Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.03.2019:
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49. Wiener Gemeinderat (6)

Errichtung einer Begegnungszone in der Rotenturmstraße

GRin Dr. Jennifer Kickert (Grüne) fand es „erstaunlich, wie viel Verwirrung“ die Opposition stiften könne bei einem „Projekt, das deutlich überblickbar ist und dessen Rahmen klar abgrenzbar“ seien. Den Vorwurf der ÖVP, die schnelle Abwicklung sei „unprofessionell“ und dem baldigen Rücktritt von Vizebürgermeisterin Mag.a Maria Vassilakou (Grüne) geschuldet, wies Kickert zurück: Es sei Wunsch der Wirtschaftskammer gewesen, das Projekt rasch umzusetzen, damit die Geschäftstreibenden in der Weihnachtszeit nicht durch eine Baustelle geschädigt würden. Sie selbst sei bei den Dialog-Veranstaltungen im Bezirk gewesen und meinte: In Beteiligungsprozessen würden immer diverse Anliegen gegeneinander stehen - letztlich sei man hier aber „möglichst vielen Interessen gerecht“ geworden, und das Projekt „wurde vom Großteil der Anwesenden“ bei beiden Veranstaltungen „im Großen und Ganzen gut“ bewertet worden. Das gelte auch für die Unternehmenden - die Wirtschaftskammer habe den Prozess „äußerst positiv“ bewertet. Gehe es um entscheidende Zukunftsfragen sei ihr, Kickert, „der ein oder andere neue Baum lieber als der ein oder andere Parkplatz“. 

GR Karl Baron (FPÖ) nannte die Begegnungszone Rotenturmstraße „eine von vielen Zwangsbeglückungen, die die Grünen den Wienern aufzwingt“. Sie reihe sich ein in das „Hinauszögern“ der Wiener Nordostumfahrung, dem Umbau der Mariahilfer Straße („Geschäftesterben“) und dem Getreidemarkt („Verkehrsstau“). Die Rotenturmstraße umzubauen sei „hinausgeschmissenes Geld“, die Einbeziehung der AnrainerInnen wäre wichtig gewesen - statt Parkplätze zu streichen, hätten z.B. Anrainerzonen geschaffen werden sollen. Für das Gebiet fehle ein Gesamt-Verkehrskonzept, welches auch Wollzeile und Schwedenplatz mit einschließe, sagte Baron. 

GR Ernst Holzmann (SPÖ) sagte: „Viele, die das Projekt heute kritisch sehen, werden nachher froh sein, dass wir umgestaltet haben.“ 9 Millionen Euro Kosten für einen 400 Meter langen Straßenzug seien „viel Geld, aber gut investiertes Geld“, mit dem die Rotenturmstraße „menschenfreundlicher und ökologischer“ werde. Neben 6.000 Quadratmeter neuer Granitplatten würden 16 neue Bäume gepflanzt und Sitzgelegenheiten geschaffen. Dazu kämen neue Radabstellplätze, eine Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung und eine neue Oberflächenbewässerung. 

StRin Ursula Schweiger-Stenzel (FPÖ) beklagte, dass die rot-grüne Mehrheit „viele vernünftige Argumente gegen das Projekt einfach niederstimmt“. Die Innere Stadt werde von vier Baustellen-Großprojekten „stranguliert“: Gebaut werden solle am Neuen Markt, bei der Alten Post, am Schwedenplatz und in der Rotenturmstraße. Diese mangelnde Baustellenkoordination sei „verwerflich“. Dass für die neue Begegnungszone auch 43 Parkplätze entfernt würden, stelle die „wenigen verbliebenen Bezirksbewohner“ vor noch größere Probleme, zur eigenen Wohnung zuzufahren. Zumal seien wichtige (Sicherheits-)Fragen noch nicht geklärt, etwa die Busführung der Wiener Linien in Bezug auf die Fahrtrichtung der Radfahrenden, die stadteinwärts unterwegs sind. Die Rotenturmstraße sei „das neue Lieblingsprojekt der Grünen“ - die schon eine große Umgestaltung des Schwedenplatzes versprochen hätten, wobei bislang nichts passiert sei. Ihr, Stenzels, einstiger Vorschlag einer unterirdischen Verkehrsführung am Schwedenplatz wäre jedenfalls billiger gewesen als die „Kostenüberschreitungen beim Krankenhaus Nord“. 

