Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.06.2020:
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70. Wiener Gemeinderat (6)

Wiener Kinder- und Jugendstrategie 2020 bis 2025

GR Peter Kraus, BSc (Grüne) erinnerte an die „196 Maßnahmen“, die konkret aus dem Projekt der „Werkstadt Junges Wien“ entstanden seien - sie zeigten, „dass unsere Jugend ganz genau weiß, wohin die Reise gehen soll“. 1.300 Workshops mit mehr als 22.000 Kindern und Jugendlichen hätten stattgefunden, mit „hochpolitischen Diskussionen aus der Lebensrealität der Wiener Jugend“, so Kraus. Dabei ging es um Themen wie Bildung, Ausbildung, Zukunftschancen und die Achtsamkeit für Natur und Klimaschutz. „Das ist ein Leitfaden für uns als Stadtregierung“, fasste Kraus zusammen, und: „Für viele Kids war das ihre erste demokratische Erfahrung.“ Als „großes Thema“ habe sich herauskristallisiert, dass „viele 16-Jährige gar nicht wählen dürfen, obwohl sie hier geboren sind“. Kraus sah das als Auftrag für eine Änderung des Wahlrechts. 

StR Maximilian Krauss (FPÖ) kritisierte den Bericht der „Werkstadt“: Themen wie Migrationsverweigerung, fehlende Deutsch-Kenntnisse und ein falsches Bild der Polizei („Jugendbanden muss man sanktionieren, nicht auf Augenhöhe begegnen“) kämen entweder nicht vor oder würden verharmlost. Insgesamt sei das rot-grüne Papier ein „ideologisches Werk mit Blick nur auf Randgruppen“, so Krauss. 

GRin Marina Hanke, BA (SPÖ) erwiderte: Es sei unverständlich und „unwürdig“, den Bericht der „Werkstadt“ und somit die Kinder- und Jugendstrategie abzulehnen. Ein Fünftel der Wienerinnen und Wiener sei 19 Jahre oder jünger - es seien deren Meinungen und Forderungen die sich hier abbilden, und kein „Ergebnis von Rot-Grün“. Wer dazu „Nein“ sage, dem sei „egal, wie es den jungen Leuten geht“, und der missachte zudem Kinderrechte. Junge Menschen haben ein Recht auf Gehör, verwies Hanke auf die entsprechende UN-Kinderrechts-Charta. Die „Werkstadt“ zeige: „Junge wollen sich einbringen, sie wollen Verantwortung, sie haben Weitsicht und ein Verständnis dafür, was es für die Gesellschaft braucht.“ Hanke brachte zwei Anträge ein: Im ersten wird der Bund aufgefordert, junge Menschen bei der Ausbildung und Jobsuche zu unterstützen; der zweite Antrag forderte ein „queeres Jugendzentrum“ zur Unterstützung Jugendlicher bei deren sexueller Findung. 

GRin Mag.a Ursula Berner, MA (Grüne) erinnerte die FPÖ an die Geschichte der österreichisch-ungarischen k.u.k.-Monarchie: Österreich sei immer mehrsprachig gewesen; im Kaiserreich sei Deutsch sogar „Minderheiten-Sprache“ gewesen. Umso mehr müsse es die Freiheitlichen doch freuen, dass heute Deutsch an jeder Schule unterrichtet werde. Die Kinder- und Jugendstrategie, aufbauend auf der „Werkstadt Junges Wien“, sei ein wichtiger Schritt nach vorne. Bislang seien Jugendparlamente in Bezirken oft nur „Inszenierung“ gewesen, wo Teenager „vorbereitete Fragen an den Bezirksvorsteher stellen“ durften. Mit einer echten, aktiven Partizipation werde den Jungen gezeigt, dass sie „wirkungsmächtig und demokratisch aktiv“ sein können, so Berner. 

GRin Sabine Schwarz (ÖVP) bezog sich auf den Antrag von SPÖ, Grünen und NEOS zur Einrichtung eines queeren Jugendzentrums. „Schade“, sagte Schwarz, „dass die NEOS ihren eigenen Antrag auf ein Jugendzentrum nun zurückgezogen haben“. Sie zitierte aus einer Studie, wonach 50 Prozent der Teenager an Jugendzentren eine „abwertende Haltung“ gegenüber Homosexualität zeigten. Überhaupt seien die verschiedenen rot-grünen Anträge des Tages abzulehnen: „Der Wiener Gemeinderat kann keine Arbeitsaufträge an die Bundesregierung stellen“, sagte Schwarz. 

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) begrüßte „außerordentlich“, dass die Stadt auf Lehrlingsausbildung, zumal überbetrieblich, investiere. „Aber“, so Ornig, „wir brauchen dabei mehr Geschwindigkeit“, und die Fachhochschulen dürften - neben der überbetrieblichen Lehre - nicht außer Acht gelassen werden. Außerdem müssten Betriebe, welche zwar Personalkapazitäten für Lehrstellen hätten, aber nicht die Ressourcen zur Ausbildung Junger, unterstützt und finanziell gefördert werden, um Junge in die Lehre aufzunehmen. „Wir brauchen die Fachkräfte von morgen, wir wollen keine Generation Corona“, schloss Ornig. 

