Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.11.2019:
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Zusammenfassung des 60. Wiener Gemeinderats vom 25. und 26. November 2019

Debatten zum Stadt-Budget für das Jahr 2020

An den vergangenen beiden Tagen, gestern Montag und heute Dienstag, hat der Wiener Gemeinderat das Budget für das Jahr 2020 debattiert und beschlossen. Ebenso beschlossen wurden die Wirtschaftspläne der Unternehmungen KAV (Wiener Krankenanstaltenverbund), Wien Kanal sowie Wiener Wohnen für das Jahr 2020.

In seiner Eröffnungsrede erinnerte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an seine Versprechen, die allesamt eingehalten bzw. übererfüllt würden: Das Budget 2018 wurde eingehalten, die Neuverschuldung im Jahr 2019 halbiert - und ab dem Jahr 2020 mache Wien keine neuen Schulden mehr. Kommendes Jahr würde die Stadt sogar 182 Millionen Euro Schulden tilgen. Mit einem Gesamtvolumen von 16,25 Milliarden Euro für 2020 sei es „das höchste Budget in der Stadtgeschichte“. Mit 8 Milliarden Euro werde bewusst stark in die Bereiche Wohnbau, Gesundheit und Bildung investiert. Dazu kämen Programme wie die „Joboffensive 50plus“ für den Arbeitsmarkt und die „Wirtschaft und Innovationsstrategie 2030“, die Wien in bestimmten Feldern wie Digitalisierung und Medizintechnik „an die Weltspitze“ bringen solle. Neu sei ein Budgettopf „Klimaschutz“, der mit knapp einer Milliarde Euro dotiert ist. Damit sollen klimafreundliche Maßnahmen in der ganzen Stadt vorangetrieben werden: 695 Millionen Euro etwa für die Öffis oder 90 Millionen für nachhaltige Wohnhaussanierungen.

Generaldebatte

Die NEOS nannten den Budget-Entwurf „eine Mogelpackung und Zaubershow mit Zahlen“. Um das Nulldefizit erreichen zu können, müssten nämlich städtische Finanzrücklagen angegriffen werden. Für das „echte“ Abbauen von Schulden sei der vorgelegte Plan zu wenig, in Zeiten schwächelnder Konjunktur brauche es Strukturreformen. Die Verwaltung solle sparen, etwa bei den Posten der stellvertretenden BezirksvorsteherInnen, Stadträtinnen und Stadträten. Die Parteifinanzen müssten transparenter werden; die NEOS verlangten, den Stadtrechnungshof prüfen lassen zu dürfen.

Die ÖVP ortete „Hütchenspiel“ beim Budget. Teure Risikoposten würden ausgeblendet, Rücklagen aufgelöst und „das Sparschwein der Wienerinnen und Wiener geschlachtet“, um noch rechtzeitig für das Wahljahr eine „schwarze Null“ zu schaffen. Wien hätte es nicht geschafft, Einsparungspotenziale zu heben, die Stadt würde – entgegen den Ankündigungen – weiter Schulden anschreiben und damit nicht verantwortungsbewusst budgetieren.

Die Grünen betonten die Vorbildrolle der Städte bei der Bekämpfung des Klimawandels und bei der Anpassung an seine Auswirkungen. Wien würde sich zu einer „Klimahauptstadt“ mausern und mit einer „Baumoffensive“, neuen Begegnungszonen mit weniger Verkehr und „Kühlen Meilen“ gegen die Erhitzung in der Stadt vorgehen. Der Klimaschwerpunkt finde sich auch im Budget wieder. Hitzewellen würden vor allem jene mit weniger finanziellen Mitteln treffen, weshalb die Frage des Klimas und der Abkühlung der Stadt auch ein soziales Thema sei, so die Grünen.

Die FPÖ meinte, die „undifferenzierte Zuwanderung“ und die „Willkommenskultur“ seien die Ursachen für die aus ihrer Sicht schlechte Finanzsituation der Stadt. Das angekündigte Null-Defizit sei „Täuschung“, so die Freiheitlichen: „Budgetlöcher“ würden durch die Auflösung von Rücklagen gestopft, gleichzeitig werde beim Gesundheitssystem gespart, aber weiter Vereine finanziert. Deshalb hätte die FPÖ die Einrichtung einer Untersuchungskommission zur Verwendung von Fördermitteln beantragt.

