem „Problemberg“: Der Austritt Großbritanniens, anhaltente Russland-Sanktionen und die finanzielle Lage in Frankreich und Italien seien nur ein paar der Probleme, die auf die bevorstehende rumänische Ratspräsidentschaft zukämen. Für Jung gibt es zwei große europäische Themen: Migration und Budget. Frontex sei für Jung „zahnlos“, daher sichere man mit der Bundesregierung die Grenzen selbst. Jung forderte die EU zudem auf, mehr Druck auf Länder auszuüben, um die Rückführung von straffällig gewordenen MigrantInnen zu erleichtern. In weiterer Folge kritisierte Jung die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank: Diese würde Geld drucken, obwohl die „reale Deckung fehlt“. So riskiere man Inflation und volkswirtschaftlichen Zusammenbruch. Derzeit stünde auch der siebenjährige Finanzrahmen der EU zur Debatte. Hier würden höhere Beiträge und neue Kredite auf Nettozahler wie Österreich zukommen. Man „mache Schulden, um die Schulden anderer zu bezahlen“, kritisierte Jung. Europa müsse „organisch zusammenwachsen“, fuhr Jung fort, denn für ihn gehe Europa über „den Rahmen der EU hinaus“. In Ländern wie Frankreich, den Niederlanden oder Belgien würden sich die BürgerInnen gegen den derzeitigen EU-Kurs stellen. Nur eine mehr Subsidiarität könne zu einer höheren Akzeptanz der EU in der Bevölkerung führen. Die EU solle sich auf die ursprüngliche Zielsetzung einer „europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ konzentrieren. Die FPÖ würde auch einen behutsamen Aufbau einer Sicherheitsgemeinschaft unterstützen.

LAbg Peter Florianschütz (SPÖ) widmete sich der österreichischen Ratspräsidentschaft: „Es ist schwer zu sagen, ob die Präsidentschaft gescheitert ist“, sagte er. Das käme darauf an, wie man die Rolle der Präsidentschaft sehe. Zum Motto „Europa schützen“ stellte sich Florianschütz die Frage, ob man hier „Stein oder Mensch“ schütze. Beim Schutz der Menschen sei „nichts weitergegangen“. Das sei auch an der Politik der österreichischen Bundesregierung erkennbar: Hier würden „Menschen gezielt auseinanderdividiert“. Erfreut zeigte sich Florianschütz über die Annahme der Antisemitismus-Erklärung. Keine Erfolge gebe es hingegen bei der Steuergerechtigkeit, in der Ökologie oder beim Schutz der Außengrenzen. Er schloss sich der Forderung von Stadtrat Peter Hanke an, Infrastrukturinvestitionen aus den Maastricht-Kriterien herauszunehmen. Den Wettbewerb mit China und den USA sah Florianschütz nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene: Es gehe auch um Menschenrechtsstandards und Grundrechte, gab Florianschütz zu bedenken. Einem möglichen Beitritt Russlands oder der Türkei zur EU erteilte er in diesem Zusammenhang eine Absage. Am Ende seiner Rede kam Florianschütz noch auf das Thema Wohnen zu sprechen: „Die Wiener Wohnpolitik ist international beachtet“ man werde sie sich „nicht schlecht reden lassen“.

LAbg Dipl-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) freue sich „jedes Mal, wenn Harald Vilimsky hier spricht“, denn dann könne man den Worten des Freiheitlichen Fakten entgegenstellen. Vilimsky habe in seiner Rede den Willen der FPÖ bekräftigt, Europas Außengrenzschutz zu stärken. Tatsächlich werde unter dem blauen Innenminister Kickl die Zahl der BeamtInnen, die Österreich für die Frontex-Mission bereitstellt, im kommenden Jahr gesenkt. Zweitens propagiere die FPÖ stets „die direkte Demokratie, wirft aber die 881.000 Unterschriften für das Don’t-Smoke-Volksbegehren in den Papierkorb“. Drittens erinnerte Gara daran, dass Vilimsky zu Beginn der Brexit-Debatte 2016 einen „Öxit“ in den Raum gestellt habe. Genau dieses „rechtspopulistische Zündeln“ führe im England des Jahres 2018 dazu, dass Menschen Hamsterkäufe in Supermärkten tätigen, aus Angst, nach dem EU-Austritt nicht mehr an Lebensmittel zu kommen. Auch die „Gelbwesten-Bewegung“ in Frankreich ziele letztlich auf den „Frexit“ ab und werde dabei gezielt mit Desinformationen aus Russland gefüttert. Viertens zeige die jüngste Klimaschutzkonferenz im polnischen Kattowitz, dass eine erfolgreiche Energie- und Klimapolitik nur gemeinsam und europäisch, nicht aber nationalstaatlich realisierbar sei. Als fünften und letzten Punkt sprach Gara die Forderung Vilimskys nach mehr Steuergerechtigkeit an: Es seien die Freiheitlichen gewesen, die sich im Europäischen Parlament bei der Abstimmung über die „Beseitigung illegaler Steuerpraktiken“ enthalten hätten. Das zeige, dass die FPÖ in der Hinsicht „kein Rückgrat hat“. All diese Beispiele zeigten, wie wichtig es sei, der populistischen Desinformation mit Fakten zu begegnen.

EU-Abg Dr. Othmar Karas MBL-HSG (ÖVP) erwiderte auf die Abschiedsrede des FPÖ-Mandatars Jung, dieser solle doch bei allen politischen Meinungsverschiedenheiten bei der Wahrheit bleiben. Wer Österreich als Netto-Zahler bezeichne, das nur gibt, während andere Länder nehmen, vergesse: Allein die Mitgliedschaft in der EU bringe Österreich ein zusätzliches Plus von einem Prozent beim Wirtschaftswachstum. Auch die österreichische Export-Wirtschaft habe von der EU-Osterweiterung massiv profitiert. Jeder Euro, den Wien an Brüssel zahle, komme auf Umwegen um ein vielfaches vermehrt zurück. Zudem „müssen wir uns schon die Frage stellen: Was ist uns Friede auf unserem Kontinent wert?“. Für den bevorstehenden EU-Wahlkampf wünschte sich Karas, die europäischen Grundrechte außer den parteipolitischen Streit zu stellen.

BRin Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic (Grüne) bekräftigte ihren Vorwurf an den Freiheitlichen Vilimsky: Dieser sei im Europäischen Parlament in einer Fraktion mit dem Lega-Nord-Chef Salvini. Dieser „zitiert Faschisten, koaliert mit Neofaschisten und ist ein Rassist außer Rand und Band“.

EU-Abg. Mag.a Evelyn Regner (SPÖ) sagte: Egal ob Klimaschutz, Digitalisierung, Globalisierung oder der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping, „die Antwort darauf ist immer europäisch. Das bedeutet zwar viel Arbeit, aber diese Probleme können nur gemeinsam gelöst werden“. Bei allen Gedanken über europäische Grundrechte und den Wert der EU stehe für sie dennoch die Frage im Mittelpunkt, „was unter dem Strich für die Menschen herausschaut“.

Abstimmungen: Der NEOS-SPÖ-Grünen-Antrag betreffend Bekenntnis zum UN-Migrationspakt wurde mit Stimmen eben dieser Fraktionen angenommen. Die Anträge von ÖVP und NEOS fanden keine Mehrheit.

(Forts.) gaa/esl/ato

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