Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.11.2019:
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60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (16)

Spezialdebatte: Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GR Peter Kraus, BSc (Grüne) sagte, dass „die Idee, Reichtum an Besitz zu messen“ angesichts zunehmender Flexibilität „aus der Zeit gefallen sei“. Im „urbanen Kontext“ sei die Wiener Wohnpolitik für ihn der „richtige Ansatz“. Wien solle im Gegensatz zu Städten wie Paris, London oder San Francisco eine „Stadt für alle“ bleiben, das beginne für Kraus bereits bei der „Bodenfrage“. In Wien habe man als Konsequenz auf „explodierende Preise“ die Widmungskategorie geförderter Wohnbau eingeführt und betreibe eine proaktive Bodenpolitik, erklärte Kraus. Er sehe einen „Zielkonflikt zwischen sozialer Treffsicherheit und sozialer Durchmischung“. Für Kraus sei allerdings klar, dass „auch der Mittelstand abgesichert werden müsse“, daher baue Wien wieder Gemeindewohnungen. In der Wohnbaupolitik dürfe man auch „die ökologische Frage nicht aus den Augen verlieren“. Mit der Förderung von außenliegendem Sonnenschutz setze die Stadt hier eine wichtige Maßnahme.  

GR Mag. Günter Kasal (FPÖ) freute sich über das Errichten neuer Gemeindebauten. Diese seien eine langjährige Forderung seiner Partei, wenn auch „immer noch zu wenig“. Kritisch sah Kasal die „Nachverdichtung bestehender Gemeindebauten“ etwa durch Aufstockungen oder Dachgeschossausbauten. Diese seien „verhältnismäßig langwierig, kostenintensiv, risikoreich“ und könnten die „soziale Struktur“ in den Wohnhäusern „verändern“. Die Pläne zum Gemeindebau Neu am Montecuccoliplatz in Hietzing bezeichnete Kasal als „perfekt“, man habe in der Darstellung jedoch „vermieden zu zeigen, wie es links und rechts“ des geplanten Gemeindebaus aussehe. Laut Kasal entstehe dieser Gemeindebau in „nur 7,5 Metern Abstand“ zu bereits bestehenden Wohnhäusern der Gemeinde Wien. Zudem seien laut Kasal die geplanten Garagenplätze zu wenig, wenn man den Bedarf des Supermarkts und die geplante Aufstockung der schon bestehenden Gemeindebauten mit einrechne. Kasal reichte in diesem Zusammenhang einen Antrag zur Einrichtung einer Ombudsstelle bei Wiener Wohnen ein. In weiteren Anträgen forderte er die „Verknüpfung der Wohnungsvergabe an Sprachkenntnisse der Wohnungswerber“, die „Zweckbindung der Darlehensrückflüsse aus Wohnbauförderungsdarlehen zugunsten des Wohnbauförderungsbudgets“, „externe Gutachten bei zukünftigen Liegenschaftstransaktionen“ und die „Errichtung von Gemeindebauten über das bisher geplante Ausmaß“.