Die SPÖ erinnerte daran, dass das Budget „in Zahlen gegossene Werte“ darstelle. Wien bekenne sich dazu, eine sozial verantwortungsvolle Stadt zu sein, die für soziale Gerechtigkeit und Sicherheit stehe. Das spiegle sich auch im Budget wider, das 1,9 Milliarden Euro für Bildung, 2,1 Milliarden Euro für Soziales und 4,6 Milliarden für die Gesundheitsversorgung vorsehe. Einen weiteren Schwerpunkt setze Wien beim Klimaschutz, den Wien mit seinem Klimaschutzprogramm „KliP“ bereits seit 1999 verfolge. Ein neu geschaffenes ExpertInnen-Gremium, der Klimabeirat, würde Bürgermeister Ludwig und seine Vize bei Fragen zu wirkungsvoller Klimapolitik beraten.

Spezialdebatte Finanzen, Wirtschaft, Digitalisierung und Internationales

Die NEOS plädierten für weniger Regeln und Regulierung der Wirtschaft. Wirtschaftsförderung durch die Stadt sei zwar willkommen, einen noch wirksameren Effekt hätte aber der Abbau von Bürokratie und Hürden für Unternehmen – allen voran den KMUs. Wirtschaftsförderungs-Maßnahmen müssten regelmäßig evaluiert werden, um ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Um die Tourismuswirtschaft weiter anzukurbeln brauche es Tourismuszonen und Sonntagsöffnung; von Tourismuszonen würden auch kleinere Einkaufsstraßen abseits des Zentrums profitieren.

Die ÖVP übernahm die Forderung der NEOS nach Sonntagsöffnung und Tourismuszonen. SPÖ-Finanzstadtrat Hanke würde für die Erreichung des Nulldefizits Rücklagen auflösen und Risken ausblenden. Zwar sei das Ziel, keine neuen Schulden zu machen redlich, der Weg dahin aber nicht der Richtige, so die ÖVP. Auch zweifelte sie daran, dass das Budget auch eingehalten werde – so würde schon jetzt kolportiert werden, dass die Kosten für den U-Bahn-Ausbau wegen hoher Baukosten noch steigen würden. Um die Arbeitslosenzahlen zu senken brauche es einen Schulterschluss zwischen dem Ressort Wirtschaft und dem Integrations-Ressort, um vor allem schlecht Qualifizierte mit Migrationshintergrund für den Arbeitsmarkt fit zu machen.

Die Grünen hoben die Leistungen der Stadt gegen den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit hervor, ebenso wie die Anstrengungen in Sachen Arbeitsmarkt. Eine Sonntagsöffnung würde keine Vorteile bringen, sondern nur Bedingungen für die Beschäftigten im Handel verschlechtern, warnten die Grünen. Wien biete eine Ausbildungsgarantie und Programme wie das Jugendcollege für die Qualifizierung Junger; für ältere Arbeitssuchende habe Wien die „Joboffensive 50plus“ gestartet. Damit möglichst viele die Digitalisierung als Chance nutzen können, biete der WAFF Programme wie „DigiWinner“ an, erinnerten die Grünen.

Die FPÖ warf dem Finanzstadtrat vor, sein Versprechen, keine neuen Schulden zu machen und ein ausgeglichenes Budget vorzulegen, gebrochen zu haben. Die Ankündigung eines „Null-Defizits“ sei dem kommenden Wahlkampf geschuldet. Beim Gesundheitswesen sei schon jetzt erkennbar, dass die Ausgaben höher ausfallen würden als geplant; grundsätzlich stünden niedrige Einnahmen hohen Ausgaben gegenüber, kritisierte die FPÖ. Das Finanzressort würde auch keine Vorsorge für die Zukunft treffen und Rücklagen bilden, sondern die wenigen Vorhandenen für das Null-Defizit aufbrauchen.

