Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.11.2019:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (21)

Spezialdebatte Stadtentwicklung, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung

GRin DI Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) wünschte sich, dass der Stadtplanung mehr Budgetmittel zur Verfügung gestellt würden. Stadtplanung sei nämlich „Muttermaterie“ für andere Themen wie Bildung oder Kunst und Kultur. Was Olischar bei der derzeitigen Stadtplanung in Wien vermisse, seien „Orientierung und Verbindlichkeit“. Nur wenn man beide Faktoren berücksichtige, könne eine transparente und nachhaltige Stadtentwicklung gewährleistet werden. Es benötige also eine verbindliche Raumplanung für Wien, auch um die architektonische und städtebauliche Entwicklung zu strukturieren, aber auch um Sicherheit für BürgerInnen, Unternehmen und EntscheidungsträgerInnen aus den Bereichen Bau und Stadtplanung zu gewährleisten. Dazu brachte Olischar einen Antrag ein. Auch die Transparenz spiele bei der Stadtplanung eine große Rolle. Konkret sprach Olischar hier städtebauliche Verträge an. Niemand wisse, wie diese zustande kämen, was Gegenstand der Verhandlungen sei oder nach welchen Kriterien verhandelt werde. Sie brachte einen Antrag ein betreffend nachvollziehbare Berechnungsmethoden bei städtebaulichen Verträgen. Transparenz forderte Olischar auch bei der Vergabe von Flächenwidmungen ein. Transparenz sei nämlich „die einzige Möglichkeit, Korruption vorzubeugen“. Sie brauchte drei weitere Antrage ein, die allesamt den Weltkulturerbestatus Wiens betrafen. Unter anderem forderte sie die Implementation des Welterbeschutzes in das Wiener Raumordnungsgesetz sowie die welterbetaugliche Adaptierung des Heumarkt-Projekts. In zwei weiteren Anträgen forderte sie den Ausbau von Photovoltaikanlagen in Wien sowie die Einberufung eines Runden Tisches „Klimaplan für Generationen & Gesundheit“.

GR Peter Kraus, BSc (Grüne) sagte in Richtung seiner Vorrednerin: Planungssicherheit sei sehr wohl gegeben. Neben der Wiener Bauordnung nannte er als weitere Beispiele Fachkonzepte, die genau festlegen, welche Flächen wofür zur Verfügung stehen. Als Beispiele nannte er die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ und das „Fachkonzept Produktive Stadt“. Dazu gebe es auch Energieraumpläne, die genau darstellten, in welchen Bereichen der Stadt keine fossilen Energieträger zum Einsatz kommen dürfen. Kraus widmete einen großen Teil seiner Rede dem Thema Klimaschutz.  Man sei derzeit noch „meilenweit entfernt“, die Klimaziele zu erreichen. Das gelte nicht nur für Wien, sondern für ganz Europa. Was viele aber noch nicht verstanden hätten, sei der enorme Zeitdruck, denn der Klimawandel sei nicht reversibel. Deshalb wünschte er sich hier „mehr Geschwindigkeit“. Wien leiste seinen Beitrag mit dem Ausbau von Grünflächen im öffentlichen Raum und dem Bau neuer Begegnungszonen, die mittlerweile auch bei anfänglichen KritikerInnen auf Wohlgefallen stießen. Auch die „Schreckensmeldungen“ über ein vermeintliches Stauchaos durch den Ausbau des Wiental-Radweges seien am Verstummen, sagte Kraus. Mit den „coolen Straßen“ gehe Wien zudem gegen Überhitzung vor, verliere beim Thema Hitze aber nie die soziale Frage aus den Augen. Deshalb habe man jüngst die neue Förderung für außenliegenden Sonnenschutz für privaten Wohnraum präsentiert. Diese Maßnahme sei zwar „klein, aber effektiv“, so Kraus. Positiv hob Kraus außerdem den Klimarat hervor, der gestern und heute erstmals zusammengetreten ist. Ihn brauche es auch für „Challenges“, um herauszufinden, wie man „noch besser werden kann“. In der Klimafrage gebe es für Kraus „keinen Kompromiss“. Entweder „wir scheitern gemeinsam oder bauen eine neue fossilfreie und Gesellschaft“.

GR Karl Baron (FPÖ) brachte drei Anträge ein. Der erste betraf die geplante Einführung eines Rechtsabbiege-Verbots für alle LKW über 7,5 Tonnen ohne Abbiegeassistent. Diese Regelung nannte Baron „unglaublich“ und die „skurrilste Verordnung, die in der Stadt je erlassen wurde“. Für die LKW bedeute das, dass sie Umwege fahren müssten und „sinnlos herumfahren und 20-30 Mal öfter abbiegen müssen“. Das belaste die Stadt nur zusätzlich, meinte Baron, der mittels Antrags forderte, das Verbot zurückzunehmen. Auch zur Parkraumbewirtschaftung in Wien fiel Baron nur ein Prädikat ein: „skurril“. Was als bezirksweise Parkraumbewirtschaftung begonnen habe, sei in einen „einzigen Kurzparkdschungel gemündet“, so Baron. Er forderte im zweiten Antrag die Einführung einer flächendeckenden „Pickerlzone“, die überall außer im ersten Bezirk gelten solle. Das Pickerl solle Wienerinnen und Wienern kostenlos zur Verfügung gestellt werden, BewohnerInnen des ersten Bezirks sollten darüber hinaus in der gesamten Stadt parken dürfen. Im dritten Antrag forderte Baron die komplette Auflösung der Mobilitätsagentur, die für ihn viel mehr eine „Verkehrsbehinderungsagentur“ darstelle. Die Mittel sollten stattdessen für die FußgängerInnen-Sicherheit aufgewendet werden.

