Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.09.2019:
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55. Wiener Gemeinderat (9)

Dringliche Anfrage der ÖVP an Planungsstadträtin Hebein

GR Gerhard Kubik (SPÖ) bat die Opposition, „die Kirche im Dorf zu lassen“, denn man könne sich zu hundert Prozent auf die MagistratsmitarbeiterInnen verlassen. Vizebürgermeisterin Birgit Hebein habe aufgrund des Datenschutzes, der Amtsverschwiegenheit, der laufenden Ermittlungen und aus datenschutzrechtlicher Rücksicht auf Bedienstete und andere Personen nicht alle Fragen beantworten können. Kubik betonte, die Anschuldigungen der Opposition gegenüber den Stadt-Wien-MitarbeiterInnen seien „fehl am Platz“. Die Bediensteten seien „weiß gewaschen“ und würden nach wie vor ordnungsgemäß arbeiten. Sie würden für ein funktionierendes und lebenswertes Wien sorgen. Wien nehme im Bereich des geförderten Wohnbaus eine Vorbildrolle für andere Großstädte ein, etwa für München. Das sei auch der Verdienst des ehemaligen Planungsstadtrats Chorherr: „Er wollte so viel geförderten Wohnbau wie nur möglich schaffen und war einer der Treibenden, die für gute städtebauliche Verträge gekämpft haben“, sagte Kubik. Aus diesem Grund sei es „unfair, ihn auf dieselbe Stufe zu stellen, wie jemanden, der nachweislich ein Verbrechen begangen hat“.

GR Thomas Weber (NEOS) forderte: BürgerInnen-Initiativen in Bezug auf Flächenwidmungsverfahren müssten in der Stadtregierung einen höheren Stellenwert bekommen. Die Stadt würde derzeit engagierte WienerInnen frustrieren. Als Beispiel nannte Weber das Bauprojekt in der Ottakringer Gallitzinstraße: „Rot-Grün bezeichnet es als Öko-Vorzeigeprojekt, aber hier werden 5.000 Quadratmeter Grünfläche zubetoniert.“ Zudem gebe es bei diesem Projekt auch rechtliche Bedenken. Die Stadtregierung hätte die BürgerInnen-Initiative und die über 1.000 Stellungnahmen nicht ernst genommen. Weber forderte transparente Prozesse bei Flächenwidmungsverfahren; er reichte einen Antrag ein betreffend Stopp von Widmungs- und Bauverfahren, in deren Zusammenhang wegen Bestechung, Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit ermittelt wird.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) kritisierte Grünen-Gemeinderat David Ellensohn dafür, „alle nicht-linken Parteien als skandalträchtig zu bezeichnen“. Laut Ellensohn würden Skandale „nicht in die Grünen Gene passen“ – dagegen spreche Juraczka zufolge, dass aktuell gegen Christoph Chorherr ermittelt werde. Ein Großteil der Spenden für den von Chorherr gegründeten Verein „s2earch“ sei von Bauträgern gekommen. „Als seriöser Politiker ist es selbstverständlich, in so einer Situation mögliche Hintergedanken der Spender zu hinterfragen und die problematische Konstellation zu bedenken“, sagte Juraczka. Es sei daher verständlich, dass sich die ehemaligen grünen PlanungsstadträtInnen Chorherr und Vassilakou mithilfe des Amtsverzichts dieser „anstehenden Diskussion entziehen wollten“. Juraczka reichte mehrere Anträge ein betreffend eine übergeordnete und verbindliche Raumplanung für Wien; nachvollziehbare Berechnungsmethoden bei städtebaulichen Verträgen; Einrichtung einer Arbeitsgruppe für Transparenz und Kontrolle; Evaluierung und Neuauflage der Flächenwidmungs- und Bebauungsplanänderungen unter der Einflussnahme von Christoph Chorherr.

GR David Ellensohn (Grüne) betonte, man müsse zwischen „Korruption im vermuteten Kleinen und Korruption im Großen“ unterscheiden und verwies auf die Causa Ibiza. „Jeder kleine Fehler bei den Grünen wiegt mehr als die großen Fehler von FPÖ und ÖVP. Das liegt daran, dass Wiener von den Grünen saubere Politik erwarten – von FPÖ und ÖVP nicht“, erklärte Ellensohn. Die Ansprüche an die Politik der Grünen sei höher – „und das ist gut so“. Der ehemalige Gemeinderat Chorherr habe bereits über seinen Fehler gesprochen: Er hätte sich bereits nach dem Eintritt der Grünen in die Stadtregierung aus dem Verein zurückziehen müssen, nicht erst im Jahr 2018. Zudem sei es Ellensohn zufolge nicht ideal gewesen, dass Chorherr nach Zurücklegung seines Mandats im Gemeinderat einen Job im Immo-Unternehmen der Soravia-Familie annahm. Laut einem Bericht im „Falter“ habe es jedoch bezüglich der Flächenwidmungen „keine Ungereimtheiten gegeben“. 19 Personen, die einvernommen wurden, hätten unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass es „keinen derartigen Einfluss oder Interventionen“ gegeben habe.

GR Georg Fürnkranz (FPÖ) sagte: „Die Flächenwidmungs-Skandale sind nicht neu.“ Nach „jahrelangen Ermittlungen“ würde die Staatsanwaltschaft „Bestechlichkeit des grünen Urgesteins Chorherr“ orten. Das müsse auch von den Grünen ernst genommen werden. Die ehemaligen PlanungsstadträtInnen Chorherr und Vassilakou hätten „viele Spuren hinterlassen - zum Nachteil von AnrainerInnen und des Stadtbilds“. Fürnkranz kritisierte die „rot-grüne Ignoranz“ gegenüber BürgerInnenbeteiligung und nannte als Beispiel das Projekt in der Gallitzinstraße. Die Stadtregierung trage die Verantwortung für die „negativen Veränderungen“ in der Lebensqualität der WienerInnen. Fürnkranz forderte „Schadensbegrenzung“ und brachte einen Antrag ein betreffend unter anderem den sofortigen Stopp aller umstrittenen Flächenwidmungsverfahren bis zum Vorliegen der Ermittlungsergebnisse. Zudem müsse die Stadtregierung eine Änderung der Flächenwidmung für das Heumarkt-Projekt initiieren, um Wiens Status als UNESCO-Weltkulturerbe zu gewährleisten. Diesbezüglich brachte Fürnkranz einen Antrag ein. (Forts.) exm

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