Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.06.2019:
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38. Wiener Landtag (3)

Aktuelle Stunde

LAbg. Peter Kraus, Bsc. (Grüne) wunderte sich über die Wortmeldungen von ÖVP und FPÖ, diese hätten wohl „Kreide gefrühstückt“. Für ihn zeige sich die wahre Haltung von ÖVP und FPÖ zum Klimaschutz an deren Abstimmungsverhalten, etwa beim Radweg auf der Linken Wienzeile oder bei der Energieraumplanung. Beides sei gestern von ÖVP und FPÖ abgelehnt worden, betonte Kraus. Stattdessen würden ÖVP und FPÖ in Anträgen laufend Bekenntnisse zur dritten Piste und zum Lobautunnel oder die Abschaffung von Tempo 30 fordern, kritisierte er. Wien stünde laut Kraus vor „massiven Herausforderungen“, es brauche einen „massiven Emissionsrückgang“ und Maßnahmen, die „einigen in der Opposition wehtun werden“. Die gefahrenen KfZ-Kilometer dürften 2030 den Wert von 2005 trotz Bevölkerungswachstums nicht überschreiten, kündigte Kraus an. Zudem sollen fossile Energieformen bis 2025 aus Neubauten verschwinden. „Emissionen sinken durch Maßnahmen“ schloss Kraus und kündigte an, die Opposition „an alles heute Gesagte zu erinnern“.

LAbg. Michael Eischer (FPÖ) sagte, die FPÖ sei die einzige Partei, die sich um die Anliegen von „Fridays for Future“ kümmere und mit der Initiative spreche. Die Stadtregierung mache in der Klimapoltik „nur Ankündigungen“ und die Jugend wehre sich dagegen und gehe auf die Straße. Laut Eischer habe die FPÖ beispielsweise bereits 2008 einen Antrag auf mehr Gleisbegrünung eingebracht, umgesetzt sei dies erst 10 Jahre später geworden. Eischer kritisierte weiters die „Vision 2030“ der neuen Vizebürgermeisterin und Stadträtin Birgit Hebein und bezeichnete die von Stadträtin Sima getroffenen Sofortmaßnahmen wie Sprühnebel als „wirkungslos“. „Immer nur ankündigen ist zu wenig“, so Eischer.

LAbg. Erich Valentin (SPÖ) bezeichnete die Worte seines Vorredners Eischer als „unfassbar“. „Fridays for Future“ hätten sehr wohl einen Termin bei der Stadträtin Sima gehabt, die Beteiligten seien von den Gesprächen „angetan“ gewesen. Valentin betonte, dass die Klimaschutzprogamme KliP 1 und 2 „übererfüllt“ worden seien, was man sich vorgenommen hätte sei auch tatsächlich durchgeführt worden. Mit der gestern beschlossenen Smart-City-Strategie sei der Weg für die nächsten Jahre vorgezeichnet, „wir werden in den nächsten Jahren sehen, wie weit die Opposition mitgeht“. Eine Absage erteilte Valentin der Idee, der freie Markt könne die Klimakrise regeln. So liege es an „Profitmaximierung, dass noch immer Diesel-Autos produziert würden“. Für ihn könne es keine Klimamaßnahmen ohne „soziale Akzeptanz“ geben. „Es müssen die zahlen, die uns hier her geführt und profitiert haben, nicht der kleine Mann“ forderte Valentin.

Hauptdebatte: Tätigkeitsbericht der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) für das Jahr 2018

LAbg. DI Dr. Stefan Gara (NEOS) lobte den „sehr detaillierten“ Bericht der WPPA und ging in seiner Rede auf für ihn wesentliche Punkte ein. Er stimmte zu, dass die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen, besonders im niedergelassenen Bereich, verbessert werden müsse. Es brauche „mehr Transparenz und Vergleichbarkeit“. ÄrztInnen würden laut Gara unter zunehmendem bürokratischem Aufwand leiden. Hier forderte er eine „Entlastung“ oder eine „Honorierung der Aufwände“. Problematisch sah Gara auch Ungleichheiten zwischen Kassen- und WahlärztInnen, so seien Wahlärzte beispielsweise nicht verpflichtet, den elektronischen Gesundheitsakt (ELGA) zu verwenden. Dies führe laut Gara zu einer „Lücke in der digitalen Vernetzung“ und sei „sozial unfair“. Auch beim geplanten elektronischen Impfpass bestehe diese Problematik, fuhr Gara fort. Im Bereich Pflege zeige der Anstieg von Neuanträgen auf stationäre und mobile Pflege, dass es ein Fehler gewesen sei, „den Pflegeregress ohne ein Gesamtkonzept abzuschaffen“. Mit dem Anstieg von Adipositas bei Kinder und Jugendlichen griff Gara ein weiteres Thema aus dem Bericht auf. Die  Situation sei ein „wesentliches Gesundheitsproblem“ besonders auch in Hinblick auf mit Adipositas verbundenen chronischen Erkrankungen. Gara forderte die Einrichtung zweier Primärversorgungseinheiten für Kinder und Jugendliche in Schulnähe, die in einem experimentellen, wissenschaftlich begleiteten Setting Abhilfe leisten sollen. Weiters wünschte sich Gara einen Ausbau von Expertisezentren im Bereich seltener Erkrankungen. Mit der MedUni Wien habe man beispielsweise „ideale Rahmenbedingungen“ für ein Kompetenzzentrum für seltene Augenerkrankungen.