Die SPÖ war sich sicher, dass das Budget halten werde, entgegen den Unkenrufen der FPÖ. Die Auflösung von Rücklagen habe „einen volkswirtschaftlichen Sinn“. Mit der Investition von 2,5 Milliarden Euro in den Wirtschaftsstandort werde Wien „ein Stück weiter nach vorne“ gebracht; es müsse eine Weiterentwicklung geben, „damit Wien die lebenswerteste Stadt bleibt“. Mit der „Digitalen Agenda“ sei man auf dem Weg zur „Digi-Hauptstadt Europas“ und mit der vierten Säule der Smart-City-Strategie, der Inklusion, tue Wien alles dafür, „alle WienerInnen mitzunehmen“.

Spezialdebatte Kultur und Wissenschaft

Die ÖVP begrüßte die Aufstockung des Kulturbudgets im Vergleich zum Vorjahr, sie rechnete allerdings damit, dass das Budget nach der Wahl im kommenden Jahr wieder zurückgefahren werde. Die ÖVP forderte ein Zukunftskonzept für die Vereinigten Bühnen Wien und sprach sich generell dafür aus, dass in der Wiener Kulturszene „mehr Qualität statt Quantität“ gefördert werden solle. Auch das Volkstheater müsse wieder auf sichere finanzielle Beine kommen.

Die Grünen betonten die Wichtigkeit des Projekts „Fair Pay“ für Kulturschaffende. Die Aufstockung des Kulturbudgets ermögliche faire Entlohnung und Gagen für Künstlerinnen und Künstler. Die Grünen hoben außerdem die Fortführung der Kulturprojekte in den Bezirken und die Bestrebungen der Stadt für die Kulturvermittlung hervor. Kunst trage in der Gesellschaft dazu bei, Menschen zusammenzubringen und Unterschiede zu überbrücken.

Die FPÖ erkannte gute Ansätze in der Kulturpolitik von Stadträtin Kaup-Hasler, allerdings gebe es neben guten Entscheidungen wie der Bestellung des neuen Volkstheater-Intendanten noch immer offene Punkte wie die finanzielle Sanierung des Volkstheaters oder den Ausbau des Angebots der Musikschulen in den Bezirken. Wie die ÖVP forderten auch die Freiheitlichen ein Zukunftskonzept für die Vereinigten Bühnen Wien.  

Die NEOS kritisierten, dass die Wissenschaftsförderung neben der Kulturpolitik in den Debatten zum Budget zu wenig Platz bekomme. Sie forderten daher die Schaffung eines eigenen „Wissenschaftsbudgets“ unabhängig vom Kultur-Topf, um das sich von der Stadt selbst gesteckte Ziel zu erreichen, bis 2030 zu einer der führenden Forschungs- und Innovationsmetropolen weltweit zu werden. Die NEOS forderten mehr Raum für Kulturinitiativen in der Stadt über Zwischennutzungen von Immobilien hinaus, außerdem mehr Transparenz und ein „Raus der Parteipolitik aus der Kulturförderung“.

Die SPÖ betonte die Aufstockung des Kulturbudgets um 26 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Wien stelle bei der Kulturförderung den Mensch in den Mittelpunkt – konkret das Publikum oder den Kunstschaffenden. Die höhere Dotierung des Kulturbudgets wirke sich auch auf die Gagen und faire Entlohnung von Kunstschaffenden aus. Daneben fördere Wien die Wissenschaftsvermittlung, ebenso gebe es neue, eigene Töpfe für Bezirkskultur, die Bezirksmuseen, kleinere Kulturinitiativen und für den Film in Form von Produktions-Förderungen. Mit dem „Digitalen Humanismus“ rege Wien die kulturelle Auseinandersetzung mit der Digitalisierung an, die in den Augen der Stadt dem Menschen dienen müsse.

