Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.11.2019:
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60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (17)

Spezialdebatte Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GR Michael Niegl (FPÖ) sagte, die Stadt Wien würde „geförderten Wohnraum an Wirtschaftsflüchtlinge und Asylanten verschenken“, statt diesen jenen vorzubehalten, die ihn seiner Meinung nach eher brauchen würden – Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und vor allem „österreichische Jungfamilien“. Durch Zuzug und die Öffnung der Gemeindebauten für Ausländer sei die Wohnqualität in den Gemeindebauten „wegen Überfremdung negativ beeinflusst worden“, sagte Niegl. Viele Gemeindebauten würden verfallen, bei Sanierungen würden die Wohnanlagen dann im „Baustellen-Chaos“ versinken. Als Beispiel dafür nannte er einen Gemeindebau in Jedlesee. Dort seien Aufzugstürme direkt vor dem Fenster der Mieterinnen und Mieter geplant, durch die andauernde Baustelle werde ihre Wohnqualität eingeschränkt. In einem Antrag forderte Niegl deshalb eine Mietzinsminderung für die Bewohnerinnen und Bewohner des Floridsdorfer Gemeindebaus und eine automatische Mietzinsminderung für Bewohnerinnen und Bewohner von Gemeindebauten während Sanierungsarbeiten.

GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) reagierte mit Nachdruck: Was FPÖ-Vorredner Niegl behauptet habe, sei „unrichtig, falsch und stimmt nicht“; die FPÖ mache „jedes Thema zum Ausländerthema“. Sogar der Fachverband der Immobilienwirtschaft stelle in einer Studie fest, dass bereits 2018 mehr Wohnungen gebaut worden seien als Haushalte gegründet, und dass davon auszugehen sei, dass die Mieten durch das größere Angebot mittelfristig sinken. Er verwies auf die lange Geschichte des geförderten und kommunalen Wohnbaus in der Stadt. Wien hätte vor 100 Jahren mit dem Bau der inzwischen 220.000 Gemeindewohnungen begonnen und setze diese Erfolgsgeschichte fort. Auch hätte die Stadt „nie den Fehler begangen“, die Gemeindebauten zu verkaufen, wofür Wien jetzt von anderen Städten beneidet werde. So diene das Wiener Wohnbaumodell als Vorbild für die ganze Welt. Mit dem Gemeindebau und dem Angebot des geförderten Wohnbaus garantiere Wien „leistbares und sicheres Wohnen“, auch für Mieterinnen und Mieter ohne Wohnungseigentum. „Die Wiener Wohnbaupolitik ist ein Erfolgsmodell, SPÖ und Stadt stehen für leistbares Wohnen“, betonte Niedermühlbichler. Durch den Zugang zum geförderten Wohnbau für viele Einkommensschichten und dem Bau von Gemeindebauten in allen Bezirken fördere Wien die soziale Durchmischung in der Stadt. Er sei stolz darauf, dass in Wien „niemand das Einkommen an der Adresse ablesen kann“.

GRin Veronika Matiasek (FPÖ) sprach zum Thema Frauen. Sie begrüßte die Unterstützung der Stadt für Frauenhäuser und Schutzeinrichtungen für von Gewalt betroffenen Frauen. Gleichzeitig mahnte sie, dass die Dunkelziffer wegen Scham der Betroffenen bei Gewalt nach wie vor hoch sei. Unter anderem müssten Einrichtungen zur Meldung von Gewalt im Gesundheitsbereich geschaffen werden, weil Gewalt und Verletzungen hier am ehesten bemerkt würden. Auch auf Polizeistationen brauche es mehr Beamtinnen als Ansprechpersonen für von Gewalt betroffene Frauen. Sie lehnte die Trennung von Mädchen und Burschen ab – die Geschlechter müssten gemeinsam erzogen werden, Vorbehalte von Eltern gegen gemeinsamen Turnunterricht oder ähnliches dürften nicht gelten. Die gemeinsame Erziehung würde die Mädchen stärken, so Matiasek. Die von den NEOS und Grünen unterstützte Zeiterfassungsstudie lehnte Matiasek ab – diese greife zu sehr in die Privatsphäre ein, außerdem sei es vor allem bei jüngeren Paaren und Familien inzwischen etabliert, dass sich Männer und Frauen die Arbeit im Haushalt oder bei der Kindererziehung teilen.