LAbg. Ingrid Korosec (ÖVP) blickte auf 25 Jahre WPPA zurück: Mit aktuell 3.470 Fällen sei seit der Gründung ein „starker Anstieg“ an Fällen zu verzeichnen. Für Korosec zeige sich, dass es im Wiener Gesundheitswesen „viele Baustellen mit Handlungsbedarf gebe“. Die Situation bei den „Wartezeiten“ bezeichnete sie als „erschreckend“. Sie wolle aber keine MitarbeiterInnen beschuldigen, sondern sehe die Gründe in einem „systemischen Versagen“. Spitäler müssten „entlastet“ und Primärversorgungszentren „ausgebaut“ werden, forderte Korosec. Die Situation bei den „Gangbetten“ habe sich nach einem Runden Tisch mit der Opposition gebessert, dennoch sei „jedes Gangbett eines zu viel“. Korosec freute sich, dass im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie „Anstrengungen unternommen werden“, es gehe für sie aber „zu langsam“. Auch beim ÄrztInnen- und Hebammenmangel müsse man rasch nachrüsten, forderte Korosec. Außerdem wünschte sie sich ein besseres Entlassungsmanagement in Spitälern, Maßnahmen im Bereich Pflege und mehr Information zum Thema Rettungskosten. Die WPPA sei eine „maßgebliche Institution, die Fehler aufzeige“, in der Umsetzung von Maßnahmen sei aber noch „Luft nach oben“.

LAbg. Birgit Meinhard-Schiebel (Grüne) sagte die Behandlung und Begleitung von Beschwerdefällen durch die WPPA sei mit viel Aufwand verbunden. Die WPPA erfülle zudem auch Kontrollfunktionen und könne „bis zur finanziellen Unterstützung helfen“. Meinhard-Schiebel wünschte sich mehr Augenmerk auf den Bereich der persönlichen Vorsorge. Sie sehe einen Anstieg bei PatientInnenverfügungen und Vorsorgevollmachten, auch hier könne die juristische Betreuung der WPPA helfen. Meinhard-Schiebel lobte auch die Informationsarbeit der Unabhängigen Patienteninformationsstelle (UPI) und die Arbeit der Wiener Heimkommission. Diese leisteten bedeutende Arbeit für die „Entwicklung von Angeboten für eine bestmögliche Betreuung“, schloss Meinhard-Schiebel.

LAbg. Dr. Günter Koderhold (FPÖ) würdigte die Bedeutung der WPPA, wünschte sich aber „Klarstellungen“ zu einigen Passagen des Berichts. Eine physische Anwesenheit bei Prüfungen von Fernstudien sehe Koderhold aus Kostengründen kritisch. Im Bereich der Qualitätssicherung ortete er ein „stark ausgeprägtes Misstrauen“ gegenüber niedergelassenen ÄrztInnen, dies sei bei einer Behörde „nicht angebracht“. Dennoch sah auch er Qualitätsmängel. „Wenn es die Patientenanwaltschaft nicht gäbe, man müsse sie erfinden“. Die empfohlene Impfverpflichtung bezeichnet Koderhold als „heißes Eisen“, sie sei in vielen Bereichen, etwa bei der Grippeimpfung für Kinder, nicht durchführbar. Auch eine Impfpflicht bei Gesundheitsberufen sei „mehr politisch“ als „medizinisch sinnvoll“. Die kritische Haltung der WPPA zur Adipositas-Chirurgie teilte Koderhold nicht, man müsse „über die Indikationen reden“, sollte sie „aber nicht generell in Frage stellen“. Die Kritik an der „Scheinmedizin“ durch die WPPA „unterstütze“ er, wies aber auch auf die Problematik von Hochpreismedikamente in der Krebsbehandlung hin, deren Wirkung wissenschaftlich nicht voll erwiesen sei. Bei der Gangbetten-Situation wünschte sich Koderhold generell mehr Betten und gleichzeitig eine geringere Ausschöpfung der Auslastung. Bei einer Auslastung von Spitälern von etwa 82 Prozent hätte man laut Koderhold im Anlassfall – etwas einer Grippewelle - Platz für zusätzliche PatientInnen. Dann widmete sich Koderhold den Privatkrankenanstalten. Diese seien für ihn nicht mehr „richtig privat“, weil auch öffentliche Gelder an sie fließen würden. In Zeiten von Bevölkerungswachstum und damit verbundenen steigenden Wartezeiten, seien sie für PatientInnen aber immer „interessanter“. Wenn so „eine Zwei-Klassen-Medizin“ entstehe, habe „jemand seinen Job nicht gemacht“, fuhr er fort und kritisierte besonders die Wiener Gebietskrankenkasse. Bei den Notfallambulanzen sei das von Stadtrat Hacker vorgestellte „Manchester Triage“-System zwar „in Ordnung“, wichtiger sei jedoch, „was später passiert“. Koderhold forderte auch für Ambulanzen eine „Visitierung“ von Patienten nach sechs Stunden. Zum Schluss wandte sich Koderhold noch den im Bericht erwähnten Kommunikationsproblemen zu. Dies liege für ihn an einer „überbordenden Bürokratie ohne medizinischen Mehrwert“, deren Kosten mittlerweile ähnlich hoch seien, wie die der Medikamentenkosten. Er forderte die „ersatzlose“ Streichung „bestimmter Gebiete der Dokumentation“.

(Forts.) gaa

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