Spezialdebatte Soziales, Gesundheit und Sport

Die NEOS forderten einen „zukunftsfähigen“ Einsatz des Gesundheitsbudgets. Derzeit fehle es an validen Gesundheitsdaten – insbesondere in der Kindermedizin – um überprüfen zu können, ob die eingesetzten Mittel auch Wirkung zeigten. Erneut forderten sie die Ausgestaltung von mindestens fünf der 36 geplanten Primärversorgungseinheiten als Zentren für Kinder- und Jugendheilkunde. Die NEOS kritisierten zudem, dass Kinder mit Behinderungen in Wien oftmals keinen Platz in einer Bildungseinrichtung bekommen würden. Sie forderten das Schaffen von ausreichend integrativ geführten Plätzen, um allen Kindern eine gleichberechtigte Teilnahme an der Gesellschaft zu ermöglichen.

Für die ÖVP sei das größte Problem im Gesundheitsbereich der „Personalmangel“. Dieser habe auch zu einer Gewaltzunahme an Wiener Spitälern geführt. Die ÖVP forderte ein eigenes Sicherheitskonzept für KAV-Spitäler, das Abhilfe schaffen müsse. Die Umwandlung des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts begrüßte die Volkspartei, kritisierte aber, dass die Opposition über die kürzlich bekannt gewordene Verzögerung der Reform nicht informiert worden sei. Baustellen ortete die ÖVP außerdem bei der Geburtshilfe sowie bei den Maßnahmen gegen gesundheitliche Probleme, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden.

Die Grünen betonten, wie wichtig es sei, in die Zukunft des Gesundheits- und Sozialwesens zu investieren. Nur so könne mehr notwendiges Personal angestellt und wichtige Renovierungen von Krankenhäusern vorangetrieben werden, um eine optimale Behandlung und Pflege für alle Wienerinnen und Wiener zu garantieren. Mit dem Budget würden außerdem Maßnahmen gegen Armut gesetzt, die Betreuung von obdachlosen Menschen vorangetrieben sowie Jugendliche beim Berufseinstieg unterstützt.

Die FPÖ bezeichnete das Wiener Gesundheitssystem als „überlastet“. Es gebe zu lange Wartezeiten in Ambulanzen, nicht genügend ÄrztInnen im niedergelassenen Bereich, zu wenig Turnus-Plätze, einen FachärztInnen-Mangel sowie zu wenig Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Auch zunehmende Gewalt an Spitälern sei ein Problem und nach Ansicht der Freiheitlichen eine Folge der Zuwanderung. Auch beim Sport in der Stadt ortete die FPÖ Nachbesserungsbedarf und forderte etwa eine Multifunktionshalle und die Sanierung bestehender Sportstätten.  

Die SPÖ sah im Budgetentwurf die Grundlage für eine bestmögliche Gesundheitsversorgung aller Wienerinnen und Wiener, unabhängig von Herkunft, Einkommen, Alter, Geschlecht, Religion oder sozialem Status. Das medizinische Angebot werde laufend ausgebaut. Es gebe etwa neue Angebote im Bereich der Strahlentherapie, die Zentralen Notaufnahmen als neue Anlaufstellen für akute Beschwerden sowie Erstversorgungsambulanzen für kleinere Beschwerden.

Sichergestellt sei zudem die Versorgung pflegebedürftiger Wienerinnen und Wiener. Forcieren wolle die Stadtregierung außerdem die Umsetzung des medizinischen Masterplans und die Umwandlung des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts.

Spezialdebatte Umwelt und Wiener Stadtwerke

Die NEOS kritisierten steigende Gebühren für Wasser- und Müllentsorgung, obwohl deren Kostendeckungsgrad „längst übererfüllt“ sei. Einmal mehr forderten sie ein „Kostenwahrheitspaket“ bei der Gebührengestaltung der Stadt. Auf Kritik stieß auch die neue Marktordnung: Die Stadtregierung nehme sich darin Rechte heraus, die sie „verfassungsrechtliche nicht hat“, betreffend etwa verpflichtende Öffnungszeiten.