Mittel bzw. Verträge zur Errichtung von Volks- und Neuen Mittelschulen in der Leopoldstadt (Elsa-Bienenfeld-Weg) und in der Donaustadt (Langobardenstraße)

GRin Dipl-Ing.in Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) erinnerte an das Schul-Thema im 19. Bezirk. Nachdem die Stadt es verabsäumt hätte, entsprechende Flächen für einen Neubau in der Döblinger Muthgasse zu sichern, stünde jetzt eine Erweiterung bzw. ein Ausbau der bestehenden Schule in der Grinzinger Straße zur Diskussion. Es sei für Olischar verwunderlich, warum „die SPÖ Wien“ so auf diese Erweiterung dränge - immerhin hätten sich alle Bezirksparteien, somit auch die Döblinger Roten, gegen einen Zubau in Grinzing ausgesprochen. Es sei ein Versäumnis der Planungspolitik, für ein Stadtentwicklungsgebiet mit potenziell 5.000 neuen Bewohnerinnen und Bewohnern nicht für ausreichend Bildungsraum zu sorgen, so Olischar. In einem Antrag forderte sie das Umsetzen eines Schulstandortes in der Döblinger Muthgasse. 

GR Ernst Vettermann (SPÖ) antwortete knapp: Die Stadt habe schlicht kein Grundstück in der Muthgasse, um dort bauen zu können. Mit „gutem Gewissen“ sei jedenfalls den neuen Schulprojekten in der Leopoldstadt und der Donaustadt zuzustimmen.

Bericht des Wiener Stadtrechnungshofs für das Jahr 2019

Zum Ende seiner 10-jährigen Amtszeit und nach zwei Perioden als Stadtrechnungshof-Direktor war Dr. Peter Pollak ein letztes Mal in dieser Funktion als Gast im Wiener Gemeinderat. Er präsentierte dem Stadtparlament den Tätigkeitsbericht der Kontroll-Stelle für das vergangene Jahr 2019.

GR Karl Baron (HC) beklagte, dass Pollak und seine Institution „leider nicht immer Gehör gefunden“ habe, aber immerhin seien „die meisten Vorschläge“ des Rechnungshofs angenommen worden. Für die künftige Aufgabe Pollaks als Bereichsleiter für strategische Angelegenheiten im Wiener Magistrat versicherte ihm Baron „vollstes Vertrauen“ seiner Fraktion, dem „Team HC“.

GR Christoph Wiederkehr, MA (NEOS) unterstrich die „hilfreiche Arbeit“ des Stadtrechnungshofs für die Opposition im Gemeinderat. Beim Aufzeigen von Mängeln in Stadtpolitik und -verwaltung sei insbesondere das „Aufzeigen von Missständen beim Verein s2arch“ zu erwähnen. Besagter Verein finanziert Bildungsprojekte in Afrika und rückte im Zuge der Heumarkt-Flächenwidmung medial ins Rampenlicht. Der Rechnungshof, so Wiederkehr, „hat Missstände klar aufgezeigt und sie sprachlich benannt“ - das sei wichtig, um den „Verbesserungsbedarf“ in der Verwaltung aufzuzeigen. Als Direktor habe Pollak die Institution nicht nur „verwaltet, sondern gestaltet“, sprach Wiederkehr Lob aus.

GRin Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) gab dem scheidenden Direktor Pollak „Dank und Anerkennung“ mit auf den Weg - es sei Anspruch der Bürgerinnen und Bürger, „Transparenz und Kontrolle“ zu erfahren. Zwei Stadtrechnungshof-Prüfungen seien Hungerländer besonders in Erinnerung geblieben; beide betreffen das Gesundheitswesen beziehungsweise den damaligen KAV (Krankenanstaltenverbund). So habe die Kontroll-Instanz Mängel bei der fehlgeschlagenen automatisierten Arzneimittel-Disposition für die Gemeindespitäler erkannt (das System bzw. die Geräte habe die Stadt später wieder verkauft); ebenso mangelhaft sei die Übergabe von Akutpatienten von Rettungswägen an Spitäler verlaufen. Hungerländer ortete in beiden Feldern Verbesserung - auch dank der Arbeit des Rechnungshofs.

GR David Ellensohn (Grüne) erinnerte an die Weiterentwicklung, welche der Stadtrechnungshof als Institution unter Direktor Pollak in den vergangenen zehn Jahren durchlaufen habe. Pollak habe zum Beispiel die „peer review“ eingeführt - ein regelmäßiger Austausch bzw. ein Bewerten der eigenen Tätigkeit durch verwandte Einrichtungen aus den Bundesländern und dem deutschen Nachbarn. „Sie und wir haben viel dazugelernt in der Zeit“, meinte Ellensohn.

Um 16 Uhr wurde die laufende Debatte unterbrochen - der Gemeinderat behandelt seither die Berichter der Untersuchungskommission zum Thema „Fördergelder“. Nach Ende der „UK-Debatte“ geht es weiter mit der regulären Tagesordnung und dem Bericht des Stadtrechnungshofs für 2019. (Forts.) esl

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