Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.05.2020:
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68. Wiener Gemeinderat (2)

Förderrichtlinie der Stadt Wien - Finanzwesen (MA 5) zum Ausbau des 5 G-Netzes

GR Karl Baron (HC) erinnerte daran, dass sich das „Wiener Wirtschaftsparlament“ in der Wirtschaftskammer Wien mit breiter Mehrheit für den Ausbau des Glasfaser-Netzes ausgesprochen habe. Baron freute sich, dass die rot-grüne Stadtregierung jetzt nachziehen würde. Die „Corona-Schockstarre“ hätte gezeigt, wie schnell Schule, Verwaltung und Wirtschaft von Netzüberlastung ausgebremst worden seien und wie wichtig der Ausbau der Digitalisierung deshalb sei. Er sprach sich für den weiteren Ausbau von Angeboten wie dem digitalen Amt, Online-Terminvereinbarungen bei der Verwaltung, digitalem Zahlungsverkehr und des E-Votings aus. Baron lobte das rasche Handeln der Stadtregierung; er kritisierte allerdings, dass sich die Stadtregierung Vorschlägen der Opposition sperren würde – konkret dem Vorschlag des DAÖ – jetzt „Team HC“ - die Öffi-App aus Vilnius, der Hauptstadt Litauens, als Vorlage für die Wiener Öffi-App „Wien Mobil“ zu prüfen.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) begrüßte das „hehre Ziel“ der Stadt Wien, Digitalisierungs- und Klima-Hauptstadt zu werden; die Maßnahmen und Schritte griffen allerdinge zu kurz: „Ziele alleine reichen nicht, es braucht konkrete Maßnahmen und einen Plan“, sagte Gara. Die Kritik gelte nicht nur Wien, sondern für Österreich gesamt. Bei „fiber to the home“ – also dem Anschluss von Gebäuden an das Glasfasernetz - sei Österreich europaweit „fast Schlusslicht“, sagte Gara. Er regte an, hier bei der Bauordnung anzusetzen. So müsse in den Bauvorschriften eine Leerverrohrung fix verpflichtend werden, ebenso wie eine grundsätzliche Anschlussfähigkeit von Neubauten an das Glasfaser-Netz. Förderungen und das Schaffen von Anreizen seien wichtig für den Ausbau der Infrastruktur, diese Förderungen müssten allerdings transparent sein, der Fortschritt beim Ausbau nachvollziehbar – konkret auf einem öffentlichen „Dashboard“ der Stadt. Gara brachte dazu einen Antrag ein. Betreiber müssten zu Beginn öffentlich darstellen, welche Anlagen 5G-Funkstandard-fähig sind, quartalsweise berichten, welche Standorte errichtet werden und was aufgerüstet wird.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) sagte, das Bekenntnis zum Ausbau des Breitband-Netzes zeige, dass Wien und Österreich aus den Herausforderungen der Corona-Krise gelernt hätten. In den vergangenen Wochen hätte sich gezeigt, dass die Digitalisierung ein wichtiges Benchmark für den Erfolg sei. Allein der Vergleich der Anzahl der installierten Videokonferenz-Tools am Smartphone oder am Computer vor und nach der Krise zeige, „wie sich die Technologie durchgesetzt hat und was Digitalisierung kann“, sagte Juraczka. Wien sei mit Angeboten wie dem „digitalen Amt“ schon auf dem guten Weg, aber jetzt sei es an der Zeit, um Weichen für Zukunft zu stellen. „Wir brauchen Glasfaser“, betonte Juraczka. Viele Projekte zum Netzausbau seien in der Vergangenheit gescheitert; Länder in Skandinavien, Fernost und die Vereinigten Staaten hätten in der Zwischenzeit einen Vorsprung beim Glasfaser-Ausbau und dadurch einen Wettbewerbsvorteil. „Unternehmen wollen Breitband-Penetranz in der Stadt, das zeigen Umfragen. Wenn man Buchhaltung oder Grafik outsourcen will, dann sind große Bandbreiten bei Datentransfer in beide Richtungen wichtig“, sagte Juraczka. Er erinnerte an das Investitionspaket für Kommunen des Bundes: Wien hätte die Chance, bis zu 238 Mio. Euro für Infrastrukturprojekte abzuholen, er appellierte das Geld für Breitbandinfrastruktur zu nutzen. Dazu gehöre der Ausbau des Mobilnetzes mit 5G, ebenso wie das Festnetz mit Glasfaser. Digitalisierung hätte auch längst an Schule und Uni mit Video-Unterricht und sogar Prüfungen per Video-Konferenz Einzug gehalten. Darauf gelte es aufzubauen. Er hoffte, dass „Wien auf dem Zug draufbleibt und sich den Wettbewerbsvorteil holt, den wir im Konzert der internationalen Großstädte brauchen.“