Die ÖVP vermisste die „großen Würfe“ im Umweltressort. Man konzentriere sich zu sehr auf kleine Projekte wie Nebelduschen oder Wanderbäume, der Ausbau der Photovoltaik komme aber zu kurz. Die ÖVP kritisierte auch, dass die Opposition im Umweltausschuss nicht ausführlich genug über Projekte informiert werde. Eine inhaltliche Mitarbeit sei so nicht möglich.

Die Grünen erinnerten an die Wichtigkeit einer CO2-Reduktion in der Stadt. Verkehrsberuhigende Maßnahmen, aber auch „kleinere Projekte“ wie der Austausch von Wohnungsfenstern würden dieses Ziel vorantreiben. Einen wesentlichen Beitrag leiste auch die neue gelb-blaue Tonne: Weil nun mehrere Altstoffe gemeinsam gesammelt werden können, verringere sich die Fahrzeit der Müll-LKW um ein Vielfaches.

Die FPÖ kritisierte das Klimabudget: Dies enthalte keine neuen,, sondern lediglich bekannte und in einen neuen Topf umgeschichtete Maßnahmen. Ein wichtiges Anliegen war der FPÖ der Tier- bzw. Artenschutz in der Stadt. Um die Biodiversität zu erhalten, müsse man etwa Dachbegrünungen oder die Renaturalisierung von Blumenwiesen forcieren. Die Freiheitlichen forderten zudem den Ausbau der Wasserstoffenergie, und den Umstieg der städtischen Flotte auf diesen Antrieb.

Die SPÖ erinnerte an die Vielzahl an städtischen Projekten, die in Wien für den Umwelt- und Klimaschutz im Laufen seien. Dazu gehörten beispielsweise: das „Netzwerk Natur“, das Programm „City Nature“, das Monitoring-Werkzeug „Natur 2000“ oder der „Lärmleitfaden“ der MA 22. Auch positiv: Während Wien den Wohnbau vorantreibe, entstehe gleichzeitig mehr öffentliches Grün für alle Wienerinnen und Wiener. Wien habe schon 1999 verpflichtende Klimaschutzprogramme gestartet, heute gebe es in Wien mehr JahreskartenbesitzerInnen als angemeldete PKW. Kritik gab es Richtung Freiheitliche: Bis vor kurzem hätten diese den Klimawandel noch geleugnet; die FPÖ hätte „keine moralische Berechtigung, die Klimaschutzpolitik der Stadt Wien zu verurteilen“.

Spezialdebatte Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

Die NEOS bezeichneten den sozialen Wohnbau in Wien als „nicht sozial treffsicher“. Einkommensschwachen und Familien, die tatsächlich eine Gemeindewohnung bräuchten, bliebe der Zugang oft verwehrt. Das liege an den von Wiener Wohnen definierten Wohnbedarfsgründen. Genau das sei aber der Zweck des sozialen Wohnbaus: einkommensschwachen WienerInnen eine leistbare Wohnung zu vermitteln. Zum Thema Frauenpolitik forderten sie eine neue „Gewaltambulanz“, in der auch Beweismittel gesichert werden könnten.

Die ÖVP schlug in dieselbe Kerbe: Sozial Bedürfte sollten bei der Vergabe von Gemeindewohnungen bevorzugt werden. Es müsse künftig konkrete Kriterien für den Anspruch auf eine Gemeindewohnungen geben, der jetzige Anforderungskatalog von Wiener Wohnen sei nicht umfassend genug. Besonders Alleinerziehende oder Patchwork-Familien hätten derzeit oft Schwierigkeiten, Wohnbedarf geltend zu machen. Positiv erwähnte die Volkspartei das innovative Wohnprojekt für Alleinerzieherinnen in der Meidlinger Wolfganggasse.

Die Grünen meinten zum Wohnbau: Wien solle im Gegensatz zu Städten wie Paris, London oder San Francisco eine „Stadt für alle“ bleiben, das beginne bereits bei der „Bodenfrage“. In Wien habe man als Konsequenz auf „explodierende Preise“ die Widmungskategorie geförderter Wohnbau eingeführt. Mit dem „Gender-Budgeting-Ansatz“ nehme Wien speziell auf Bedürfnisse von Frauen Rücksicht, und betreibe mit dem Frauenservice und den vielen Frauenvereinen eine „sehr positive und aktive Frauenpolitik“.