GR Ernst Holzmann (SPÖ) sprach über die Arbeit dreier Magistratsabteilungen: Straßenverwaltung und Straßenbau (MA 28), Wien Leuchtet (MA 33) sowie Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten (MA 46). Die MA 28 leiste viel für die Instandhaltung des Wiener Straßennetzes, aber auch für die Qualitätssteigerung beim Radverkehr. Die Verkehrssicherheit werde 2020 ein wesentlicher Schwerpunkt ihrer Arbeit sein, mal wolle aber auch die Mobilität für Menschen mit besonderen Bedürfnissen verbessern. Auch für die Verkehrssicherheit in der Nähe von Schulen werde es zusätzliche Mittel geben, versicherte Holzmann. Dass die FPÖ die Mobilitätsagentur auflösen möchte, konnte er nicht nachvollziehen. Immerhin leiste sie wertvolle Arbeit. So organisiere sie etwa den österreichischen Radgipfel 2020, zeichne aber auch für Motivationskampagnen für das Zufußgehen und Radfahren verantwortlich. Zentraler Punkt der MA 33 sei das Verkehrsmanagement, fuhr Holzmann fort. Die Abteilung sei wesentlich für die Verkehrslenkung verantwortlich und forciere die Weiterentwicklung der intelligenten Ampeln. In Verbindung mit der „Sag’s Wien“-App solle künftig auch die Bewertung von Verkehrslichtanlagen möglich sein. Die MA 33 kümmere sich zudem um den weiteren Austausch der Seilhängeleuchten auf Wiens Straßen, der im dritten Quartal 2020 abgeschlossen sein soll. Zu guter Letzt widmete sich Holzmann der MA 46, und erwähnte hier insbesondere die Baustellenkontrollen. Der Stadtrechnungshof habe diese Kontrollen in einem Bericht ausdrücklich positiv als „verantwortungsbewusst, effizient und zeitnah“ bewertet. Auch für die MA 46 werde die Verkehrssicherheit im neuen Jahr ein wesentlicher Schwerpunkt sein. Konkret sprach Holzmann etwa das Rechtsabbiegeverbot für LKW über 7,5 Tonnen ohne Abbiegeassistenz an, das wichtig sei, um Unfälle zu vermeiden.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) fand weniger die Idee eines Rechtsabbiegeverbots für LKW „skurril“, sondern die Anträge ihres FPÖ-Vorredners Baron und dessen Befürchtung, die Regelung würde zu Problemen führen. Emmerling erinnerte an die recht einfache Lösung: Die Installation eines Abbiegeassistenten. Damit dürfe man nämlich rechts abbiegen und das sei „Sinn der ganzen Sache“. Auch den Wunsch der FPÖ nach Auflösung der Mobilitätsagentur konnte sie nicht nachvollziehen, genauso wenig wie deren Vorstoß zur Parkraumbewirtschaftung. Emmerling sprach in ihrer Rede aber auch konkret zum Budget für den Wiener Verkehr. Sie vermisste darin gänzlich ein „extra ausgewiesenes Budget zum Radverkehr“. Schätzungen zufolge würde Wien gerade einmal 3,6 Euro pro EinwohnerIn in den Radverkehr investieren. Die internationale Empfehlung liege aber bei 18 Euro pro Kopf. Es gehe ja auch darum, klimafreundliche Alternativen zu forcieren und das Platz- und Lärmproblem anzugehen. Emmerling wünschte sich mehr baulich getrennte Radwege und sichere Abstellanlagen, insbesondere in U-Bahn-Nähe. Auch das Thema Schulwegsicherheit sei ihr ein Anliegen, so Emmerling. Kinder sollten die Chance haben, zu Fuß oder mit dem Rad in die Schule zu gehen bzw. fahren. Das sei momentan aber unmöglich, meinte sie. Als „große Herausforderung“ sah sie auch die Öffi-Situation in den Außen- und Flächenbezirken. Der Fokus liege nach wie vor zu stark auf innerstädtischen Projekten; in den Außenbezirken fehlten die Investitionen, um das Leben der dortigen Bevölkerung zu erleichtern, sagte Emmerling. Gerade dort gebe es viele neue Bauprojekte und Kinder, weshalb eine optimale Öffi-Anbindung nötig wäre. Sie brachte zum Schluss ihrer Rede einen Antrag ein betreffend den Ausbau der Öffis in den Außen- und Flächenbezirken. (Forts.) sep

Rückfragehinweis für Medien