GR Johann Arsenovic (Grüne) erinnerte an die verschiedenen, insgesamt 38 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfspakete der Bundesregierung, von Steuer- und Sozialversicherungsstundungen, dem Härtefallfonds, dem mit 15 Milliarden Euro dotierten Corona-UnternehmerInnenfonds, kleinere Fonds für Vereine und NGOs, für Landwirte, KünstlerInnen sowie den 200 Millionen Euro für Gewässerschutz, 300 Millionen für den Ausbau der Öffis bis hin zum 1 Milliarde Euro schweren Investitionspaket für Kommunen. Letzteres sei eine „wirklich gute Grundbasis, auf der aufgebaut werden kann“. Wien bemühe sich, die Treffsicherheit der Bundes-Angebote zu verbessern, und die Geschwindigkeit der Auszahlung zu verbessern. Die Stadt Wien würde die Hilfspakete des Bundes „ergänzen, erweitern, aber nicht kopieren“. So hätte Wien versucht, die Zielgruppen um jene zu erweitern, die bisher nicht von Hilfspaketen erreicht wurden – zum Beispiel mit dem Corona-KünstlerInnen-Projekttopf, Bürgschaften oder der neuen Beteiligungsgesellschaft „Stolz auf Wien“, die Eigenkapital zur Verfügung stellt, ebenso wie der Förderung für Home-Office oder für die Einrichtung von Webshops, die über die Wirtschaftskammer und Wirtschaftsagentur abgewickelt werde. Wien nehme Investition in wichtige Zukunftsbranchen vor, konkret in den schnellen Ausbau des 5G-Netzes. „Seit Corona sind Zoom-Konferenzen, Home-Office, Home-Schooling das Gebot der Stunde“, sagte Arsenovic. Alle Maßnahmen der Stadt dienten sowohl der Unterstützung der Abwendung der wirtschaftlichen Schäden durch Corona, aber fast alle Maßnahmen haben neben „Erster Hilfe“ auch einen nachhaltigen Effekt. Von der Digitalisierung profitiere Wien besonders langfristig, so Arsenovic.