Die FPÖ freute sich über neue Gemeindebauten, wenngleich es noch zu wenige seien. Kritisch sahen die Freiheitlichen den Dachgeschoss-Ausbau bestehender Gemeindebauten. Der sei verhältnismäßig langwierig, kostenintensiv und risikoreich. Geförderter Wohnbau komme zu oft „Wirtschaftsflüchtlingen und Asylanten“ zu, als österreichischen Jungfamilien. Missstände gebe es auch bei der Sanierung: Viele Gemeindebauten würden verfallen, bei Sanierungen würden die Wohnanlagen dann im „Baustellen-Chaos“ versinken. Betreffend Frauenpolitik forderte die FPÖ Einrichtungen zur Meldung von Gewalt im Gesundheitsbereich, weil Gewalt und Verletzungen hier am ehesten bemerkt würden.

Die SPÖ  meinte: mit dem ersten Gemeindebau Neu in der Fontanastraße werde die 100-jährige Erfolgsgeschichte des sozialen Wiener Wohnbaus fortgeführt. Weitere 4.000 Gemeindewohnungen Neu würden folgen, außerdem seien gerade 14.000 neue geförderte Wohnungen im Entstehen, knapp die Hälfte davon als besonders günstige „SMART“-Wohnungen. Mit der Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ verhindere Wien Spekulation und dämpfe die Mieten in der Stadt. Bei Sanierungen würde die Stadt innovative Lösungen für die thermische und energetische Sanierung nutzen. Bei Gewalt an Frauen leiste der 24-Stunden Frauennotruf Hilfe, die von der Stadt unterstützten Frauenhäuser würden von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder Schutz bieten.

Spezialdebatte Bildung, Integration, Jugend und Personal

Die NEOS erinnerten an ihre Forderung, die „London Challenge“ in Wien zu kopieren. Dort seien ehemalige Brennpunktschulen durch gezielte Förderungen in Vorzeige-Einrichtungen verwandelt worden, mittels gezielter Unterstützung für SchülerInnen und Lehrpersonal. Eine „faire Gesellschaft“ schaue darauf, dass die Chancen auf einen Bildungsaufstieg gerecht verteilt seien; das sei in Wien nur bedingt der. Das liege einerseits an dem Bildungssystem, und andererseits an der Integrationspolitik der Stadt.

Die ÖVP forderte für Wiens Kindergärten einen dichteren Betreuungsschlüssel, mehr Zeit für unmittelbare pädagogische Arbeit sowie eine Aufstockung und Schulung der Kontrolleure sowie Evaluierung des Kindergartengesetzes. Auch brauche es Anreize zur „Elternbildung“: Eltern, die ein Bildungsprogramm in Anspruch nehmen, sollen in Form von Gutscheinen unterstützt werden, die dem Wickelrucksack beiliegen. In Sachen Integration forderte die ÖVP ein „Wiederherstellen der Balance“ von Integrationsangeboten und Sanktionen: Wer Integration verweigere, müsse mit Sanktionen rechnen.

Die Grünen sahen Wien als Nummer eins im Bundesländervergleich, was den Betreuungsschlüssel von Kindern gemäß dem „Barcelona-Ziel“ betreffe. Auch schaffe Wien zehn neue Bildungsgrätzl im kommenden Jahr und biete darüber hinaus Initiativen an, wie die Gratis-Nachhilfe und die Summer City Camps. Für funktionierendes gesellschaftliches Zusammenleben würden Transparenz, Information und Mitsprache in der Stadt immer wichtiger: „Alle, die hier leben, müssen die Möglichkeit haben, sich einzubringen.“

Die FPÖ warf Rot-Grün vor, Integrationsprobleme in der Schule zu verleugnen und „schönzureden“. Die Stadtregierung produziere Jugendarbeitslosigkeit und „den Wechsel von der NMS zum AMS. Gegen Gewalt an Schule würden keine Broschüren helfen – gewalttätige Schüler müssten aus dem Regelunterricht genommen werden und in „Verbesserungszentren“ untergebracht werden.

