Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.02.2020:
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65. Wiener Gemeinderat (6)

Subventionen an „Basis.Kultur.Wien“ sowie darüber an die Kulturförderschiene „SHIFT IV“

GR Thomas Weber (NEOS) erklärte eingangs, dass es sich dabei um zwei Subventionen handle: 1,9 Millionen Euro solle die „Basis.Kultur.Wien“ direkt erhalten; darüber hinaus solle sie mit 1,6 Millionen Euro ausgestattet werden, die via Basis.Kultur in das Kulturförderprogramm „SHIFT IV“ weiterfließen sollten. Während Weber und die NEOS die Belebung der Bezirkskultur begrüßten, lehnten sie die vorliegenden Subventionen ab. Der Magistrat sollte Fördermittel direkt, statt über Vereine vergeben: Das sei „Kernkompetenz der MA 7“, sagte Weber; der Verein Basis.Kultur.Wien schaffe eine „intransparente“ Parallelstruktur.

GR DI Martin Margulies (Grüne) erwiderte: Wenn die Magistratsabteilung 7 sämtliche Förderungen selbst abwickle, müsse deren Personalstand „mehr als verdoppelt“ werden. Die Abwicklung des Programms „SHIFT“ über Basis.Kultur.Wien habe sichtbare „Öffnung und Kooperation mit Kulturschaffenden“ gebracht; die „dezentrale Kulturpolitik“ der Stadt gehe dabei „bei jeder Neuausschreibung“ auf die „konstruktive Kritik der Kulturschaffenden“ ein. „SHIFT“ ergänze die Vielfalt der städtischen Kultur- und Förderangebote – von „Stadtlaboren“ über „Kulturkatapult“ bis Großevents wie den Wiener Festwochen – und schaffe damit eine Landschaft, die Wien „kulturelle Hauptstadt Europas“ bleiben ließe.

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) nannte die vorliegende Subvention einen „richtungsweisenden Beitrag für die niederschwellige Kultur in Wien“. Richtung NEOS, welche die Magistratsabteilung 7 für die Abwicklung zuständig sahen, meinte Reindl: Die Basis.Kultur.Wien sei ein Zusammenschluss „von knapp 400 Kulturvereinen“ in der ganzen Stadt. Das schaffe Synergien, welche von Hilfe bei der Veranstaltungs-Organisation über Öffentlichkeitsarbeit bis rechtlichen Fragen reiche. Die MA 7 habe mit der Basis.Kultur „einen Profi an der Hand“. Sie könne sich darauf verlassen, dass alle Gelder, die über die Subvention weiterverteilt würden, nur gemäß den Regeln der MA 7 ausgeschüttet würden. Das sei eine große Verwaltungsentlastung.

Abstimmungen: Die Subventionen an Basis.Kultur.Wien, auch für das Förderprogramm „SHIFT IV“, wurden jeweils mehrstimmig bestätigt.

Förderung von Lasten- und Transportfahrrädern

GR Karl Baron (DAÖ) nannte den Trend zum Lastenfahrrad eine „Schnapsidee“, welche die Stadt auch noch fördern wolle. Fahrräder seien schlicht „keine echte Alternative, um schwere Lasten zu transportieren“. Abgesehen von der Gewichts-Kapazität stellten sich bei Lastenrädern auch „arbeitsrechtliche Fragen“, etwa bei Schlechtwetter. Es handle sich um ein „utopisches Projekt“ der Grünen – und füge sich ein in Pläne der rot-grünen Stadtregierung, weitere PKW-Stellplätze und Fahrspuren für Fahrräder „zu opfern“. Baron forderte stattdessen eine Kennzeichungs- und Versicherungspflicht für alle Räder.

GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) wollte der Subvention ebenfalls nicht zustimmen, allerdings aus anderen Gründen und „mit Abgrenzung“ zur Meinung von DAÖ. Die NEOS erachteten Lastenräder als „sehr sinnvolle Alternative im urbanen Raum, gerade für Private“. Und, ja, der Radverkehr insgesamt solle in der Stadt forciert werden. Bei vorliegender Subvention würde aber die private Anschaffung von Lastenrädern gefördert, was die NEOS ablehnten – die Mittel seien im Ausbau der „geteilten Mobilität, also „sharing“-Konzepten besser investiert. Emmerling führte diesbezüglich die „Grätzlräder“ ins Feld. Auch brauche es ein gesamtheitliches „Rad-Infrastrukturpaket“. Zu beiden Forderungen brachte Emmerling Anträge ein. Im dritten Antrag verlangte Emmerling eine finanzielle Erleichterung für Elektro-Car-Sharing-Anbieter: Damit sich diese leichter am Wiener Markt behaupten können, sollten sie bei der Parkometer-Abgabe begünstigt werden.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) meinte: „Shame on you, NEOS.“ Dass die pinke Fraktion die Lastenrad-Förderung kritisiere, weil diese sich an Private richte, habe nichts mehr mit „Liberalismus“ zu tun. Aber, ja, grundsätzlich sehe auch die ÖVP die Fördersumme (bis zu 50 Prozent des Kaufpreises) als zu hoch an; besser verwendet wäre die Subvention, wenn kleinere „Anreize geschaffen“ würden. Insgesamt wähnte sich Juraczka in der Debatte bereits im Wahlkampf: Es sei „verständlich, dass die Grünen jetzt ihr Profil schärfen“ wollten. Das passiere im grünen Verkehrsressort aber derzeit mit Ansagen, „für die es keine Mehrheit gibt“ – etwa Tempo 30 in der Praterstraße, die Umgestaltung des Gersthofer Platzls oder die Landstraßer Hauptstraße als Begegnungszone. „Gespannt“ sei Juraczka auch auf die Pläne der grünen Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Hebein, die „bis Ostern“ einen neuen Vorschlag zur Wiener Parkraumbewirtschaftung machen wollte: „Eine Parkraumbewirtschaftung darf nicht das Autofahren per se verunmöglichen. Wann sagen die Grünen endlich offen, dass sie nicht wollen, dass in Wien mit dem Auto gefahren wird?“ Juraczka brachte abschließend zwei Anträge ein. Der erste forderte ein Versetzen der Verkehrsinsel an der Kreuzung Getreidemarkt – Linke Wienzeile, um die Abbiege-Situation für Autos zu verbessern. Der zweite Antrag forderte einen unbefristeten Austausch von abgelaufenen Parkscheinen im Rahaus, um den „Schwarzmarkt“ mit Parkscheinen zu verhindern.

GR Mag. Rüdiger Maresch (Grüne) nannte die eingebrachten Anträge „billigen Wahlkampf“. Was etwa die NEOS forderten – siehe Rad- und Mobilitätskonzept für die Stadt – sei Teil des rot-grünen Regierungsprogramms und werde bereits vonseiten der Grünen abgearbeitet. Überhaupt seien die 300.000 Euro an Lastenrad-Förderung, über die heute entschieden werde, „nicht die Welt“ – aber sie würden Fahrten mit Klein-LKW und PWK-Kurzstrecken „ersetzen“. Zur Verkehrspolitik allgemein meinte Maresch: Es seien „immer die gleichen Argumente“, insbesondere von ÖVP und FPÖ – dabei habe sich die Wirtschaftskammer Wien selbst für Begegnungszonen ausgesprochen. „Da kann die WKW in der Landstraßer Hauptstraße nichts dagegen haben“, so Maresch, der das Vorhaben „in der Koalition diskutieren“ wolle.

GR Georg Fürnkranz (FPÖ) antwortete: Es seien zwar jedes Mal „dieselben Argumente“ der Opposition; aber Rot-Grün bringe diese Förderung schließlich auch zum dritten Mal im Stadtparlament ein. „Aus gutem Grund“ habe die FPÖ die Lastenrad-Förderung stets abgelehnt – das Modell Lastenrad habe sich schlichtweg nicht bewährt. Die Räder seien „schwer“ und hätten „Gefahrenpotenzial“ im öffentlichen Raum, besonders in Fußgängerzonen. Kritik äußerte Fürnkranz auch an der Förder-Abwicklung: Die passiere über die städtische „Mobilitäts-Agentur“, welche ohnehin mit millionenschwerem Budget seitens der Stadt agiere. Und als explizit Betriebe und Wirtschaftstreibende auf die Förderung angesprochen worden seien, um „Grätzlfahrräder“ anzuschaffen, hätten ausgerechnet städtische Einrichtungen die Förderung abgeholt – etwa die Mobilitätsagentur selbst, das Stadtteilmanagement der Seestadt Aspern oder die Simmeringer Initiative „Smarter Together“. In einem Antrag forderte Fürnkranz, von einer möglichen „Verbannung“ des Autoverkehrs im 1. Bezirk abzusehen.

GR Ernst Holzmann (SPÖ) erwiderte der Opposition: Handle es sich bei der Wiener Verkehrspolitik um einen Versuch, „durch die Hintertür“ Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Wienerinnen und Wiener zu nehmen? Ja, das tue und solle es: Mit dem Ausbau der Öffis schaffe die Stadt ein attraktives Angebot, das zum freiwilligen Verzicht aufs Auto führe. Das sei aber keine „Hintertür“, sondern nachhaltiges und umweltbewusstes Verkehrsmanagement. Bei Förderungen und Subventionen stehe stets der Umweltgedanke im Vordergrund, so auch hier: Alle Verkehrsmittel, die CO2-Emmissionen verringerten, seien grundsätzlich förderungswürdig. So eben auch Lastenräder. (Forts.) esl

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