GR Georg Schuster (FPÖ) sagte, die 5G-Förderung zeige, wie die Stadtregierung mit Steuergeld umgehe. Der zuständige Stadtrat Hanke sei mit dem 5G-Förderungsbeschluss schon am 6. Mai an die Medien gegangen – obwohl der zuständige Finanzausschuss erst am 9. Mai getagt hätte. Für Schuster sei so ein Vorgehen „demokratiepolitisch bedenklich“. Wien investiere mit 5G in den Ausbau einer Technologie, die nach kurzer Zeit an Kapazitätsgrenzen gelange – so wie die Vorgänger-Technologien 3G und LTE. „Das angekündigte Downloadvolumen wird nie erreicht, am Abend ist es für viele unmöglich im Netz zu surfen“, sagte Schuster. Das werde in absehbarer Zeit auch auf 5G zutreffen. Strahlungs-Werte des neuen mobilen Netzes würden noch geprüft, der Ausbau sei aber schon fix ohne die endgültige Belastung durch die Strahlung zu kennen, gab Schuster zu bedenken. Er kritisierte außerdem, Wien würde „20 Millionen Euro an Steuergeldern“ wenigen „Großkonzernen in den Rachen werfen“. Er forderte stattdessen den Ausbau des Glasfaser-Netzes und die Miete für die Standorte für 5G-Antennen anzupassen. Ein Ballungsraum wie Wien würde nicht ohne 5G bleiben. Ohnedies sei 5G bisher nur eingeschränkt nutzbar, es gebe weder Handys noch Router am Markt, welche die Technologie nutzen würden. Die Förderung für 5G komme nur „der Industrie und den Superreichen“ zugute. „Günstige 5G-Tarife fangen bei 60 Euro an. Wer kann sich das in Corona-Zeiten noch leisten? Die Bürger schauen durch die Finger!“, so Schuster. Wien würde „teure Wahlzuckerl“ mit Steuergeld wie Taxigutscheine für Seniorinnen und Senioren oder Wirtshausgutscheine verteilen. Konstruktive Kritik sei kein Bashing, es sei nicht „polemisch hinzuweisen, dass mit Steuergeld sorgfältig umgegangen werden muss“.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) fasste die Kritik der Opposition zusammen: Der Wirtschafts-Stadtrat reagiere „zu langsam und zu schnell“ zugleich. Neumayer schloss daraus, dass „er vermutlich in der richtigen Geschwindigkeit handelt, das Steuergeld ist also gut angelegt wenn Bürger und Wirtschaft profitieren“. Wien handle eigenständig, weil Förderungen über die vom Bund angekündigten „Breitband-Milliarde“ für Ballungsräume nicht einfach abzuholen seien, auch andere Bundesländer seien „von der Regierung enttäuscht“. Der „Boost bei 5G“ werden auch dazu beitragen, den Glasfaser-Ausbau voranzutreiben. Damit schlage Wien zwei Fliegen mit einer Klappe. „Wiener Wirtschaft, EPUs KMUs, Unternehmen haben bewiesen, wie sie mit Digitalisierungsdruck von heute auf morgen umgehen können“, sagte Neumayer, „wir als Stadt Wien haben uns überlegt, wie wir sie unterstützen können“. Wien sei schon über Jahre unter den innovativsten Städten der Welt ganz vorne, auch bei Mobilfunk-Ausbau liege Wien im ersten Drittel, jetzt ziele die Stadt darauf ab, die erste Metropole mit flächendeckendem 5G-Netz zu sein. 20 Millionen Euro seien „ein Schippel Geld“, das sich allerdings rasch in der Wertschöpfungskette in der Stadt zeigen werde; laut Studien bis zu einer Milliarde Euro Wertschöpfung, so Neumayer. „Selbstverständlich“ würden die Messungen zu Strahlung von einem unabhängigen Institut durchgeführt, damit diese auch zuverlässig seien, konterte er der Kritik seines Vorredners. Förderungen bekämen nur jene, welche sich an die Vorgaben hielten. Das neue 5G-Netz bringe einen Nutzen für die Wirtschaft ebenso wie für Bürgerinnen und Bürger, insbesondere jenen, die digital affin sind. Tarife würden mit dem Ausbau fallen. Mit dem Ausbau prüfe Wien bereits Anwendungsbereiche für die neue Netz-Technologie, zum Beispiel der Einsatz von Drohnen bei der Feuerwehr, die über 5G gesteuert werden oder die Verbesserung bei Wundversorgung daheim mit der 5G Technologie.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) begrüßte den technischen Fortschritt, forderte allerdings Chancengleichheit - insbesondere bei Bildung. „Kinder wachsen im digitalen Zeitalter auf, aber sobald sie in die Schule kommen, finden sie sich in der digitalen Steinzeit wieder“. Je nach Schule sei die Ausstattung mit technischen Unterrichtsmitteln unterschiedlich. Die vergangenen zwei Monate ohne regulären Unterricht hätten diesen Technologie-Unterschied an den Schulen und in den Familien besonders stark hervorgehoben. „Beim ‚Distance Learning‘ wurde klar, wer den Vorteil hat“, sagte Emmerling. Junge, technikaffine Lehrkräfte hätten rasch digitale Plattformen genutzt, Schülerinnen und Schülern mit Zugang zu neuen Computern und gutem WLAN daheim hätten profitiert. Eher auf der Strecke geblieben seien Kinder, deren Eltern keine modernen Computer bieten konnten oder auch jene Kinder, deren Lehrkräfte sich bisher nie mit digitalen Lehrmitteln auseinandergesetzt hätten oder nicht wussten, wie damit umzugehen sei. „Volksschullehrer sind ohne E-Mail oder Equipment ins Home-Office geschickt worden“, kritisierte Emmerling. In Umfragen würden 72 der Lehrer angeben, in der Grundausbildung schlecht auf Verwendung digitaler Lehrmethoden vorbereitet worden zu sein. Das sei ein „Alarmsignal“. Mittelschulen in Wien mit WLAN auszustatten sei ein wichtiger Schritt, aber die Stadt müsse schon bei den Volksschulen anfangen. Sie brachte dazu einen Antrag ein, in dem sie WLAN auch an Volksschulen forderte, ebenso wie Endgeräte für Lehrer und Schüler, IT-Personal an Schulen, Fortbildung für Lehrer und dass digitale Plattformen neben dem regulären Unterricht weiterlaufen.