Die SPÖ zeigte sich „außerordentlich stolz“ über die „Werkstadt Junges Wien“, in der mehr als 22.000 junge Wienerinnen und Wiener mitgemacht hätten; daraus werde nun erstmals eine Wiener Kinder- und Jugendstrategie abgeleitet. „Gleichberechtigte Teilhabe“ sei Ziel ihrer Integrationspolitik – mit einer Trennung zwischen „wir und die wird es nicht funktionieren“. Wien bringe  eine „1,9 Milliarden Euro schwere Bildungsoffensive“ auf den Weg: 880 Millionen Euro würden in die Kinderbetreuung fließen; 1.200 neue Kindergartenplätze geschaffen und dafür 43 Millionen Euro investiert; um 167 Millionen Euro entstünden 140 neue Pflichtschulklassen.

Spezialdebatte Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung

Die NEOS begrüßten, dass ein „Klimabudget“ ein Jahr nach ihrem ersten diesbezüglichen Antrag nun tatsächlich im Budget debattiert werde. Wolle Wien seine CO2-Emissions-Ziele bis 2030 respektive 2050 erreichen, müsse es „massiv aufs Tempo drücken“. Dazu brauche es z.B. Photovoltaikanlagen als Standard bei Neubauten und ein „gescheites“ Klimaschutzgesetz auf Landesebene. Wien investiere mit 3,6 Euro pro Kopf zu wenig in den Radverkehr - die internationale Empfehlung liege bei 18 Euro pro Kopf.

Die ÖVP wünschte sich ein Raumordnungsgesetz, das für „Orientierung und Verbindlichkeit“ in der Stadtplanung sorge. Nur damit könne die architektonische und städtebauliche Entwicklung strukturiert werden. Auch brauche die Stadtplanung mehr Budgetmittel, sei sie doch „Muttermaterie“ für andere Themen wie Bildung oder Kultur.

Die Grünen erwiderten: Planungssicherheit sei wohl gegeben. Neben der Wiener Bauordnung gebe es Fachkonzepte, die festlegten, welche Flächen wofür zur Verfügung stehen. Dazu kämen die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ und das „Fachkonzept Produktive Stadt“. Dazu gebe es auch Energieraumpläne, die genau darstellten, in welchen Bereichen der Stadt keine fossilen Energieträger zum Einsatz kommen dürfen.

Die FPÖ kritisierte vorwiegend das geplante Abbiegeverbot für Lkw über 7,5 Tonnen ohne Abbiegeassistent. Für sie sei diese Maßnahme ebenso „skurril“ wie die derzeitigen Regelungen zur Parkraumbewirtschaftung. Ihr Vorschlag sehe eine wienweite „Pickerlzone“ vor, die überall außer im ersten Bezirk gelten solle. Fürs Pickerl bezahlen sollten nur EinpendlerInnen. Außerdem forderte die FPÖ eine Auflösung der Mobilitätsagentur und wollte die Mittel dafür besser in die FußgängerInnen-Sicherheit investiert sehen.

Die SPÖ nannte das Klimabudget einen ersten Schritt, den man „gar nicht überschätzen“ könne. Der Klimawandel sei da und werde der zentrale Punkt zukünftiger Überlegungen sein. Wien müsse beim Klimaschutz „Vorreiter werden“, denn Wien sei in den letzten 100 Jahren immer eine Stadt für neue Gesellschaftsentwürfe gewesen. In Zukunft werde die „monetäre Steuerung“ durch den geplanten Ressourcenverbrauch ergänzt; dabei gehe es aber immer um das Wohlergehen der Menschen. Dies sei auch „Kern“ der Smart City Strategie: „Wir wollen hohe Lebensqualität und soziale Inklusion mit einem nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen.“

Zum Schluss der beiden Debattentage wurde das Stadtbudget für 2020 mit den Stimmen der SPÖ und Grünen beschlossen.

(Schluss) ato/esl/sep

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