Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.06.2019:
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53. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2018 (19)

Spezialdebatte Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung

GR DI Omar Al-Rawi (SPÖ) sagte, die Stadtentwicklung sei „das Ressort der Zukunft“: Hier könne die Politik die Richtung vorgeben, wie Herausforderungen künftig gemeistert würden. Dabei lege das rot-grüne Wien „immer den Schwerpunkt auf die soziale Komponente“. Al-Rawi lobte die „Beharrlichkeit“ von Stadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Resultat dieser Beharrlichkeit sei unter anderem die „Smart City Rahmenstrategie“, das Hochhauskonzept, das Freiraumkonzept oder Projekte wie die Neugestaltung von Mariahilfer Straße und Meidlinger Hauptstraße. Vassilakou sei in vielerlei Hinsicht eine Wegbereiterin, zum Beispiel als „als erste Klubobfrau mit Migrationshintergrund und erste Vizebürgermeisterin der Stadt Wien mit Migrationshintergrund“. Damit sei sie Beweis dafür, dass Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft oder Geburtsort – in Wien viel erreichen könnten „und die Stadt auch mitgestalten“.

GRin Dr.in Jennifer Kickert (Grüne) zählte einige Projekte des Ressorts auf, die von ihren VorrednerInnen noch nicht hervorgehoben worden seien – darunter die „Vorhabenliste“ der Stadtplanung, bei der alle laufenden, abgeschlossenen oder aktuellen Stadtplanungs-Vorhaben online einsehbar seien und zu jedem Projekt Informationen dazu abgerufen werden können; die interaktive Ausstellung „Wien wird Wow“, welche Stadtplanung in die Grätzel bringe, oder die „Lokale Agenda 21“, die mit 10 Bezirken einen „Rekord an TeilnehmerInnen“ verzeichne, wie Kickert betonte. Sie konterte FPÖ-Gemeinderat Michael Niegl: Dieser habe im Zuge der heutigen Debatte behauptet, dass Wien durch Zuzug jährlich um 40.000 Personen wachse – diese Personen aber zum Großteil nichts zum Erfolg der Stadt beitragen würden. Kickert wollte diese Aussage richtigstellen: Im Jahr 2015 sei Wien einmalig um 35.000 Personen gewachsen, durchschnittlich kämen pro Jahr zwischen 10.000 und 15.000 neue StadtbewohnerInnen dazu. Außerdem entschuldigte sich Kickert bei den in die Stadt zugezogenen Wienerinnen und Wienern für die Aussage des FPÖ-Mandatars, sie würden „nichts zum Erfolg Wiens beitragen“: „Sie alle tragen zum Erfolg dieser Stadt bei – das will Ihnen niemand absprechen.“

GR Wolfgang Irschik (FPÖ) kritisierte die Verkehrspolitik der Stadt, insbesondere in Sachen Radwege. Rot-Grün nehme durch Fahrbahnverengungen und neue Radstreifen „Staus und Aggressionen im Verkehr“ in Kauf. Er forderte „Umweltschutz statt Klimaschutz“, wobei er die Existenz des Klimawandels leugnete: Temperaturschwankungen oder Wetterextreme habe es immer schon gegeben – „auch vor dem Autoverkehr“. Das Planungsressort würde über die Anrainerinnen und Anrainer „drüberfahren“ und Kritik ignorieren, auch jene der Bezirke. Als Beispiel dafür nannte er das Projekt „Donaufeld“, das trotz einer negativen Abstimmung im Floridsdorfer Bezirksparlament im Gemeinderat „durchgeboxt“ worden sei. Er brachte einen Antrag betreffend einer Verkehrsstudie zu E-Scootern in Wien ein. Im Zuge der Studie sollten Konfliktsituationen unter Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern erfasst und ausgewertet werden.

GR Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ) berichtete von der aktuellen IFES-Studie zu Leben und Lebensqualität in Wien. Drei von vier Befragten würden es grundsätzlich positiv sehen, dass Wien eine wachsende Stadt ist. Das sei auf die vorausschauende Politik der Stadt zurückzuführen. Auch bei der Energieplanung oder der Anpassung an den Klimawandel stelle Wien „immer die soziale Komponente in den Mittelpunkt“. Dabei gehe es nicht immer um technische Lösungen, sondern um die Bedürfnisse der Stadtbewohnerinnen und –bewohner. Durch diesen partizipativen Zugang der Stadt würden auch „die leisen Stimmen gehört“, betonte Auer-Stüger.

GR Siegi Lindenmayr (SPÖ) zitierte den ehemaligen Wiener Bürgermeister Franz Jonas, der bereits in den 1960er Jahren „keine autogerechte, sondern eine menschengerechte Stadt“ angestrebt habe. Vorausschauende Verkehrspolitik und das Miteinander aller VerkehrsteilnehmerInnen seien maßgeblich für die Lebensqualität in der Stadt, und nach wie vor Grundsatz in der Verkehrsplanung. Er zählte einige Eckdaten und Projekte aus dem vergangenen Jahr aus dem Verkehrsressort auf: Die dafür zuständige Magistratsabteilung 28 habe 413.000 Baustellen abgewickelt, die Stadt 109,5 Millionen Euro in die Verkehrsinfrastruktur Wiens investiert. Große Projekte im vergangenen und laufenden Jahr seien unter anderem die Umgestaltung der Rotenturmstraße in der Innenstadt, jene der Florianigasse in der Josefstadt, der Umbau der Neulerchenfelder Straße in Ottakring, das Quartier am Asperner Seeboden oder die Berresgasse in der Donaustadt. „Große Projekte“ seien auch der Bau des U-Bahn-Linienkreuzes U2 und U5, beziehungsweise der gesamte U-Bahn-Ausbau mit der Verlängerung der Linie U2 und dem Neubau der Linie U5.