GRin Mag. Birgit Jischa (SPÖ) sagte, mit der Digitalisierungsstrategie habe sich Wien zum Ziel gesetzt, als Digitalisierungs-Hauptstadt eine Vorreiterrolle in Europa einzunehmen. Dazu gehöre der Ausbau moderner Infrastruktur, bei gleichzeitiger Wahrung von Sicherheit, Vertrauen und Schutz. Digitale Infrastruktur sei wichtig für das Nervensystem einer intelligenten Stadt. Breitband und WLAN seien ein wesentliches Fundament der „Smart City“ Wien. Der Bedarf an mobilen Daten sei gestiegen, technische Innovationen brauchen mehr Datenvolumen. Eine gute Netz-Infrastruktur sei inzwischen immer häufiger ein Entscheidungsfaktor für Unternehmen für die Standort-Wahl. Sie, Jischa, habe selbst die Erfahrung gemacht, dass Home-Office ohne stabile WLAN-Verbindung während Corona unmöglich war. Fehlende Infrastruktur sei ein großes Problem, deshalb habe sich Wien vorgenommen, die erste Stadt mit flächendeckendem 5G zu werden.

Richtlinien zu den Fördermaßnahmen "Home Office", "Unterstützung der Online-Präsenz von Wiener Kleinunternehmen" und "Förderung von Innovationsprojekten zur Bekämpfung der COVID-19-Krise"

GR Christoph Wiederkehr, MA (NEOS)  meinte, seine Fraktion werde das Home-Office Paket unterstützten. Hilfe müsse ankommen, und: „Hilfe muss bekommen wer, sie braucht, nicht wer wen kennt“. Deshalb forderten die NEOS „Treffsicherheit und kein Gießkannenprinzip“ bei Maßnahmen, die Treffsicherheit fehle allerdings oft bei Förderungen der Stadt. Hilfe komme allerdings nach Corona bundesweit nicht an – bei den Mitteln für die Kurzarbeit sei zum Beispiel erst einen Bruchteil ausgezahlt, das sei „viel zu langsam, viel zu bürokratisch“. „Investieren wo es sinnvoll ist, entlasten wo es etwas bringt und einsparen wo es notwendig ist“, forderte Wiederkehr. Er brachte dazu einen Antrag ein. Darin forderte er neben Investitionen durch die Stadt auch eine Entlastung von Unternehmen und Haushalten durch niedrigere Gebühren. So können die Stadt die hohen Müllgebühren senken, damit erspare sich jeder Haushalt bis zu 100 Euro im Jahr. Eine Gebührenentlastung fördere auch die Kaufkraft. Wien solle das Investitonspaket für Kommunen des Bundes nutzen und geplante Investitionen wie „Schule Digital“ oder Schulsanierungen vorziehen oder Sportstätten schneller und intensiver sanieren. Auch forderte Wiederkehr die anderen Parteien auf, in Krise auf die „hohe Parteienförderung“ zu verzichten und Geld für Investitionen frei zu machen. „Zeigen wir, dass Politik auch einen Beitrag leistet, um aus Krise herauszukommen.“

GRin Angela Schütz (FPÖ) meinte: Die Maßnahmen der Stadt zu Bekämpfung der Corona-Krise seien prinzipiell gut, allerdings würden die Gelder für Home-Office oder Online-Shops über die Wirtschaftskammer oder die Wirtschaftsagentur vergeben – und so der Kontrolle des Gemeinderats entzogen. Einblick und Transparenz seien nicht gewährleistet. Sie brachte einen Antrag gegen die Einführung der Sonntagsöffnung im Handel ein. Die werde von großen Unternehmen forciert, kleine Händler kämen unter Druck. 96 Prozent der Angestellten im Handel seien laut einer Umfrage gegen die Sonntagsöffnung. Außerdem brachte sie erneut einen Antrag ein, wonach „Systemerhalter“, die während der Corona-Situation nicht ins Home-Office wechseln konnten, und die eine Ansteckung riskiert hätten, um den Betrieb in der Stadt aufrecht zu halten, mit einer Prämie in der Höhe eines Monatsgehalts oder mindestens 1.000 Euro sowie einem außerordentlichen Gehaltssprung belohnt werden. (Forts.) ato

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