GRin Mag. Andrea Mautz-Leopold (SPÖ) betonte, dass die Frauenpolitik in Wien eine „Querschnittsmaterie“ sei. Gender-Budgeting, Gender Mainstreaming, Frauengesundheitsprogramm oder die Arbeit des Frauenservice seien in der Stadt inzwischen etabliert. Insgesamt werde das Frauenbudget erhöht, was die Fortführung von erfolgreichen Frauenprojekten und Einrichtungen ermögliche. Sie hob unter anderem das neue Frauenservice-Zentrum mit niederschwelliger Beratung für Frauen zu Trennung, Scheidung, Obsorge und Vereinbarkeit von Beruf und Kindern hervor, das in diesem Jahr neu geschaffen wurde. Gewaltprävention sei wichtig, deshalb setze die Stadt auf Kampagnen wie die Aktion „Rettungsanker“ oder eine Sensibilisierungs-Offensive betreffend KO-Tropfen. Bei der Gewaltschutzkampagne „Rettungsanker“ würden MitarbeiterInnen der Wiener Linien oder der städtischen Bäder geschult, Übergriffe zu erkennen und einzuschreiten. Ebenso unterstütze die Stadt den Ausbau der Frauenhäuser – gerade entstehe ein fünftes Haus mit 50 zusätzlichen Plätzen. Das bringe insgesamt  225 Zufluchts-Plätze für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder. Zudem dienten Aktionen wie der Töchtertag dem Empowerment von Mädchen und ermutigten Frauen, Technik-Berufe zu ergreifen.

StRin Kathrin Gaál (SPÖ) sprach zum Schluss der Spezialdebatte. Mit dem Gemeindebau Neu setze Wien die 100-jährige Erfolgsgeschichte des sozialen Wiener Wohnbaus fort. Dieser erste der neuen Gemeindebauten sei vor kurzem in der Favoritner Fontanastraße bezogen worden, weitere 4.000 Gemeindewohnungen Neu würden folgen. Diese hätten dieselben Konditionen wie die bisherigen Gemeindewohnungen: keine Befristung, keine Kaution; dafür Infrastruktur wie Garten oder Kinderspielplätze in der Anlage. Außerdem seien gerade 14.000 neue geförderte Wohnungen im Entstehen, knapp die Hälfte davon als besonders günstige „SMART“-Wohnungen mit Wohnungsmodellen für Familien, Alleinerzieherinnen oder für altere Menschen. Mit der Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ verhindere Wien Spekulation und dämpfe die Mieten in der Stadt. Bei Sanierungen würde die Stadt innovative Lösungen für die thermische und energetische Sanierung nutzen. Dazu gehöre auch die kürzlich beschlossene Förderung von Beschattung in Form von Außenrollos. Außerdem hob Gaál Angebote wie die Gebietsbetreuung-Stern, die kostenlose Mieterhilfe der Stadt, das Wiener Wohnen Kundencenter für Gemeindebau-MieterInnen oder die Wohnberatung Wien hervor. Ebenso erfolgreich agierten Services speziell für Frauen, wie das Frauenzentrum. Bei Gewalt leiste der 24-Stunden Frauennotruf Hilfe, die von der Stadt unterstützten Frauenhäuser würden von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder Schutz bieten. Der Töchtertag wiederum stärke das Selbstbewusstsein von Mädchen, mit Vorurteilen zu brechen und technische Berufe zu ergreifen.

Spezialdebatte Bildung, Integration, Jugend und Personal

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) begrüßte städtische Investitionen in Schulen und Kindergärten. Gleichzeitig wollte sie prüfen lassen, ob das eingesetzte Geld auch tatsächlich bei Kindern und Jugendlichen ankomme. So hätte die Stadtregierung bereits in den Jahren 2010 und 2015 zusätzlich 100 SozialarbeiterInnen für Schulen angekündigt, aber nie eingestellt. Auch sei es um die Lesekompetenz und das Mathematik-Können der Schülerinnen und Schüler der 8. Schulstufe schlecht bestellt – 45 Prozent könnten nicht ausreichend lesen, 42 Prozent nicht ordentlich rechnen. Der Neuen Mittelschule (NMS) eile ein schlechter Ruf voraus; der bringe Eltern dazu, eher ein Gymnasium für ihre Kinder auszusuchen oder auf eine Privatschule auszuweichen. Wien investiere in den Zubau von Schulen, vernachlässige bei den Projekten aber „Brennpunktschulen“, kritisierte Emmerling. Die Stadt müsse für gleiche Chancen für alle Kinder eintreten und deshalb gerade in Brennpunktschulen neue Programme starten, um Schülerinnen und Schüler und die Pädagoginnen und Pädagogen dort zu unterstützen. Sie erinnerte an die Forderung der NEOS nach einem Bildungsgipfel und einer Wiener Kopie der „London Challenge“ – dort seien ehemalige Brennpunktschulen durch gezielte Förderungen in Vorzeige-Einrichtungen verwandelt worden. Emmerling brachte zwei Antrage ein: Einen für die Einrichtung einer Mobbing-Meldestelle und einen weiteren für 100 SchulsozialarbeiterInnen in Wien. (Forts.) ato

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