GR Ernst Woller (SPÖ) freute sich auf die neue Begegnungszone Rotenturmstraße. Diese würde - wie die anderen Begegnungszonen in der Stadtmitte, etwa auf der Landstraßer Brücke oder in der Herrengasse - sicherlich auch hier gut funktionieren. Dann kam er auf das Thema Heumarkt zu sprechen und den Antrag der ÖVP, mit dem die Volkspartei die Flächenwidmung am Areal ändern will, um das geplante Hochhaus zu verhindern. Dieser Antrag gehe ins Leere und zeuge von einer „tiefen Unkenntnis“ der Wiener Bauordnung und ihrer Bestimmungen: Ein Bauträger genieße laut Bauordnung eineinhalb Jahre lang Rechtsschutz, könne in dieser Zeit die Bebauungsbestimmungen anfordern und das Bauverfahren bei der Behörde einzureichen. Die selbsternannte „Wirtschaftspartei ÖVP“ würde jeden Bauträger verunsichern, würde sie „jedes Monat die Spielregeln ändern“ und Flächen umwidmen. Das Bauverfahren am Heumarkt habe zudem noch gar nicht begonnen, weil das Bundesverwaltungsgericht erst entscheiden müsse, ob für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Aus Sicht der Stadtregierung sei hier kein UVP-Verfahren notwendig, weil es deren Kriterien (Größe von 15 Hektar oder mehr; Neu-Erschließung von Verkehrsinfrastruktur; Versorgungsfunktion über das Gebiet hinaus) nicht erfülle. „Wenn wir für jedes Projekt eine UVP brauchen, bauen wir auch keine Kindergärten mehr“, zog Woller einen Vergleich. Die Stadt erarbeite für den Heumarkt nun einen Managementplan unter Einbeziehung der ICOMOS; oberste Priorität habe jedenfalls, das Kulturerbe zu erhalten - gleichzeitig sei es klar, den Heumarkt „zu sanieren und entwickeln“. 

GR DI Omar Al-Rawi (SPÖ) erinnerte an die jahrelangen Verhandlungen mit Eislaufverein, Investor, Konzertverein und AnrainerInnen - dass die Opposition nun einem „husch-pfusch-Verfahren“ spreche, greife als Argument völlig daneben. In dem Bauherrenvertrag seien zudem nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten des Investors geregelt - etwa der Erhalt der Eisfläche des WEV. Auch störe ihn, dass die ÖVP behaupte, „die Stadt tut nichts, obwohl Sie gar nicht wissen, wie viel wir tun - im Lobbying, in der wissenschaftlichen Einarbeiten, in Zusammenarbeit mit ICOMOS und dem Bund“. Die Stadt arbeite seit Jahren an einem „guten Ergebnis, dass wir den Welterbe-Status erhalten und gleichzeitig die Stadt entwickeln“. Er zog einen Vergleich zu Dresden: Die deutsche Stadt habe für die Umsetzung eines Brückenbau-Projekts bewusst auf den UNESCO-Status verzichtet - seither seien die Nächtigungszahlen im Tourismus um 40 Prozent gestiegen. Das Prädikat habe laut Meinung vieler ExpertInnen also keinen Einfluss auf die Attraktivität als Tourismus-Destination. Und es müsse „den Menschen auch gesagt werden: Wir verlieren damit ein Stück Souvernität“ - wenn „irgendwelche Architekten in einem Kammerl über unseren Gemeinderat, über unsere Bezirksparlamente hinweg entscheiden“, wie Wien aussehen solle. 

(Forts.) esl

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