GRin Barbara Novak, BA (SPÖ) sagte, dass „leistbares Wohnen“ in Wien ein Ergebnis des Zusammenspiels „vieler Puzzleteilchen“ sei. Es gehe nicht nur um den Wiener Gemeindebau mit seiner 100-jährigen Tradition, sondern beginne für Novak bereits bei „Grund und Boden“ und der Definition von „Boden als Grundrecht“ für das Gemeinwohl. Auch im „privaten Bereich“ setze die Stadt Wien Maßnahmen, um MieterInnen zu unterstützen. Neben der allgemeinen Wohnbeihilfe gebe es eine Vielzahl von Förderungen der Stadt, etwa für einen altersgerechten Umbau, den Einbau von Sicherheitstüren oder die bereits erwähnte Förderung von Außenjalousien. Die Kriterien für die Vergabe von Gemeindewohnungen würden laut Novak „immer wieder angepasst“ und man könne aus ihrer Sicht diese „gerne wieder evaluieren“. Für sie gehe es bei der Vergabe um die soziale Treffsicherheit im Sinne einer durchmischten Gesellschaft. Abschließend erwähnte Novak zwei innovative Wohnprojekte für Alleinerzieherinnen und StudentInnen in Meidling bzw. auf der Landstraße. Bei beiden Projekten gehe es um „smarte“ Lösungen für spezielle Bedürfnisse und besondere Lebenssituationen. In Wien sorge man so im Wohnbau „nicht nur für Quantität, sondern auch für eine hohe Lebensqualität“.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) widmete sich dem Thema Frauenpolitik. Sie begrüßte die gemeinsame Medienaktion anlässlich des gestrigen Tages gegen Gewalt an Frauen, wo Vertreterinnen aller Fraktionen gemeinsam symbolisch eine Fahne am Rathaus hissten. Gleichzeitig stellte Emmerling sich die Frage, „ob wir genug tun?“, angesichts der hohen Zahl an Gewaltdelikten gegen Frauen. Sie lobte Angebot und Arbeit der Wiener Frauenhäuser und des Frauennotrufs, sah aber aufgrund „niedriger Verurteilungsquoten“ bei häuslicher Gewalt Handlungsbedarf. In einem Antrag forderte Emmerling die Einrichtung einer Gewaltambulanz, in der auch Beweismittel gesichert werden könnten. Auch beim Thema Gleichstellung gebe es laut Emmerling noch viel zu tun. Nach wie vor würden viele Frauen in Teilzeit arbeiten, weniger verdienen und damit Altersarmut riskieren. Es gebe eine „massive Ungleichverteilung“ von Erwerbsarbeit und unbezahlter Arbeit. Gleichzeitig mangle es an Evidenz, da die letzte EU-Erhebung zur „Zeitverwendung“ bereits 10 Jahre zurückliege. Emmerling forderte die Stadt Wien in einem Antrag auf, zu intervenieren, dass Österreich an einer EU-Zeitverwendungsstudie teilnehme.

GRin Sabine Schwarz (ÖVP) bedankte sich bei Stadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) für die gute Zusammenarbeit in Frauenfragen. Es herrsche ein „neuer Touch“, sie lobte die „Enquete Frauenwohnen Wien“ und das innovative Wohnprojekt für Alleinerzieherinnen in der Meidlinger Wolfganggasse. Gleichzeitig forderte Schwarz die Stadträtin auf, die Vergabekriterien für Gemeindewohnungen zu überdenken. Besonders Alleinerziehende oder Patchwork-Familien hätten derzeit oft Schwierigkeiten, Wohnbedarf geltend zu machen. Schwarz begrüßte den Bau eines fünften Frauenhauses, für einen Neustart bräuchten Frauen jedoch „eine Wohnung, in der sie bleiben können“. Sie regte an, Frauen, die häusliche Gewalt erfahren haben, bei der Vergabe von Gemeindewohnungen zu priorisieren. Ein besonderes Anliegen sei Schwarz die „Integration von Frauen und jungen Mädchen“, hier brauche es ein Konzept, da die Migrationspolitik in Wien „versagt hat“. In einem Antrag forderte sie die engere Zusammenarbeit der Stadt Wien mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF).

GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) sagte, dass die Gleichstellung von Frauen noch nicht erreicht sei, die Stadt aber „kontinuierlich daran arbeitet“. Das vorliegende Budget berücksichtige den „Gender Budgeting“-Ansatz und nehme speziell auf Bedürfnisse von Frauen Rücksicht. Frauen würden laut Huemer häufiger alleine wohnen. Einerseits hätten sie einen Vorsprung bei höheren Bildungsabschlüssen; gleichzeitig gebe es allerdings auch mehr Frauen mit „formal geringerer Bildung“. Frauen profitierten außerdem weniger stark vom Rückgang der Arbeitslosigkeit. Auch die Einkommensschere sei laut Huemer „nach wie vor enorm, besonders bei den Pensionen“. Zu diesen „bekannten Problemen“ kämen neue hinzu: etwa der „Hass im Netz“, von dem Frauen besonders betroffen seien. Die Stadt Wien betreibe mit dem Frauenservice und den vielen Frauenvereinen eine „sehr positive und aktive Frauenpolitik“. Huemer freute sich, dass es gelungen sei, die Mittel für Frauenpolitik im nächsten Jahr zu erhöhen. (Forts.) gaa

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