GR Michael Niegl (FPÖ) kritisierte die Verkehrspolitik der Stadt als charakterisiert von „vielen falschen Ansätzen“ und „Autofahrer-Bashing“. Eine Studie habe gezeigt, dass Tempo 30 „schlecht für die CO2-Bilanz“ sei, weil ein Fahrzeug bei langsamerem Tempo mehr Abgase produziere. In einem Antrag verlangte er die Rücknahmen der flächendeckenden Tempo-30-Zonen in der Stadt – außer wo sie zur Verkehrssicherheit beitrügen. Partizipationsverfahren seien in der Stadt „eine Farce“, über die Anliegen der „alteingesessenen Anrainerinnen und Anrainer“ würde „drübergefahren“ und deren Kritik ignoriert, „Politik für Bauträger“ gemacht.

GR Christian Oxonitsch (SPÖ) dankte der morgen aus dem Amt scheidenden Stadträtin Vassilakou für die gute Zusammenarbeit in der Koalition. Bereits als Bezirkspolitiker in Ottakring habe er gemeinsam mit der Stadträtin unter anderem den Umbau der Ottakringer Straße vorangetrieben, als ehemaliger Bildungsstadtrat in Zusammenarbeit mit dem Planungsressort die Standorte für die künftigen Campus-Schulen gesichert. An ein gemeinsames Projekt erinnerte sich Oxonitsch besonders – die „Ampelpärchen“, die im Zuge des Eurovision Song Contests 2015 an FußgängerInnen-Querungen in der Stadt installiert worden waren. Dafür habe Vassilakou anfänglich viel Kritik und Anfeindungen einstecken müssen – inzwischen gehörten die Ampelpärchen zu den Wahrzeichen der Stadt.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) plädierte für einen Ausgleich zwischen allen TeilnehmerInnen im Straßenverkehr. Derzeit würden rund 70 Prozent der Verkehrsinfrastruktur auf den Autoverkehr entfallen, Fußgehende und RadfahrerInnen müssten sich den Rest der Straßenfläche teilen. Um eine faire Aufteilung zu erreichen, forderte Emmerling ein extra ausgewiesenes Radbudget, in dem auch die Ausgaben für Radwege oder Rad-Abstellplätze aufgelistet seien. Sie brachte dazu einen Antrag ein.

Vbgmin StRin Mag.a Maria Vassilakou (Grüne) bezog sich zunächst auf die „Smart City Rahmenstrategie“ Wiens: „Darum beneiden uns Städte weltweit.“ Die meisten Delegationen, die „täglich Wien besuchen“, interessierten sich für die Umsetzung der Smart-City-Agenden. Nämlich, wie es Wien schaffe, ökologische mit sozialen Aspekten zu verbinden, und dabei auf neue Technologien und Digitalisierung zu setzen - mit dem Gesamtziel, eine „leistbare Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger“ zu ermöglichen. Bei der Umsetzung der Smart-City-Strategie habe die Stadt ihre Ziele bereits übererfüllt - weshalb sich Wien jetzt mit einer Adaptierung des Papiers neue Absichten gegeben hat. Dazu zähle unter anderem die Reduktion des CO2-Ausstoßes pro Kopf in Wien um die Hälfte bis zum Jahr 2030. Dazu brauch es „massive Investitionen“ in den öffentlichen Verkehr. Schon jetzt habe Wien „das günstigste Öffi-Netz der Welt, gemessen an Städten vergleichbarer Größe“. Dieses Netz werde systematisch und nach strategischen Kriterien ausgebaut. Mehr als eine Million Menschen seien in Wien mit der 365-Euro-Jahreskarte unterwegs, „wir haben die Revolution gelebt“, und „ja, das kostet Geld, aber das ist eine politische Prioritätensetzung“. Vassilakou erinnerte angesichts der Hitzewelle auch an das „Grünraumkonzept“ der Stadt Wien. Das sehe nicht nur den Erhalt des 50-prozentigen Grünanteils an Stadtfläche vor, sondern auch, diese Grünflächen miteinander zu verbinden. So entstehe ein „grünes Netzwerk“, das sich durch die Stadt ziehe, „wo ich innerhalb von drei Minuten zu Fuß von meiner Wohnadresse einen Grünraum erreiche, und mich im Schatten von Pflanzen durch die ganze Stadt bewegen kann“, so Vassilakou. Daneben gelte es auch, Flächen für Betriebe und Industrie zu sichern - das sei mit dem „Konzept Produktive Stadt“ gelungen, das gemischte Nutzungsgebiete für Gewerbe und Industrie sichere. Trotz Wohnungsdruck brauche es diese, „weil sie Jobs sichern“. Zuletzt erinnerte Vassilakou an die Novelle der Bauordnung, die den Abriss von Gründerzeithäusern erschwere - „es ist die Abrissbirne, die das bedroht, was Wien so besonders macht - und diese Abrissbirne haben wir stillgelegt“.

(Forts.) ato/esl

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